Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. belegärztlich tätiger Nephrologe. keinen Anspruch auf Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst

 

Leitsatz (amtlich)

Belegärztlich tätige Nephrologen haben wegen der ihnen obliegenden Verpflichtungen im Rahmen des Dialysebereitschaftsdienstes keinen Anspruch auf Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst.

 

Tenor

Die Berufungen gegen die Urteile des Sozialgerichts Hannover vom 4. Mai 2011 werden zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des zweiten Rechtszuges jeweils zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für die früheren Verfahren L 3 KA 77/11 und L 3 KA 78/11 auf jeweils 5.000,-- Euro und für das verbundene Verfahren L 3 KA 77/11 auf 10.000,-- Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Befreiung der Kläger von der Verpflichtung zur Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst.

Die Kläger sind als Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die vertragsärztliche Tätigkeit üben die Kläger zusammen mit drei weiteren Nephrologen in der Organisationsform einer Gemeinschaftspraxis mit Praxissitz in L. sowie in einer Zweigpraxis in M. aus. Zugleich sind sie - ebenso wie ihre Gemeinschaftspraxispartner - als Belegärzte am G. in L. tätig.

Zusammen mit den Gemeinschaftspraxispartnern beantragten sie unter dem 27. November 2008 bei der Beklagten die Anerkennung des Bereitschaftsdienstes als fachärztlichen Bereitschaftsdienst sowie die Befreiung vom allgemeinen Bereitschaftsdienst. Die Ärzte wiesen darauf hin, dass sie bereits einen freiwilligen fachärztlichen nephrologischen Bereitschaftsdienst über 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr sicherstellen würden.

Mit ihren Bescheiden vom 25. Februar 2009 lehnte die Beklagte gegenüber den Klägern den Antrag ab. Die Beklagte wies darauf hin, dass dem Befreiungsantrag eines Nephrologen mit Dialysebetrieb nur dann stattzugeben sei, wenn dieser seine Dauerbereitschaftsverpflichtung nach der "Vereinbarung zur Ausführung und Abrechnung von Blutreinigungsverfahren (Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren ≪BlutreinigungsVf-VB≫)" allein versehe. Die Betreuung durch die Kläger könne jedoch nicht als besondere Verpflichtung angesehen werden, da diese die Betreuung jeweils zusammen mit ihren Gemeinschaftspraxispartnern durchführten. Nach § 8 Abs 5 der Bereitschaftsdienstordnung (BDO) der Beklagten entbinde ein freiwillig angebotener fachärztlicher Bereitschaftsdienst nicht von der Pflicht zur Teilnahme am allgemeinen Bereitschaftsdienst. Die beantragte Einrichtung eines fachärztlich-nephrologischen Bereitschaftsdienstes sei nach § 8 Abs 1 und 3 BDO abzulehnen, da im betroffenen Landkreis Emsland keine ausreichende Anzahl von Ärzten des Fachgebiets zur Verfügung stünde. Daher sei auch eine Befreiung vom allgemeinen Bereitschaftsdienst abzulehnen.

Die Widersprüche der Kläger vom 25. März 2009 wies die Beklagte jeweils mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 2009 zurück. Sie begründete dies insbesondere damit, dass durch die Tätigkeit der Kläger als Belegärzte am G. kein Tatbestand für die Befreiung von der Verpflichtung zur Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst erfüllt sei. Da an dem Belegarztkrankenhaus mehr als zwei nephrologische Belegärzte tätig seien, sei eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst allein wegen der Belegarzttätigkeit gemäß § 7 Abs 3 S 2 BDO ausgeschlossen. Es bestehe kein Anspruch auf die Einrichtung eines fachärztlichen Bereitschaftsdienstes, damit den Klägern eine Befreiung von der Verpflichtung zur Teilnahme am allgemeinen vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst erteilt werden könne. Es bestehe auch kein Bedarf für die Einrichtung eines fachärztlichen nephrologischen Bereitschaftsdienstes, weil jede Dialysepraxis bereits nach den BlutreinigungsVf-VB zur Vorhaltung eines Dialysebereitschaftsdienstes für die eigenen Patienten verpflichtet sei. Diese Verpflichtung bestehe unabhängig davon, ob ein fachärztlich-nephrologischer Bereitschaftsdienst öffentlich-rechtlich eingerichtet werde, sodass für die zusätzliche Einrichtung eines solchen Bereitschaftsdienstes kein Bedarf gesehen werden könne. Darüber hinaus sei vorliegend auch nicht die praktische Durchführung eines nephrologischen Bereitschaftsdienstes im Landkreis Emsland gewährleistet, weil hierfür nicht genügend Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie zur Verfügung stünden und von den Patienten zu weite Wegstrecken zurückzulegen wären. Sonstige schwerwiegenden Gründe iS von § 7 Abs 2 Buchst b BDO, die eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst rechtfertigen könnten, seien ebenfalls nicht gegeben. Von einer unzumutbaren Doppelbelastung könne allenfalls dann ausgegangen werden, wenn ausschließlich einer der Kläger eine Dialysepraxis betriebe und allein für die Notfallversorgung sorgen müsste.

Die Kläger haben - zunächst...

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