Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Kostenerstattung bzw -übernahme. Feldenkrais-Methode

 

Orientierungssatz

Zum Anspruch auf Kostenerstattung bzw künftige Kostenübernahme von Behandlungen mit der Feldenkrais-Methode.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 25. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger Anspruch auf Kostenübernahme bzw. Kostenerstattung für einen zwei Jahre dauernden Einzelunterricht nach der Feldenkrais-Methode je 2-mal wöchentlich in Höhe eines Gesamtbetrages von 7.920,-- Euro hat.

Der 1967 geborene Kläger ist bei der beklagten Krankenkasse (KK) gesetzlich krankenversichert und leidet seit Jahren unter zahlreichen Erkrankungen; zu nennen sind u.a. ein Zustand nach Nierentransplantation, Zustand nach mittelschwerer Abstoßreaktion (Juli 2005), eine chronische Glomerulonephritis, ein infektbedingtes akutes Nierenversagen (2018), pAVK, ein Verdacht auf ein Alport-Syndrom, Hypertonus, Tinnitus, allergisches Asthma, chronisches Erschöpfungssyndrom (Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatique Syndrome ≪ME/CFS≫), Histaminüberempfindlichkeit. Seit dem 16. Januar 2018 besteht ein Pflegegrad I (vgl. Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung - MDK - vom 17. November 2018).

Am 3. Juni 2018 beantragte der Kläger unter Vorlage eines Kostenvoranschlages der vom Feldenkrais-Verband zertifizierten Feldenkrais-Lehrerin I. J. bei der Beklagten die Kostenübernahme für die Teilnahme an einem Feldenkrais-Unterricht. Hierzu gab der Kläger an, dass die röntgenologische Untersuchung bei dem Privatarzt Dr. K., Hamburg, eine ausgeprägte Fehlstellung der Halswirbelsäule (HWS) ergeben habe. Dadurch werde bei größeren Bewegungen der Blutfluss ins Kleinhirn behindert. Bei seiner genetischen Disposition sei es daraufhin zu den Mitochondriopathien, eventuell sogar zum Alport-Syndrom, sicher aber zu der CFS-Erkrankung gekommen. Eine Abhilfe bis zur Heilung wäre eventuell durch massive physiotherapeutische Maßnahmen möglich; es könne sein, dass ihm deswegen auch das Schwimmen so gut bekommen sei. Der Arzt Dr. K. schlage dazu eine Feldenkrais-Therapie vor.

In dem Kostenvoranschlag der zertifizierten Feldenkrais-Lehrerin J. vom 7. Juni 2018 heißt es, dass der Kläger auf die erste Feldenkrais-Stunde sehr gut angesprochen habe. Die Erschöpfungssymptome seien stark reduziert und er fühle sich energiegeladener. Ebenso habe er eine Verbesserung und Erleichterung im HWS-Bereich empfunden. Die HWS sei nach anfänglicher auffälliger Lateral Flexion gerade ausgerichtet und gelöster, was einen positiven Effekt auf den Tonus des ganzen Körpers gehabt habe. Daher werde eine weitere Anwendung der Feldenkrais-Methode für zwei Jahre bei zwei Stunden pro Woche für empfehlenswert angesehen. Die Kosten für eine Stunde würden sich auf 60,-- Euro belaufen. Bei 33 Wochen Unterricht im Jahr wären das insgesamt 132 Stunden á 60,-- Euro, Gesamtkosten 7.920,-- Euro.

Mit Bescheid vom 22. Juni 2018 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme bzw. Kostenerstattung ab. Ob ein Gesundheitskurs erstattet werde, prüfe die Zentrale Prüfstelle Prävention (ZPP) anhand gesetzlicher Vorgaben im Auftrag der Kooperationsgemeinschaft Gesetzlicher KKen zur Zertifizierung von Präventionsangaben (§ 20 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB V≫). Die Prüfkriterien seien im Leitfaden Prävention des Spitzenverbandes Bund der KKen geregelt und würden für alle gesetzlichen KKen gelten. Die ZPP habe mitgeteilt, dass das Kurskonzept inhaltlich und methodisch nicht den vorgegebenen Qualitätskriterien entsprechen würde.

Dagegen richtete sich der Kläger mit seinem Widerspruch vom 26. Juli 2018. Primärziel des Widerspruchs sei die Kostenübernahme einer Feldenkrais-Anwendung im Rahmen einer CFS-Therapie. Sekundärziel sei alternativ eine andere Behandlungsform zur Minderung bzw. Heilung seiner schweren CFS-Erkrankung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2019 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V sehe eine KK in der Satzung Leistungen zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken sowie zur Förderung des selbstbestimmten gesundheitsorientierten Handelns der Versicherten vor. Die Leistungen sollten dabei insbesondere zur Vermeidung sozialbedingter sowie geschlechtsbezogener Ungleichheit von Gesundheitschancen beitragen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (gKV-Spitzenverband) sei ein Zusammenschluss aller gesetzlicher KKen. Er habe vom Gesetzgeber den Auftrag erhalten, eine Konkretisierung der Leistungsinhalte zum § 20 SGB V zu entwickeln und fortzuschreiben. Am 21. Juli 2000 habe der gKV-Spitzenverband „gemeinsame und einheitliche Handlungsfelder und Kriterien zur Umsetzung des § 20 Abs. 1 und 2 SGB V“ (Leitfaden Prävention) gefasst. Er bestimme die Anforderungen an ein einheitliches Verfahren für die Zertifiz...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge