Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziales Entschädigungsrecht. Soldatenversorgung. Wehrdienstbeschädigung. Radarschaden. ursächlicher Zusammenhang. Bericht der Radarkommission. Phase 1 bis 1975. Fehlen verlässlicher Daten. kein Nachweis möglich. Erforderlichkeit einer qualifizierenden Erkrankung. Erkrankung durch ionisierende Strahlen. Strahlendosis. Kann-Versorgung
Orientierungssatz
1. Nach dem Bericht der Expertenkommission zur Frage der Gefährdung durch Strahlung in den früheren Radareinrichtungen der Bundeswehr und der NVA vom 2.7.2003 (Radarkommission) wird für die Phase 1, also bei qualifizierenden Tätigkeiten an Radargeräten der Bundeswehr bis zum Jahr 1975, eine zuverlässige oder auch nur obere Abschätzung der Exposition durch Röntgenstörstrahlung rückwirkend als nicht möglich erachtet, sodass ein Nachweis des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dieser Tätigkeit und dem Auftreten von späteren Erkrankungen mangels verlässlicher Daten- und Informationsbasis nicht geführt werden kann.
2. Ein ursächlicher Zusammenhang ist ohnehin nicht wahrscheinlich, wenn keine qualifizierende Krankheit geltend gemacht wird, die im Rahmen des Berichts der Radarkommission als mögliche Erkrankung durch Radarstrahlung diskutiert worden ist.
Normenkette
SVG § 81 Abs. 1, 6, § 85; SGB VII § 9; SGB X § 44 Abs. 1 S. 1, Abs. 4
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 21. Februar 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig sind die nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) festzustellenden Schädigungsfolgen sowie die Gewährung von Ausgleich nach § 85 SVG.
Der 1938 geborene Kläger gehörte in der Zeit vom 5. Januar 1960 bis zum 4. Januar 1972 der Bundeswehr an und war Soldat auf Zeit. Er arbeitete bei der Bundeswehr als Flugsicherungsradarmechaniker/-meister und war in dieser Funktion als Ausbilder tätig.
Am 31. März 1972 beantragte der Kläger beim Versorgungsamt Augsburg die Anerkennung einer “Stoffwechselerkrankung„ als Wehrdienstbeschädigung sowie die Gewährung von Versorgung nach dem SVG. Nach Einholung eines versorgungsärztlichen Gutachtens des Arztes für Innere Medizin Dr. I. vom 15. Dezember 1972 lehnte das Versorgungsamt Augsburg den Antrag mit Bescheid vom 12. Januar 1973 ab. Weder das Vorliegen einer Stoffwechselerkrankung noch einer Sarkoidose oder rheumatischen Gelenkerkrankung hätten sich im Rahmen der Untersuchung bestätigen lassen. Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch des Klägers wies das Landesversorgungsamt Bayern mit Widerspruchsbescheid vom 12. September 1974 als unbegründet zurück. Dieser Bescheid ist bestandskräftig geworden.
Mit von Amts wegen erlassenem, bestandskräftigem Bescheid vom 8. Oktober 1975 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 1976 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer bei dem Kläger bestehenden und inzwischen abgeklungenen “Lungensarkoidose „ als Folge einer Wehrdienstbeschädigung ab und gewährte dem Kläger wegen dieser Erkrankung in Anwendung des damaligen § 81 Abs. 4 Satz 2 SVG (sog. Kann - Versorgung) für die Zeit vom 1. Juli 1966 bis zum 31. Juli 1967 Ausgleich gemäß § 85 SVG. Wegen der außerdem beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen verwies sie auf den Ablehnungsbescheid des Versorgungsamtes Augsburg vom 12. Januar 1973.
Mit seinem an das Versorgungsamt Hannover gerichteten Antrag vom 20. Januar 2003 machte der Kläger erneut die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem SVG geltend. Zur Begründung führte er aus, dass sein Gesundheitszustand während seiner Tätigkeit bei der Bundeswehr häufig beeinträchtigt gewesen sei, was er auf die im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit erlittenen Strahleneinwirkungen zurückführe. Er bitte deshalb darum, die Erkrankungen während seiner Bundeswehrzeit von Amts wegen zu ermitteln und als Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen. Auch nach seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr 1972 sei er häufig an Stoffwechselstörungen, Schwindelattacken, Muskelschmerzen, Körpersteifigkeit, Schwellungen der Weichteile und Knochen, vegetativen Symptomen, Erschöpfungssymptomatik und Tinnitus erkrankt. Diese Erkrankungen seien ursächlich auf seine Tätigkeit bei der Bundeswehr und die dortigen Strahleneinwirkungen zurückzuführen. Das Versorgungsamt Hannover leitete den Antrag an die Beklagte weiter. Diese zog medizinische Unterlagen betreffend die vom Kläger genannten Gesundheitsstörungen bezogen auf den Zeitraum vom Diensteintritt bis zum Dienstzeitende bei. Mit Bescheid vom 12. Januar 2004 lehnte die Beklagte die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen “Stoffwechselstörungen, Schwindelattacken, Muskelschmerzen, Körpersteifheit, Schwellungen an Weichteilen und Knochen, vegetative Symptome, Erschöpfungssymptomatik und Tinnitus„ als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung i.S.d. § 81 SVG ab. Ein Anspruch auf Ausgleich nach § 85 SVG bestehe nicht. Zur Begründun...