Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. zahnärztliche Versorgung. Ausnahmeindikation für Implantatversorgung (hier: Mundtrockenheit und Zahndemineralisierung als angebliche Folge einer 28 Jahre zurückliegenden Erkrankung an Morbus Hodgkin). Genehmigungsfiktion gemäß § 13 Abs 3a SGB 5. Reichweite des Kostenerstattungsanspruchs bei Abweichung der erbrachten implantologischen Leistungen von den im Behandlungsplan konkret vorgesehenen. Erbringung der beantragten Leistungen durch eine andere Zahnarztpraxis als die den Behandlungsplan erstellende Zahnarztpraxis
Orientierungssatz
1. Die Reichweite der Genehmigungsfiktion gemäß § 13 Abs 3a SGB 5 ist restriktiv auszulegen, so dass unter den Kostenerstattungsanspruch weder andere als die konkret unter Vorlage eines Behandlungsplan beantragten Leistungen (hier: implantologische Leistungen) noch solche Leistungen fallen, die von einer anderen Zahnarztpraxis erbracht wurden als derjenigen, die den Behandlungsplan erstellt hat.
2. Zur Frage des Vorliegens einer Ausnahmeindikation im Sinne des § 28 Abs 2 S 9 SGB 5 für besonders schwere Fälle, in denen die Krankenkasse implantologische Leistungen einschließlich der Suprakonstruktion als Sachleistung im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung erbringt (hier: Mundtrockenheit und eine die Zahnsubstanz schädigende Demineralisierung der Zähne als angebliche Folge einer vor circa 28 Jahren erfolgten Strahlen- und Chemotherapie aufgrund Morbus Hodgkin-Erkrankung).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 14. August 2017 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger Anspruch auf Übernahme/Erstattung der Kosten für implantologische Leistungen hat.
Der 1970 geborene Kläger ist bei der beklagten Krankenkasse (KK) gesetzlich krankenversichert. Am 1. September 2016 beantragte er unter Vorlage einer „Kostenvorhersage für die geplante Behandlung“ vom 29. August 2016 sowie von Behandlungsplänen die Übernahme der Kosten für u.a. implantologische Leistungen. Dem Schreiben der behandelnden Ärzte J. und K. vom 29. August 2016 lässt sich entnehmen, dass im Oberkiefer eine abnehmbare Teleskopprothese mit Teleskopen an 17, 16, 14, 13, 23, 24, 26, 27 und Freilegung der Implantate nach erfolgreicher Einheilung und eine weichbleibende Unterfütterung der vorhandenen Prothese beabsichtigt war. Für die geplante Behandlung würden nach dem Behandlungsplan der Ärzte insgesamt Kosten in Höhe von 15.883,80 Euro entstehen.
Mit Bescheid vom 6. Oktober 2016 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Kostenübernahme für die geplante Implantatversorgung im Rahmen der gesetzlichen Festzuschüsse. Eine weitere Kostenübernahme sei nicht möglich. Der Gesetzgeber habe festgelegt, dass implantologische Leistungen nur unter besonderen Voraussetzungen durch die gesetzlichen Krankenkassen gezahlt werden dürften. Der Antrag sei dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zur Begutachtung vorgelegt worden. Der Gutachter sei zu dem Ergebnis gekommen, dass keine Ausnahmeindikation vorgelegen hätte. An dem Zahnersatz auf Implantaten beteilige sich die Beklagte mit dem gesetzlichen Festzuschuss.
Dagegen richtete sich der Kläger mit seinem Widerspruch vom 19. Oktober 2016. Er sei im Jahre 1988 an Morbus Hodgkin (Krebs) erkrankt. Er habe eine Chemo- und Strahlentherapie bekommen. Nach seinem Kenntnisstand seien die Zähne „von innen kaputtgegangen“. Einen beigefügten Bericht des Kreiskrankenhauses L. vom 15. November 1988 lässt sich entnehmen, dass sich der Kläger im Zeitraum vom 24. Oktober 1988 bis zum 3. November 1988 unter der Diagnose Morbus Hodgkin zum Zwecke der Entfernung mehrerer Lymphknoten in stationärer Behandlung befunden hatte. Vorgelegt wurden des Weiteren Berichte der Westfälischen M. vom 22. Dezember 1988, vom 7. Dezember 1988 vom 20. Dezember 1989 und vom 6. Januar 1989 aus denen sich Entsprechendes ergibt.
Die Beklagte beauftragte daraufhin den MDK (Schreiben vom 24. Oktober 2016): „Bitte begutachten Sie die laut anliegendem Plan vorgesehenen implantologischen Leistungen einschließlich der Suprakonstruktion mit dem Ziel, ob eine Ausnahmeindikation gemäß § 28 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)/Abschnitt VII Nr. 2 der Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung vorliegen würden“. Dies teilte die Beklagte dem Kläger mit.
Der Sachverständige des MDK Dr. N. kam in seinem zahnmedizinischen Gutachten vom 11. November 2016 zu dem Ergebnis, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Zahnverlusten und der jetzt erforderlichen Neuversorgung ca. 28 Jahre nach der Strahlentherapie ausgeschlossen werden könnte. Eine Ausnahmeindikation nach den Richtlinien sei nicht gegeben. Außerdem sei zweifelsfrei eine ko...