Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Zuständigkeit. Spruchkörper für Rechtsstreitigkeiten des allgemeinen Krankenversicherungsrechts gem § 10 Abs 2 SGG. Auskunftsansprüche bzw Schadenersatzansprüche gegen Krankenhaus. Schadenersatzpflicht eines Leistungserbringers bei Verstoß gegen § 115b SGB 5 iVm AOP-Vertrag im Rahmen der Krankenversorgung
Orientierungssatz
1. Bei Rechtsstreitigkeiten von Vertragsärzten im Zusammenhang mit ambulanten Tätigkeiten anderer Leistungserbringer kommt eine Zuständigkeit der Spruchkörper für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts nicht in Betracht, wenn generell Auskunftsansprüche bzw Schadenersatzansprüche gegen ein Krankenhaus in Frage stehen. In diesen Fällen sind die Spruchkörper zuständig, die gemäß § 10 Abs 2 SGG für Rechtsstreitigkeiten des allgemeinen Krankenversicherungsrechts zuständig sind.
2. Ein Leistungserbringer kann einem Konkurrenten zum Schadenersatz verpflichtet sein, wenn er bei der Krankenversorgung gegen eine Rechtsvorschrift wie § 115b SGB 5 iVm dem AOP-Vertrag verstößt, die auch das Wettbewerbsverhalten der Leistungserbringer untereinander betrifft. Die Anforderungen an die Darlegungen zur konkreten Schadenverursachung müssen an diesen Maßstäben ausgerichtet werden.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 18. März 2012 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erteilung von Auskünften zur Prüfung von Schadenersatzansprüchen.
Der Kläger ist als Facharzt für Chirurgie und Handchirurgie mit Praxissitz in J. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die Beklagte ist bzw. war Trägerin des Bundeswehrkrankenhauses K. Seit dessen Gründung im Jahre 2008 besteht eine enge Kooperation mit der L. GmbH K. Beide Kliniken befinden sich auf einem Gelände und in einem zusammenhängenden Gebäudekomplex. Die Kooperation zwischen den beiden Kliniken umfasst insbesondere die Sektion Handchirurgie (vgl. strukturierter Qualitätsbericht für das Berichtsjahr 2012, Bundeswehrkrankenhaus K., Einleitung). Bei der nach § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugelassenen L. GmbH handelt es sich um ein Akutkrankenhaus mit (aktuell) 343 Betten, 8 Hauptabteilungen und 3 Belegabteilungen. Im Bereich Handchirurgie kooperiert die Klinik seit dem 1. Januar 2008 mit dem Institut für Handchirurgie und Plastische Chirurgie in J. (M.), das von insgesamt fünf Ärzten geleitet wird, die alle Fachärzte für Plastische Chirurgie und Ästhetische Chirurgie mit der Zusatzbezeichnung Handchirurgie sind. Ausweislich des Internetauftritts der Beklagten werden alle Operationen im Bereich Handchirurgie und Plastische Chirurgie, ob ambulant oder stationär, in der Klinik der Beklagten durchgeführt und durch die dort anwesenden Narkoseärzte begleitet. Die fünf Ärzte des M. verfügen alle nicht über eine vertragsärztliche Zulassung.
Mit Schreiben vom 29. November 2011 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 7. Dezember 2011 auf, Auskunft darüber zu erteilen, wie viele und welche ambulanten Operationen durch die Ärzte des M. im Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2011 durchgeführt wurden. Die Auskunft habe sich auch auf die stationären Operationen zu beziehen, soweit sie ambulant hätten durchgeführt werden können.
Da die Beklagte jegliche Auskunft ablehnte, hat der Kläger am 29. Dezember 2011 Stufenklage vor dem Sozialgericht (SG) Oldenburg mit dem Ziel erhoben, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, wie viele und welche ambulanten und stationären Operationen in der Klinik der Beklagten durch Ärzte des M. in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2011 an Kassenpatienten durchgeführt worden seien und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Schadenersatz in noch zu beziffernder Höhe zu leisten. Die Beklagte habe die für die ambulante Versorgung geltenden Vorschriften nicht beachtet. Die Kooperation mit den Ärzten des M. stelle einen eindeutigen Verstoß gegen § 115b SGB V und den Vertrag Ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus (AOP-Vertrag) dar. Wäre den Patienten offenbart worden, dass sie nicht als Kassenpatienten sondern Privatpatienten behandelt würden, hätten diese sich überwiegend vom Kläger in J. behandeln lassen. Dem Kläger sei deshalb durch die Verhaltensweise der Beklagten ein nicht unerheblicher Schaden entstanden.
Mit Beschluss vom 25. Januar 2012 hat das SG Oldenburg den Rechtsstreit an das SG Hannover verwiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 18. März 2012 hat das SG Hannover die Klage abgewiesen. Die Klage sei bereits unzulässig. Dem Kläger fehle es bei der die Leistungsklage vorbereitenden Auskunftsklage an der erforderlichen Klagebefugnis. Eine Klagebefugnis sei zu verneinen, wenn ein Anspruch des Klägers ein...