Entscheidungsstichwort (Thema)
Abschaffung der Arbeitslosenhilfe. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Verfassungsmäßigkeit. Erklärung nach § 428 Abs 1 SGB 3
Orientierungssatz
Durch die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe zugunsten der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach SGB 2 sind Verfassungsrechte auch der Arbeitslosen nicht verletzt, die eine Erklärung nach § 428 Abs 1 SGB 3 abgegeben haben. Ein Anspruch auf Fortzahlung von Leistungen in der bis zum 31.12.2004 gewährten Höhe besteht nicht.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Frage, ob die Beklagte den Klägern für die Zeit ab 1. Januar 2005 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) in Höhe der der Klägerin zu 1) zuvor gezahlten Arbeitslosenhilfe (Alhi) zahlen muss.
Die im Jahre 1945 geborene Klägerin zu 1) bezog bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 25. Mai 2004 Arbeitslosengeld (Alg), zuletzt in Höhe von 327,53 € wöchentlich, anschließend bis zum 31. Dezember 2004 Anschluss-Alhi (nach Abzug eines wöchentlichen Anrechnungsbetrages von 164,50 €) in Höhe von zuletzt 88,76 € wöchentlich. Bereits am 10. September 2003 hatte sie eine Erklärung zu § 428 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) unterzeichnet, wonach sie Alhi "unter erleichterten Voraussetzungen" erhalten kann. In dem von der Klägerin unterzeichneten Vordruck sind die "erleichterten Voraussetzungen" dahin umschrieben, dass sie auch Leistungen erhalten könne, wenn sie nicht mehr arbeiten möchte; außerdem müsse sie zum frühestmöglichen Zeitpunkt Altersrente beantragen.
Der 1935 geborene und mit der Klägerin zu 1) verheiratete Kläger zu 2) erzielte 2004 folgende monatlichen Einkünfte: Betriebsrente von 183,35 €, Unfallrente von 618,71 € und Altersrente von 1.149,50 €, zusammen 1.951,56 €. Er ist auf Grund eines am 31. Januar 2001 vor dem Familiengericht Hamburg-Wandsbek geschlossenen Vergleichs verpflichtet, an seine geschiedene Ehefrau monatlich 741,37 € Unterhalt zu zahlen.
Mit Bescheid vom 23. November 2004 lehnte die Beklagte (Agentur für Arbeit Uelzen) den Antrag der Kläger auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ab, da die Kläger nicht hilfebedürftig iS der §§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3, 9 SGB II seien. Dem Gesamtbedarf der Klägerin zu 1) von monatlich 428,81 € (345,00 € Regelleistung gemäß § 20 Abs 2 SGB II und 76,81 € Kosten der Unterkunft gemäß § 22 Abs 1 SGB II) stünde ein Einkommen von 1.533,74 € pro Monat gegenüber (Einkünfte des Klägers zu 2) von 1.951,56 € abzüglich 30,00 € Versicherungspauschale gemäß § 3 Nr 1 der Arbeitslosengeld II-/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) vom 20. Oktober 2004 sowie Regelleistung von 345,00 € und 76,81 € Kosten der Unterkunft).
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch beanspruchten die Kläger ab 1. Januar 2005 Leistungen in der Höhe, wie sie bis Ende 2005 an die Klägerin zu 1) gezahlt worden seien. Die Beklagte habe auf der Grundlage des § 428 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) mit der Klägerin zu 1) einen öffentlich-rechtlichen Vertrag geschlossen, von dem sie jetzt nicht einseitig abrücken könne. § 65 Abs 4 SGB II könne nicht in die getroffene vertragliche Vereinbarung eingreifen. Die Leistungskürzung verstoße gegen Verfassungsrecht. Im Übrigen genieße die Klägerin zu 1) im Hinblick auf die Weiterzahlung von Leistungen in Höhe der zuletzt gewährten Alhi über den 1. Januar 2005 hinaus Vertrauensschutz.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Kläger mit Widerspruchsbescheid vom 08. Februar 2005 zurück: Dem Gesamtbedarf der Klägerin zu 1) von 387,82 € (311,00 € Regelsatz und 76,82 € anteilige Kosten der Unterkunft) stünde unter Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen an die geschiedene Ehefrau des Klägers zu 2) in Höhe von 741,37 € ein Einkommensüberhang bei diesem und damit ein bei der Klägerin zu 1) zu berücksichtigendes Einkommen von 822,37 € gegenüber. Nach Absetzung einer Versicherungspauschale von 30,00 € und nachgewiesener Kosten für eine Kraftfahrzeugversicherung in Höhe von 82,74 € monatlich ergäbe sich ein "Sonstiges Einkommen" in Höhe von 709,63 € und damit keine Bedürftigkeit seitens der Klägerin zu 1). Durch die Erklärung nach § 428 SGB III seien die bisherigen Leistungen nicht festgeschrieben worden. Eine entsprechende Vereinbarung zur Höhe und Dauer der Leistungen sei nicht getroffen worden.
Hiergegen haben die Kläger am 23. Februar 2005 Klage erhoben. Sie haben ergänzend vorgetragen, dass die gemäß § 428 SGB III gewährte Alhi einen ganz anderen Sinn und Zweck - nämlich die Sicherung der sozialen Stellung älterer Arbeitsloser - als das nach dem SGB II gewährte Arbeitslosengeld II habe. Anders als das Alg II orientiere sich die Alhi deshalb nicht nur am Bedarf der Antragsteller, sondern auch an deren bisher erzieltem Arbeitseinkommen.
Das Sozialgericht (SG) Lüneburg hat die Klage mit Urteil vom 26. September 2005 abgewiesen. Die Klägerin zu 1) habe keinen Ansp...