Orientierungssatz

Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG Celle-Bremen vom 24.5.2007 - L 8 SO 156/06, das vollständig dokumentiert ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.10.2008; Aktenzeichen B 8 SO 28/07 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 28. August 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt für die Zeit ab dem 1. Januar 2005 höhere Leistungen der Eingliederungshilfe unter Berücksichtigung seiner Entgeltverpflichtung aus einem mit dem Klinikum W geschlossenen Heimvertrag.

Der im März 1948 geborene Kläger leidet an einer paranoid-halluzinatorischen Psychose mit Unruhe- und Angstzuständen. Er ist aufgrund seiner Erkrankungen auf Dauer wesentlich behindert. Vor seiner Aufnahme in das Heim S des Klinikums W wohnte der Kläger im Gebiet der Beklagten. Er ist seit dem 2. Oktober 1990 im Langzeitbereich des Klinikums W untergebracht.

Nach dem am 29. Juli 2003 geschlossenen Heimvertrag gewährt die Einrichtung als Regelleistung Unterkunft, Verpflegung, grundpflegerische Leistungen und persönliche Hilfen, ärztliche Versorgung und Sozialberatung. Hierfür ist ein tägliches Entgelt von 134,86 € vereinbart (§ 7 Heimvertrag). Weiter heißt es in § 7 Abs 4:

"Zwischen der Einrichtung und dem Land Niedersachsen besteht derzeit keine Leistungsvereinbarung. Die Entgeltverpflichtung kann sich verändern, sobald und soweit eine Leistungsvereinbarung zwischen dem Land Niedersachsen und der Einrichtung abgeschlossen wird. Erhöhungen der Entgeltverpflichtung für die Vergangenheit sind dabei ausgeschlossen."

Mit Bescheid vom 28. Dezember 2005 gab die Beklagte ein Kostenanerkenntnis für die Zeit ab 1. Januar 2005 bis auf weiteres ab. Dem Kläger werde Eingliederungshilfe gewährt. Die Kosten für den Aufenthalt würden nur in Höhe der vom Land Niedersachsen oder im Einvernehmen mit dem Land Niedersachsen bzw der örtlich und sachlich hierfür zuständigen Behörde vereinbarten oder festgesetzten Vergütung anerkannt. Tatsächlich werden seither für den Kläger Zahlungen an das Klinikum W unter Berücksichtigung eines Tagessatzes von 107,26 € erbracht. Der Kläger erhält den ihm zustehenden monatlichen Barbetrag.

Die eingeschränkte Vergütungsübernahme der Beklagten hat ihre Ursache in einer seit 1994 andauernden Auseinandersetzung zwischen der Klinikum W und dem Land Niedersachsen als überörtlichem Träger der Sozialhilfe über die Höhe der Pflegesätze. Auf Grund vorläufiger Vergütungsfestsetzungen der Schiedsstelle für das Land Niedersachsen und vorläufiger Vergütungsvereinbarungen zwischen dem Klinikum W und dem damals für das Land Niedersachsen dessen Aufgaben als überörtlicher Träger der Sozialhilfe wahrnehmenden Niedersächsischen Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben, denen Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vor dem Verwaltungsgericht Hannover und dem Niedersächsischen OVG vorausgegangen waren, haben die Träger der Sozialhilfe seit 1994 lediglich Abschläge gezahlt, ab dem 1. Januar 2003 in Höhe von täglich 107,26 €.

Der Widerspruch des Klägers richtet sich gegen die eingeschränkte Kostenübernahme; es sei der im Heimvertrag vereinbarte kalendertägliche Betrag von 134,86 € zu berücksichtigen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2006 wurde der Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen. Für den Zeitraum ab 1. Januar 2005 sei der zuletzt vorläufig vereinbarte Abschlagspflegesatz von 107,26 € als vorläufige Vergütung zu zahlen. Bei diesen Sozialhilfeleistungen handele es sich um Vorschüsse, wobei die Festlegung der Höhe nach dem pflichtgemäßen Ermessen entspreche. Eine endgültige Entscheidung über die Höhe der täglich zu leistenden Sozialhilfe werde getroffen, wenn abschließend über die Höhe der zu zahlenden Vergütung entschieden worden sei. Falls diese Vergütung höher sei als der jeweils gezahlte vorläufige Abschlag, werde der Differenzbetrag nachgezahlt.

Das Sozialgericht (SG) Hannover hat die am 5. April 2006 erhobene Klage mit Urteil vom 28. August 2006 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der geltend gemachte sozialhilferechtliche Bedarf bereits dadurch gedeckt worden sei, dass der Kläger tatsächlich im Langzeitbereich des Einrichtungsträgers untergebracht, versorgt und behandelt worden sei. Insoweit liege eine Sachleistung der Beklagten vor. Rechtliche Folge sei, dass die Frage der Entgeltzahlung allein im Verhältnis zwischen dem Sozialhilfeträger und dem Einrichtungsträger zu klären sei. Unbeschadet dieser Annahme könne die Klage auch ansonsten nicht erfolgreich sein, weil der einzelne Heimbewohner gegenüber dem Sozialhilfeträger keinen ungedeckten Bedarf habe, auch wenn er sich privatrechtlich gegenüber dem Einrichtungsträger verpflichtet habe, einen höheren Pflegesatz zu zahlen. Einem derartigen Anspruch steht die Regelung des § 93 Abs 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) bzw § 75 Abs 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) entg...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge