Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Beitragsnachforderung. Tätigkeit als Hausverwalter und Hausmeister. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung. Weisungsgebundenheit. Ermächtigung zur Vergabe von Reparaturaufträgen. Betriebliche Eingliederung. Delegation der Arbeit. Unternehmerrisiko. Beweislast bei unterbliebener Aufklärung des Sachverhalts durch die Behörde
Leitsatz (amtlich)
Ist die Tätigkeit eines Hausverwalters und Hausmeisters ihrer Struktur nach so ausgelegt, dass der Beauftragte insbesondere angesichts des relativ geringen für die Ausübung der ihm übertragenen Tätigkeit benötigten Zeitaufwandes und aufgrund weitgehender Freiheiten bei der Konkretisierung der Arbeitszeiten in vergleichbarer Weise auch gegenüber zahlreichen weiteren Auftraggebern tätig werden könnte, dann stellt dies einen im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit sprechenden Gesichtspunkt dar.
Normenkette
SGB IV § 7 Abs. 1; WEG § 27 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4, § 29; SGB X § 20
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 19. März 2014 und der Bescheid der Beklagten vom 25. März 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2009 werden aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens aus beiden Rechtszügen einschließlich des Vorverfahrens mit Ausnahme der nicht erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, wobei die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig war.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft wendet sich dagegen, dass die Beklagte auf der Grundlage einer gemäß § 28p SGB IV durchgeführten Betriebsprüfung gegen sie rückständige Sozialversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschläge in einer Gesamthöhe von 5.390,64 € aufgrund der von der Klägerin in Auftrag gegebenen Tätigkeit von K. als Hausverwalter und Hausmeister bezogen auf den Prüfzeitraum 1. April 1999 bis 31. März 2008 festgesetzt hat.
Die Mitglieder der Klägerin sind die Eigentümer der (jedenfalls ganz überwiegend als Ferienwohnungen genutzten) insgesamt sieben Wohnungen des Hauses L. in M..
Bereits im April 1983 vereinbarte die Klägerin mit dem in der Nachbarschaft lebenden K., dass dieser ab Juli 1983 die Aufgaben eines Hausverwalters und eines Hauswartes (einschließlich insbesondere des Winterdienstes und der Gartenpflege) gegen ein pauschales Entgelt von anfänglich 175 DM übernehmen sollte. Dieses Entgelt wurde in der Folgezeit auf monatlich 150 € erhöht.
In seiner Eigenschaft als Hausverwalter meldete K. 2004 seine eigene Tätigkeit bei Minijobzentrale als geringfügige abhängige Beschäftigung mit der Klägerin als Arbeitgeber an; auf Weisung der Wohnungseigentümerversammlung nahm er diese Meldung jedoch nachfolgend zurück. Die zunächst entrichteten Beiträge wurden daraufhin an die Klägerin erstattet.
Mit Schreiben vom 17. März 2008 teilte die Klägerin Herrn K. als Vertreter der Klägerin die Durchführung einer Betriebsprüfung mit. Dieser antwortete mit Schreiben vom 3. April 2008, dass seine Tätigkeit als Hausverwalter zum 1. April 2008 geendet habe.
Auf weitere Nachfragen der Beklagten teilte K. Anfang Dezember 2008 mit: “Ich kann und darf nunmehr keine Angaben (Beschluss der WEG), wie Ihnen bereits mitgeteilt, weitergeben.„
Mit Bescheid vom 25. März 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2009 setzte die Beklagte gegen die Klägerin rückständige Sozialversicherungsbeiträge aufgrund einer geringfügigen abhängigen Beschäftigung von K. im Zeitraum vom 1. April 1999 bis zum 31. März 2008 in einer Gesamthöhe von 5.390,64 € (einschließlich 1.859,67 € Säumniszuschläge) fest.
Mit der am 23. Dezember 2009 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass K. zu keinem Zeitpunkt bei ihr abhängig beschäftigt gewesen sei, sondern die übertragenen Aufgaben eines Hausverwalters und Hauswartes im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit wahrgenommen habe.
Am 5. Dezember 2012 verstarb K.; seine Rechtsnachfolgerin ist seine zu 1. beigeladene Tochter N..
Mit Urteil vom 19. März 2014 hat das Sozialgericht Braunschweig die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe K. im streitbetroffenen Zeitraum abhängig und damit nach Maßgabe der für geringfügige Beschäftigungen maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Insbesondere sei K. nicht geschäftsmäßig für andere Wohnungseigentümergemeinschaften als Hausverwalter bzw. Hauswart beruflich tätig gewesen. Er hätte rechtlich auch keine Möglichkeit gehabt, eine Abberufung als Verwalter zu verhindern. Die relativ freie Zeiteinteilung ergebe sich aus der Natur der übertragenen Tätigkeit.
Gegen dieses ihr am 22. April 2014 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 21. Mai 2014. Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, dass K. eine selbständige Tätigkeit ausgeübt habe. Die Übernahme von Hauswarttätigkeiten habe ohnehin nur eine untergeordnete Bedeutung aufgewiesen. Im Übrigen habe er mit der Klägerin ei...