Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücknahme rechtswidriger Bewilligungen von Arbeitslosengeld II. Nichtangabe von Glückspielgewinnen. Einkommensberücksichtigung. keine Saldierung nachgewiesener Bareinzahlungen auf dem Bankkonto aus Spielgewinnen mit nicht nachweisbaren Spielverlusten bzw -einsätzen
Orientierungssatz
Zur Rechtmäßigkeit der Rücknahme von Leistungsbewilligungen wegen Nichtangabe von Glückspielgewinnen, die in Höhe der aus Kontoauszügen erkennbaren Bareinzahlungen auf das Bankkonto gem § 11 SGB 2 als Einkommen zu berücksichtigen sind.
Nachgehend
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 3. Mai 2011 wird geändert.
Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 10. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2008 wird dahingehend geändert, dass der Kläger lediglich 9.678,30 € zu erstatten hat.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger 1/10 der notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, welcher überzahlte Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeiträume vom 1. November 2005 bis 31. Juli 2006 und vom 1. September 2006 bis 30. April 2008 in Höhe von insgesamt 10.482,74 € betrifft.
Der 1976 geborene Kläger, welcher bis zum 29. Oktober 2005 ein kalendertägliches Arbeitslosengeld von 32,99 € bezog hatte, stand seit dem 1. November 2005 mit seiner Ehefrau und der 2004 geborenen gemeinsamen Tochter als Bedarfsgemeinschaft im laufenden Leistungsbezug nach dem SGB II. Am 8. August 2006 wurde ein weiteres Kind geboren. Die Familie bewohnte eine Mietwohnung in Nordhorn, für die eine Bruttowarmmiete (ohne Warmwasserkosten) in Höhe von 395,20 € zu entrichten war. Zum 1. Juni 2007 erhöhte sich die Miete auf 425,20 €.
Die Ehefrau stand in der Zeit von November 2005 bis Juli 2006 in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis, aus dem sie Arbeitsentgelt in unterschiedlicher Höhe erzielte. Der Kläger nahm seinerseits im Dezember 2006 ein geringfügige Beschäftigung auf, wobei das bescheinigte Arbeitsentgelt jeweils unter dem Grundfreibetrag (100 €) blieb.
Für die streitbefangenen Zeiträume bewilligte der Beklagte dem Kläger ausweislich der den Bewilligungs-/Änderungsbescheiden beigefügten Berechnungsbögen Leistungen in der aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlichen Höhe:
|
Datum des Bewilligungs-/Änderungsbescheides |
Zeitraum |
Höhe der monatl. Leistungen |
21.10.2005/31.01.2006 |
01.11.2005 - 30.04.2006 |
587,77 |
30.03.2006 |
01.05.2006 - 31.07.2006 |
584,57 |
15.08.2006 |
01.08.2006 - 31.08.2006 |
557,78 |
|
01.09.2006 - 30.09.2006 |
551,89 |
21.08.2006 |
01.10.2006 - 31.10.2006 |
551,89 |
06.10.2006 |
01.11.2006 - 31.12.2006 |
480,42 |
20.02.2007 |
01.01.2007 - 30.04.2007 |
480,86 |
03.04.2007 |
01.05.2007 - 30.06.2007 |
480,86 |
15.06.2007 |
01.07.2007 - 31.10.2007 |
409,37 |
15.06.2007 |
Einmalige Leistung (Nebenkostennachzahlung) |
350,87 |
16.10.2007 |
01.11.2007 - 31.03.2008 |
435,19 |
14.04.2008 |
01.04.2008 - 30.04.2008 |
436,01 |
Der Kläger hatte in seinem mit Datum vom 8. September 2006 unterschriebenen Leistungsantrag unter Versicherung der Richtigkeit der Angaben zur der Frage nach der Erzielung von Einkommen, u. a. auch sonstigen laufenden oder einmaligen Einnahmen gleich welcher Art, lediglich angegeben, dass seine Ehefrau Einkünfte aus einer Aushilfstätigkeit habe. Mit seiner Unterschrift verpflichtete er sich, Änderungen u. a. der Einkommens- und Vermögensverhältnisse unaufgefordert und unverzüglich mitzuteilen. In seinen Folgeanträgen, welche ebenfalls von dem Kläger unterschriebene Erklärungen zu der Richtigkeit der Angaben sowie zur Verpflichtung zur Mitteilung eingetretener Änderungen enthielten, gab der Kläger als Einkommen jeweils lediglich die Einkünfte der Ehefrau an.
Aus Anlass des Folgeantrags für die Zeit ab dem 1. Mai 2008 ließ sich der Beklagte erstmals die Kontoauszüge der letzten drei Monaten vorlegen. Diesen war zu entnehmen, dass der Kläger diverse Bareinzahlungen in nicht unerheblicher Höhe vorgenommen hatte, und zwar im Januar 2008 in Höhe von insgesamt 3.475,00 €, im Februar 2008 in Höhe von insgesamt 7.740,00 € und im März 2008 in Höhe von 9.055,00 €. Hierzu gab der Kläger im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 29. April 2008 an, dass er Geld in hohen Summen abgehoben und diese dann wieder eingezahlt habe, wenn das Konto nicht mehr gedeckt gewesen sei. Auch habe er manchmal Geldgewinne erzielt, welche er auf sein Konto eingezahlt habe.
Der Beklagte ließ sich daraufhin die Umsatzlisten für das bei der Kreissparkasse N... geführte Konto für den gesamten Leistungszeitraum ab dem 1. November 2005 vorlegen. Diesen sind Bareinzahlungen (in den Listen mit der Bezeichnung TXT 80 versehen) für die einzelnen Leistungsmonate in folgender Höhe zu entnehmen:
|
November 2005 |
1.260,00 € |
Dezember 2005 |
280,00 € |
Januar 2006 |
355,00 € |
Februar... |