Entscheidungsstichwort (Thema)
Kinderzuschlag nach § 6a BKGG 1996. kein einheitlicher Antrag auf Leistungen nach SGB 2. vorläufige Bewilligung des Kinderzuschlags wegen Einkommensschwankungen. Wohngeldnachzahlung. Rückforderung des Kinderzuschlags. Abweichung vom Zuflussprinzip. wiederholte Antragstellung nach § 28 SGB 10. keine Rückwirkung der Neuregelung des § 11 Abs 5 S 4 BKGG 1996
Leitsatz (amtlich)
1. Der Rechtsprechung des BSG ist nicht zu folgen, dass in einem Antrag auf Kinderzuschlag nach § 6a BKGG (juris: BKGG 1996) gleichzeitig ein Antrag auf SGB II-Leistungen enthalten sei.
2. Die Zahlung von Wohngeld wird - unabhängig vom tatsächlichen Zufluss - normativ dem Monat zugerechnet, für den diese Leistung bewilligt worden ist.
3. § 11 Abs 5 S 4 BKGG gilt nicht für Bewilligungszeiträume vor dem 1.8.2016.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 13. September 2017 geändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf Kinderzuschlag gemäß § 6a Bundeskindergeldgesetz (BKGG) für den Monat Dezember 2015 streitig.
Der Kläger wohnt mit seiner Ehefrau und den drei im Jahre 2001, 2003 und 2007 geborenen, gemeinsamen Kindern in einem Einfamilienhaus in D., für das ein Mietzins von 580 €, Nebenkosten von 77 € und ein Heizungsabschlag von 200 € monatlich zu entrichten sind. Der Kläger ist abhängig beschäftigt mit schwankendem Einkommen. Von seinen monatlichen Einkünften zahlt er 103,09 € an Beiträgen für eine Riesterrente. Die Kinderzulage wird bei der Ehefrau angerechnet. Er bezieht Kindergeld in Höhe von 184 €, 184 € und 190 € pro Monat sowie Wohngeld in Höhe von 96 € monatlich. Am 29. Dezember 2015 wurde dem Bankkonto des Klägers durch die Wohngeldstelle der Stadt D. ein Betrag von 192 € gutgeschrieben, bestehend aus der Nachzahlung von Wohngeld für Dezember 2015 in Höhe von 96 € sowie aus der Vorauszahlung von Wohngeld für Januar 2016 in Höhe von ebenfalls 96 €.
Auf Antrag des Klägers bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 6. Oktober 2015 vorläufig unter Rückzahlungsvorbehalt gemäß § 32 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB) dem Kläger für seine drei Kinder im Monat Dezember 2015 einen Kinderzuschlag in Höhe von 290 €. Im Bewilligungsbescheid wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass die Vorwegzahlung wegen der ungeklärten Einkommenssituation erfolge und er damit rechnen müsse, den gewährten Kinderzuschlag zurückzuzahlen, sofern im Nachhinein aufgrund der endgültigen Entscheidung der Anspruch ganz oder teilweise entfalle.
Nachdem der Kläger die Gehaltsabrechnung für Dezember 2015 in Höhe von 2.516 € brutto sowie weitere Nachweise vorlegte, setzte die Beklagte mit Bescheid vom 3. März 2016 und Widerspruchsbescheid vom 22. August 2016 für den Monat Dezember 2015 den Anspruch des Klägers auf Kinderzuschlag endgültig auf 0 € fest und verlangte die Rückzahlung des für diesen Monat vorläufig gezahlten Betrages von 290 €. Als Begründung gab die Beklagte an, dass trotz Wohngeld in Höhe von 96 € und Kinderzuschlag in Höhe von 345 € ein ungedeckter Bedarf von 13,87 € verbleibe, sodass Hilfebedürftigkeit nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) durch die Gewährung von Kinderzuschlag nicht beseitigt werden könne.
Mit der am 24. September 2016 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass für den Monat Dezember 2015 eine Wohngeldzahlung in Höhe von 192 € und nicht von 96 € zu berücksichtigen sei, sodass dadurch der Restbedarf in Höhe von 13,87 € gedeckt werde. Es könne nicht sein, dass der von einer fünfköpfigen Familie zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigte Kinderzuschlag in Höhe von 345 € monatlich von dem wesentlich geringeren Betrag von 13,87 € abhänge. Denn SGB II-Leistungen könne er für diesen Monat wegen der tatsächlich erhaltenen Leistungen nicht mehr nachträglich beantragen. Darüber hinaus habe der Restbedarf von 13,87 € mit Hilfe eines Privatverkaufs gedeckt werden können. Nach Durchsicht der Unterlagen seiner Ehefrau habe der Kläger eine Quittung vom 12. Dezember 2015 über im Internet verkaufte sechs Bücher zum Preis von 33 € gefunden; dieser Erlös sei als erzieltes Einkommen für den Monat Dezember 2015 einzustellen.
Die Beklagte hat erwidert, dass der Restbedarf nicht durch den getätigten Privatverkauf gedeckt sei. Denn veräußere der Leistungsberechtigte einen in seinem Vermögen befindlichen Gegenstand zum Verkehrswert, liege darin keine Einkommenserzielung, sondern eine Vermögensumschichtung.
Das Sozialgericht (SG) Osnabrück hat mit Urteil vom 13. September 2017 die angefochtenen Bescheide aufgehoben, soweit für Dezember 2015 Leistungen zu erstatten seien, und die Beklagte unter Abänderung der endgültigen Festsetzung verpflichtet, dem Kläger für Dezember 2015 einen Kinderzuschlag in Höhe von 375 € zu bewilligen. Es hat im Übrigen die Klage abgewiesen. In den Gründen hat das SG ausgeführt, dass der von ihm für Dezember 201...