Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistung. Verzinsung einer Nachzahlung. fehlende Rechtsgrundlage. keine Anwendbarkeit des § 44 SGB 1 und des § 291 BGB. Verfassungsmäßigkeit. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 7 AY 2/18 R

 

Leitsatz (amtlich)

Leistungen nach dem AsylbLG unterliegen nicht der Verzinsung. Insoweit findet weder § 44 SGB I noch § 291 BGB - auch nicht anlog - Anwendung.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.10.2018; Aktenzeichen B 7 AY 2/18 R)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger zu 1 bis 3 gegen das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 8. April 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten für das Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Verzinsung von Leistungen nach dem AsylbLG im Streit. Das Berufungsverfahren betrifft noch einen Anspruch der Kläger zu 1 bis 3.

Die Kläger zu 1 und 2 sind die Eltern der 1985 und 1990 geborenen Kläger zu 3 und 4. Die Kläger, die nach ihren Angaben die algerische Staatsangehörigkeit haben, reisten 1992 nach Deutschland ein und halten sich seither ohne wesentliche Unterbrechung hier auf. Sie waren nach erfolgloser Durchführung von Asylverfahren im Besitz von Duldungen, die mit der Nebenbestimmung versehen waren, dass sie zur Wohnsitznahme in der Samtgemeinde I. im Kreisgebiet des Beklagten verpflichtet waren. In der Zeit von Juni 2009 bis Dezember 2011 bewohnten die Kläger zu 1, 2 und 4 eine Mietwohnung in der J. in I.; der Kläger zu 3 wohnte dort von Juni 2009 bis Juni 2011. Die monatliche Gesamtmiete belief sich auf 600,00 €, hiervon entfiel ein Betrag von 100,00 € auf die Heizkosten.

Die Kläger bezogen u.a. in den Jahren 2009 bis 2011 Leistungen nach dem AsylbLG, wobei die Leistungsbescheide bis 2009 von der namens und im Auftrag des Beklagten handelnden Samtgemeinde I. und ab 2010 vom Beklagten erlassen wurden. Die Kläger zu 1 bis 3 erhielten Grundleistungen nach § 3 AsylbLG, die Klägerin zu 4 sogenannte Analogleistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG. In der Zeit von Juni 2009 bis Dezember 2011 wurden im Rahmen der Leistungsgewährung Unterkunftskosten in Höhe von 445,00 € und Heizkosten in Höhe von 100,00 € berücksichtigt.

Im März 2013 stellten die Kläger einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X, mit dem sie geltend machten, dass in der Zeit in der Zeit von Juni 2009 bis Dezember 2010 zu geringe Unterkunftskosten berücksichtigt worden seien. Der Beklagte hob mit Bescheid vom 7. Mai 2013 die Leistungsbescheide für die Zeit von Juni 2009 bis Dezember 2010 teilweise auf und bewilligte der Klägerin zu 2 für diesen Zeitraum weitere Leistungen in Höhe von 178,99 €. Zur Begründung verwies er darauf, dass ein höherer Regelsatz zu berücksichtigen sei; die Anerkennung höherer Unterkunftskosten lehnte er ab. Mit weiterem Bescheid vom 7. Mai 2013 hob der Beklagte auch die Bescheide für die Zeit von Januar bis Dezember 2011 teilweise auf und bewilligte weitere Leistungen in Höhe von 410,47 €. Er stützte dies darauf, dass in dieser Zeit Unterkunftskosten in Höhe von 490,00 € zu berücksichtigen gewesen seien. Die Widersprüche der Kläger gegen beide Bescheide vom 7. Mai 2013 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. August 2013 zurück. Im anschließenden beim Sozialgericht (SG) Hildesheim geführten Klageverfahren (S 42 AY 86/13), in dem die Kläger einen Anspruch auf höhere Leistungen für die Zeit von Juni 2009 bis Dezember 2010 weiterverfolgten, erklärte sich der Beklagte bereit, Unterkunftskosten für die Zeit von Juni 2009 bis Dezember 2010 „im Wege der Regelung § 12 WoGG plus 10%“ zu übernehmen (Schriftsatz vom 20. Januar 2015). Die Kläger nahmen dies als Anerkenntnis an und erklärten den Rechtsstreit für erledigt (Schriftsatz vom 10. Februar 2015). Mit Bescheid vom 11. März 2015 hob der Beklagte den Bescheid vom 7. Mai 2013 und den Widerspruchsbescheid vom 8. August 2013 teilweise auf und bewilligte die Übernahme weiterer Unterkunftskosten für die Zeit von Juni 2009 bis Dezember 2010 in Höhe von 55,00 € monatlich, insgesamt somit 1.045,00 €.

Mit Schreiben vom 13. März 2015 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Kläger für diese die Verzinsung der sich aus dem Bescheid vom 11. März 2015 ergebenden Nachzahlung. Der Beklagte lehnte den Antrag mit an den Prozessbevollmächtigten gerichtetem Bescheid vom 2. Dezember 2015 ab. Es fehle an einer gesetzlichen Grundlage für eine Verzinsung, insbesondere sei § 44 SGB I nicht anwendbar. Den Widerspruch der Kläger wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2015 zurück.

Am 4. Januar 2016 haben die Kläger hiergegen beim SG Klage erhoben. Sie haben die Auffassung vertreten, dass die Nachzahlung nach § 44 SGB I oder §§ 288, 291 BGB zu verzinsen sei. Mit Urteil vom 8. April 2016 hat das SG der Klage der Klägerin zu 4 stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Klägerin zu 4 habe im streitigen Zeitraum einen Anspruch auf Analogleistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG gehabt, daher sei die auf sie entfallende Nachzahlung nach...

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