Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistungsrecht. Einkommenseinsatz. volljähriges Kind. kein Familienangehöriger iS des § 7 Abs 1 AsylbLG. Verwaltungsakt mit Dauerwirkung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Begriff des "Familienangehörigen" im Sinne des § 7 Abs 1 S 1 AsylbLG erfasst nur den Ehegatten (Lebensgefährten) und die minderjährigen Kinder des Leistungsberechtigten, dagegen nicht volljährige Kinder oder sonstige Verwandte oder Verschwägerte.
2. Zur Frage eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung im Bereich des AsylbLG; hier: Verneinung der Absicht, eine Regelung mit Dauerwirkung zu treffen.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 15. September 2006 wird aufhoben, soweit es eine Regelung für den Leistungsmonat Mai 2005 trifft und im Übrigen wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Leistungen nach § 3 AsylblG ohne Anrechnung von Einkommen seiner Söhne im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 30. April 2005 zu gewähren.
Der Bescheid vom 11. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2005, die Bescheide vom 17. Februar 2005 und vom 5. April 2005 werden insoweit aufgehoben.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers beider Rechtszüge zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ohne Anrechnung eines Einkommensanteils der volljährigen Söhne.
Der Kläger und seine Familie (Ehefrau und 6 Kinder) sind nach ihren Angaben Kurden aus Syrien. Streitig ist gewesen, ob sie syrische Staatsangehörige oder Staatenlose aus Syrien sind oder ob sie türkische Staatsangehörige sind; durch Schreiben vom 17. Oktober 2005 erklärte die Beklagte, dass der Kläger und seine Familie nach dortigen Ermittlungen weder die syrische noch die türkische Staatsangehörigkeit besitzen und deshalb nunmehr als “ungeklärte„ Staatsangehörige geführt würden. Der Kläger und seine Familie reisten am 12. April 1999 in die Bundesrepublik ein. Der Asylantrag wurde durch Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 24. Juni 1999 abgelehnt und der Kläger und seine Familie unter Abschiebungsandrohung zur Ausreise aufgefordert. Dieser Bescheid ist seit dem 27. März 2001 rechtskräftig. Wegen fehlender Reisepässe wurden Duldungen erteilt. In der Folgezeit gelang es nicht, die für eine Rückkehr nach Syrien erforderlichen Papiere zu beschaffen. Dem wiederholten Antrag auf Auszug aus der Gemeinschaftsunterkunft gab die Stadt I. durch Bescheid vom 21. Juni 2005 statt; zum 15. Dezember 2005 zog der Kläger mit seiner Familie in die auch heute noch von ihm bewohnte Wohnung.
Der Kläger erhielt ursprünglich nur gekürzte Leistungen nach § 1a Nr. 2 AsylbLG, weil aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus von ihm zu vertretenen Gründen hätten nicht vollzogen werden können.
Der Sohn J., geb. am 20. März 1985, begann zum 1. August 2004 eine Ausbildung und bezog daraus ein regelmäßiges monatliches Netto-Einkommen von 465, 72 €. Mit an den Sohn des Klägers gerichteten Bescheid vom 11. Januar 2005, der den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 30. April 2005 regelte, lehnte die Stadt I. die Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG für den Sohn wegen anzurechnenden Erwerbseinkommen ab und teilte dem Sohn mit, dass er abzüglich eines Freibetrages von 116,43 € und abzüglich der Leistungen nach § 3 AsylbLG in Höhe 168,72 € seinem Vater, dem Kläger ab 1. Januar 2005 einen Unterhaltsbetrag in Höhe von 180,57 € zu geben habe. Mit weiterem an den Kläger gerichteten Bescheid vom 11. Januar 2005 gewährte die Stadt I. dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 30. April 2005 Leistungen nach § 3 ff AsylbLG, jedoch gekürzt um den errechneten Unterhaltsbetrag vom 180,57 € monatlich. Der gegen beide Bescheide vom 11. Januar 2005 eingelegte Widerspruch (Schriftsatz vom 21. Januar 2005) wurde durch den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2005 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass gemäß § 7 Abs. 1 AsylbLG Einkommen und Vermögen des Leistungsberechtigten und seiner Familienangehörigen, die im selben Haushalt leben, einzusetzen sei und der Sohn K. in der Lage sei, seine Familie mit einem Teilbetrag von 180,57 € zu unterstützen. Durch Bescheid der Stadt I. vom 17. Februar 2005 wurde nur für den Leistungsmonat Februar 2005 bei den Leistungen an den Kläger ein weiterer Unterhaltsbeitrag seines Sohnes L., geb. am 10. April 1984; in Höhe von 146,28 € abgezogen. Durch Bescheid vom 5. April 2005 wurde sodann aufgrund geänderten Einkommens des Sohnes K. für die Monate März und April 2005 der Abzugsbetrag auf 189,77 € festgesetzt. Durch Bescheid vom 17. Mai 2005 setze die Stadt I. ab 1. Mai 2005 bis auf weiteres den monatlichen Abzugsbetrag auf 365,38 € fest; dieser Betrag setzte sich zusammen aus einem Abzugsbetrag wegen des Einkommens des Sohnes M. in Höhe von 159,10 € und des Sohnes N., geb. am 16. Juni 1983, in Höhe von 20...