Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung. Absetzung der Kosten für Individualausblendungen bei einem Multi-Leaf-Collimator im Rahmen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung
Orientierungssatz
Eine Kassenärztliche Vereinigung ist berechtigt, die Kosten für Individualausblendungen bei einem Multi-Leaf-Collimator (MLC) im Rahmen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen idF bis 31.3.2005 abzusetzen.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 8. September 2004 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 5.838,17 €.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Absetzung von Kosten für Individualausblendungen bei einem Multi-Leaf-Collimator (MLC) im Rahmen der sachlich-rechnerischen Berichtigung.
Der Kläger ist Facharzt für Radiologie und Chefarzt der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie im Städtischen Klinikum L. Im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbringt er Bestrahlungsbehandlungen mit Beschleunigern (Ziffern 7024 und 7025 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen ≪EBM≫ in der bis zum 31. März 2005 geltenden Fassung). Zur zielgenauen Begrenzung des Strahleneintrittsfeldes auf das erkrankte Gewebe wurden dabei konventionell Ausblendungen eingesetzt, bestehend aus gegossenen Bleiblöcken, die mit einer den Tumorumrissen entsprechenden Öffnung ausgestattet und für jeden Patienten individuell angefertigt waren. Bei anatomischen Veränderungen (z. B. Tumorwachstum) mussten die Bleiblöcke entweder umgearbeitet werden oder, wenn dies nicht möglich war - wie etwa im Falle einer Tumorschrumpfung -, sogar neu angefertigt werden. Anstelle dieser konventionellen Methode wird infolge des technischen Fortschritts inzwischen ein so genannter Multi-Leaf-Collimator eingesetzt, der eine exaktere Begrenzung des Strahleintrittsfeldes ermöglicht. Der MLC enthält ein in das Bestrahlungsgerät eingebautes Lamellensystem, bei dem computergesteuert eine Vielzahl kleiner Lamellen verschoben werden kann, so dass durch die entstandene Öffnung eine individuelle Feldanpassung erfolgt.
Mit Bescheid vom 22. Oktober 2001 nahm die Beklagte für das Abrechnungsquartal II/2001 zu Lasten des Klägers eine sachlich-rechnerische Berichtigung vor und setzte die Kosten für 69 Individualausblendungen mit MLC in Höhe von insgesamt 11.676,34 € ab. Zur Begründung führte sie aus, dass es sich bei den Individualausblendungen mit MLC nicht um Sachkosten der Anmerkung nach der EBM-Ziffer 7025 handele. Vielmehr seien die Kosten bereits in den EBM-Ziffern 7024 und 7025 enthalten. Mit seinem Widerspruch wandte der Kläger ein, dass die Sachkosten nach dem Wortlaut der EBM-Ziffer 7025 gesondert berechnungsfähig seien, da es sich um Kosten für individuell ausgeformte Ausblendungen handele. Es sei sachfremd, die Kosten dieser für die Patienten verträglicheren, für die Kostenträger günstigeren und umweltfreundlicheren Methode nicht mehr zu vergüten. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2002 - am 6. Februar 2002 an den Kläger abgesandt - wies die Beklagte den Widerspruch zurück, da die EBM-Ziffer 7025 nur solche Blenden erfasse, die speziell für einen Patienten angefertigt und nach Beendigung der Therapie nicht oder nicht ohne Umarbeitung für andere Patienten weitere Verwendung finden können. Der MLC ermögliche aber gerade variable Ausblendungen, so dass es sich um wieder verwendbares Material handele, das - vor einer Reform des EBM - nicht gesondert erstattungsfähig sei.
Der Kläger hat am 6. März 2002 Klage beim Sozialgericht (SG) Hannover erhoben und hält daran fest, dass es sich bei den Individualausblendungen mit MLC um individuell geformte Ausblendungen im Sinne der Anmerkung nach Ziffer 7025 handele, die gesondert abrechnungsfähig seien. Die Kosten für die Planung individueller Ausblendungen seien auch nicht über die EBM-Ziffern 7020, 7021 oder 7030 abgedeckt.
Mit Urteil vom 8. September 2004 hat das SG die streitbefangenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Sachkosten für das MLC-Verfahren nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts zu erstatten. In den Urteilsgründen wird ausgeführt, dass der MLC eine "individuelle Ausblendung" durch die jeweils individuell programmierte Lamellenstellung erstelle. Als "wiederverwendbares Material" sei das MLC-Gerät als solches zu verstehen. Demgegenüber handele es sich bei den Programmierungskosten - insbesondere den Personalkosten - um die Kosten einer "individuell geformten Ausblendung".
Gegen das ihr am 17. September 2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18. Oktober 2004 (montags) Berufung beim Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen eingelegt. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Arbeitsweise des MLC mit wiederverw...