Entscheidungsstichwort (Thema)

Alterssicherung der Landwirte. Rente wegen voller Erwerbsminderung. Rentenminderung. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

Durch § 23 Abs 8 S 1 Nr 1 ALG findet keine den Gleichheitsgrundsatz aus Art 3 GG verletzende willkürliche Gleichbehandlung der in der Alterssicherung der Landwirte versicherten Landwirte mit den Versicherten der gesetzlichen Rentenversicherung statt.

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 01.02.2011; Aktenzeichen 1 BvR 1262/10)

BSG (Urteil vom 25.02.2010; Aktenzeichen B 10 LW 3/09 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25. Juni 2008 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Minderung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 23 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 ALG.

Die Klägerin ist die Witwe und Sonderrechtsnachfolgerin des ... 1947 geborenen und ... 2004 verstorbenen früheren Landwirts W B (Landwirt).

Mit Bescheid vom 5. Dezember 2006 gewährte die Beklagte dem Landwirt ab 1. Oktober 2006 Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 13 ALG und verminderte bei der Berechnung der Rentenhöhe den allgemeinen Rentenwert wegen Inanspruchnahme der Rente vor Vollendung des 65. Lebensjahres um 10,8 v.H.. Der hiergegen erhobene Widerspruch des Landwirts blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2007). Im nachfolgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Hannover hat der Landwirt geltend gemacht, die Vorschrift des § 23 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 ALG sei verfassungswidrig, weil durch sie eine entsprechende Regelung in § 77 Abs. 2 SGB VI willkürlich in das Recht der Alterssicherung der Landwirte übernommen worden sei. Nach Versterben des Landwirts ... 2004 hat die Klägerin als seine Sonderrechtsnachfolgerin das Klageverfahren fortgesetzt. Das Sozialgericht hat die Klage sodann mit Urteil vom 25. Juni 2008 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dass eine Verfassungswidrigkeit der von der Beklagten zutreffend angewandten Vorschrift nicht zu erkennen sei.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 16. Juli 2008 zugestellte Urteil am 23. Juli 2008 Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen.

1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25. Juni 2008 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2007 zu ändern,

2. die Beklagte zu verurteilen, ihr die bewilligte Rente wegen voller Erwerbsminderung ohne Anwendung der Vorschrift des § 23 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 ALG zu gewähren.

Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25. Juni 2008 zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung durch Urteil des vorsitzenden Richters ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2, § 155 Abs. 3 SGG zugestimmt.

Dem Berufungsgericht haben außer den Prozessakten die Verwaltungsakten der Beklagten vorgelegen. Sie sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten erweisen sich als nicht rechtswidrig. Der Klägerin steht auch nach Auffassung des erkennenden Senats eine nicht gemäß § 23 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 ALG geminderte Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht zu.

Dass die Beklagte bei der Berechnung der dem Landwirt bewilligten Rente die Vorschrift des § 23 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 ALG richtig angewandt hat, ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig. Die Vorschrift des § 23 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 ALG erscheint auch unter keinem Gesichtspunkt verfassungswidrig, sodass sich das Berufungsgericht nicht veranlasst gesehen hat, gemäß Art. 100 Grundgesetz das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. Insbesondere sieht der Senat in der Schaffung der Vorschrift des § 23 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 ALG keine den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Grundgesetz verletzende willkürliche Gleichbehandlung der in der Alterssicherung der Landwirte versicherten Landwirte mit den Versicherten der gesetzlichen Rentenversicherung. Es besteht vielmehr kein Zweifel daran, dass sich der Gesetzgeber innerhalb des ihm in Angelegenheiten der Sozialversicherung eingeräumten weiten Gestaltungsspielraums befunden hat, als er auch für Landwirte für den Fall einer vorzeitigen Inanspruchnahme einer Rente wegen Erwerbsminderung eine den Bestimmungen der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechende Abschlagsregelung getroffen hat. Um Wiederholungen zu vermeiden, nimmt der ...

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