Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. minderjähriges Kind als Kontoinhaber eines Sparbuchs. Verfügungsmöglichkeit erst bei Eintritt der Volljährigkeit. kein Anspruch auf Herausgabe des Sparbuchs aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen den Großvater. Hilfebedürftigkeit. Kontoinhaber. Besitz. Verwertbarkeit. Schenkung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Hilfebedürftigkeit eines minderjährigen Leistungsberechtigten nach dem SGB II entfällt nicht dadurch, dass er Kontoinhaber eines von seinem Großvater zu seinen Gunsten angelegten Sparbuches mit der vertraglich vereinbarten Maßgabe ist, dass das Sparbuch frühestens mit Vollendung des 14. Lebensjahres bei einer Kündigungsfrist von 4 Jahren - mithin zum Eintritt seiner Volljährigkeit - hätte gekündigt werden können und er erst mit Eintritt der Volljährigkeit hätte über das Sparvermögen verfügen können und dürfen.
2. Der Leistungsberechtigte hat nach Rückgabe des Sparbuchs an den Großvater keinen Anspruch auf Herausgabe des Sparbuches aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen seinen Großvater in dem Fall, dass der Leistungsberechtigte zur Beseitigung seiner Hilfebedürftigkeit seitens des Jobcenters dazu veranlasst wird, über das Sparbuch bereits vor Eintritt der Volljährigkeit zu verfügen und seinen Lebensunterhalt hieraus zu bestreiten; denn der Großvater wäre in diesem Falle berechtigt gewesen, das dem Berechtigten geschenkte und übergebene Sparbuch zurückzufordern, weil die Schenkung unter einer Auflage erfolgt und die Auflage nicht vollzogen ist, wenn der Berechtigte entgegen der Auflage vorzeitig das Sparvermögen zum Bestreiten seines Lebensunterhaltes zu verwenden beabsichtigt.
Normenkette
SGB II § 12 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 28 Abs. 1 S. 1, § 7 Abs. 1 Nr. 3, § 23 Abs. 5; BGB § 525 Abs. 1, § 527 Abs. 1, § 812 Abs. 1 S. 2
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichtes Hannover vom 31. Oktober 2008 wird abgeändert.
Die Bescheide des Berufungsbeklagten vom 17. Mai 2006, 06. Juni 2006 und 12. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 2007 werden abgeändert.
Der Berufungsbeklagte wird verurteilt, der Berufungsklägerin zu 3. Leistungen nach dem SGB II (Sozialgeld) für die Zeit vom 01. Juni 2006 bis zum 30. November 2006 ohne Berücksichtigung von Vermögen zu gewähren.
Der Berufungsbeklagte trägt 4/5 der notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge.
Tatbestand
Nach Rücknahme der Berufung durch die Kläger und Berufungskläger zu 1.) und 2.) stehen nur noch die von der Klägerin und Berufungsklägerin zu 3.) begehrten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit vom 01. Juni bis zum 30. November 2006 im Streit.
Die am 14. August 1996 geborene Berufungsklägerin zu 3.) lebt mit ihrer Mutter, der Berufungsklägerin zu 2.), und dem Berufungskläger zu 1.) gemeinsam in einer Bedarfsgemeinschaft. Bei den Berufungsklägern zu 1.) und 2.) handelt es sich um Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft.
Die Berufungskläger beantragten erstmals am 17. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II. Sie gaben an, dass die Berufungsklägerin zu 3.) als Vermögen über ein Sparbuch der Volksbank F. eG (im Folgenden: Volksbank), Sparbuch-Nr. G., mit einem Guthaben in Höhe von 19.784,84 Euro verfüge.
Mit Leistungsbescheid vom 25. Januar 2005 bewilligte die Beklagte und Berufungsbeklagte den Berufungsklägern zu 1.) und 2.) Leistungen nach dem SGB II. Die Berufungsklägerin zu 3.) wurde aufgrund ihres Vermögens bei der Berechnung der Leistungen in diesem Bescheid sowie in den Folgebescheiden nicht berücksichtigt.
Am 10. April 2006 wandte sich der Berufungskläger zu 1.) an die Berufungsbeklagte und teilte mit, dass die Berufungsklägerin zu 3.) nicht unerhebliches Vermögen gehabt habe und aus diesem Grunde aus der Bedarfsgemeinschaft herausgerechnet worden sei. Nun habe der Großvater, der Zeuge H. I. (im Folgenden: Großvater) dieses Geld, was zu 99 % von ihm stamme, im Hinblick auf "Hartz IV" zurückgefordert. Mit Schreiben vom 07. Mai 2006 teilte der Berufungskläger zu 1.) der Berufungsbeklagten weiterhin mit, dass das Sparbuch nicht eingereicht werden könne, weil der Großvater das Konto wieder in seinen Zugriff verlangt habe. Das Sparbuch sei 1996 angelegt worden mit dem Zweck, dass die Berufungsklägerin zu 3.) frühestens zum 18. Lebensjahr darüber verfügen könne, dürfe und solle. Entsprechend sei beabsichtigt gewesen, die letzten Einzahlungen zur Konfirmation vorzunehmen und dann das Konto zu kündigen, weil eine 48-monatige Kündigungsfrist bestehe. Der Großvater habe den Betrag zurückgefordert, da er erfahren habe, dass die Berufungsklägerin zu 3.) keine Unterstützung von der Berufungsbeklagten erhalte, weil es dieses Konto gebe. Er schließe daraus, dass die Berufungsklägerin zu 3.) von diesem Vermögen jetzt schon zu leben habe, obwohl er das Geld nicht für diesen Zweck bestimmt habe. Um sicherzustellen, dass die Berufungsklägerin zu 3.) zum...