Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenübernahme für Krankenhauskosten in anderem Mitgliedstaat. vorherige Genehmigung durch Krankenkasse. keine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit. rechtzeitige Erlangung einer dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung im Inland. Zulässigkeit der Begrenzung der Kostenerstattung durch DRG. Wirkung des Urlaubskrankenscheins
Orientierungssatz
1. Versicherte können Leistungserbringer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft im Wege der Kostenerstattung in Anspruch nehmen. Unabhängig von der Frage, ob ein Leistungserbringer zulässigerweise in Anspruch genommen werden kann, gilt auch bei Inanspruchnahme von Leistungserbringern in anderen Staaten im Geltungsbereich des EG-Vertrages, dass den Versicherten nur Leistungen gewährt werden dürfen, auf die sie im Inland Anspruch haben.
2. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 13 Abs 5 S 1 SGB 5 muss die Krankenkasse vor einer Krankenhausbehandlung im EU-Ausland zustimmen. Dies gilt für alle Fälle. Eine nachträgliche Genehmigung genügt nach dem Willen des Gesetzgebers nicht (vgl EuGH vom 12.7.2001 - C 157/99 = SozR 3-6030 Art 59 Nr 6).
3. Eine Regelung, die die Übernahme der Kosten für die Versorgung in einem Krankenhaus in einem anderen Mitgliedstaat davon abhängig macht, dass die Krankenkasse eine vorherige Zustimmung erteilt, steht den Art 49 und 50 EG-Vertrag (juris: EG) nicht entgegen.
4. Bei Aufenthalten im Ausland kann eine inländische Behandlung nicht "rechtzeitig" iS des § 13 Abs 5 S 2 SGB 5 erlangt werden, wenn eine unverzügliche Behandlung im Ausland notwendig ist.
5. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Krankenkasse die Kostenerstattung nach § 13 Abs 4 S 3 SGB 5 unter Zugrundelegung von Diagnosis Related Groups begrenzt.
6. In der Übersendung des Urlaubskrankenscheins liegt keine Garantieerklärung, dass eine Sachleistung auch tatsächlich verschafft werden kann. Ist es einem Versicherten nicht möglich, auf dieser Basis behandelt zu werden, ist dies ein Umstand, den die Krankenkasse nicht zu vertreten hat (vgl LSG Celle vom 16.5.2007 - L 4 KR 98/05).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erstattung von restlichen Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von 2.292,80 € für einen Krankenhausaufenthalt in Spanien.
Die ... 1917 geborene Klägerin war im Februar 2005 auf Gran Canaria im Urlaub. Am 26. Januar 2005 hatte sie von der Beklagten die "Bescheinigung als provisorischer Ersatz für die Europäische Krankenversicherungskarte" sowie ein Schreiben erhalten, in dem es u.a. heißt:
"Sie wollen in den Urlaub fahren und sich richtig erholen. Gut, dass sie an Ihren AOK-Urlaubskrankenschein gedacht haben, der im Ausland Ihre Krankenversicherungskarte ersetzt. Die AOK übernimmt für Sie die Kosten für ärztliche Leistungen und Medikamente in allen Ländern, mit denen die Bundesrepublik Deutschland ein Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat. Dazu gehören z.B. die Länder der Europäischen Union. Wir empfehlen Ihnen - zusätzlich zum Urlaubskrankenschein - den Abschluss unserer privaten Auslandsreisekrankenversicherung AOK-Privat Ausland. Denn der Gesetzgeber hat allen gesetzlichen Krankenversicherungen die Kostenübernahme für bestimmte Leistungen - zB für den Rücktransport im Krankheitsfall - untersagt ...".
Am 2. und 4. Februar 2005 suchte die Klägerin Dr. S, Deutsches Ärztezentrum, M, Gran Canaria auf. Dieser stellte die Diagnosen: akuter viraler Infekt, akute Excikose (2. Februar 2005) und Bronchitis, Verdacht auf Pneumonie (4. Februar 2005). Die Klägerin wurde dann vom 4. Februar 2005 bis 14. Februar 2005 im Hospital C R, S A, Gran Canaria, behandelt.
Mit Schreiben vom 21. Februar 2005 beantragte sie die Erstattung der Behandlungskosten in Höhe von insgesamt 5.408,75 € (stationäre Behandlung: 5.078,41 €, ambulante Behandlungen: 135,- und 185,- €, Medikamente: 10,34 €). Die Beklagte erstattete der Klägerin mit Bescheid vom 3. Mai 2005 die anlässlich ihrer Erkrankung in Spanien entstandenen Kosten in Höhe der im Inland üblichen Vertragssätze von insgesamt 2.223,72 € (ambulante ärztliche Behandlung: 56,52 €; vergleichbare stationäre Behandlung im Klinikum O für die Dauer von 10 Tagen insgesamt 2.167,20 € nach der DRG E 65 B "chronisch obstruktive Atemwegserkrankung ohne äußerst schwere CC, ohne starre Bronchoskopie"). Die für die Medikamente entstandenen Kosten seien nicht erstattungsfähig, da die Beträge unterhalb der gesetzlichen Zuzahlungspflicht von 5,- € je Medikament lägen. Mit Schreiben vom 19. Mai 2005 erläuterte die Beklagte die Berechnung der Erstattungsbeträge. Die Schreiben der Klägerin vom 9. August 2005 und 17. Oktober 2005 legte die Beklagte als Widerspruch aus und wies die Klägerin mit Schreiben vom 20. November 2005 auf ein von ihr an die Klägerin gerichtetes Schreibe...