Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. psychiatrische Institutsambulanz. Ermächtigung zum Betrieb einer Außenstelle in den Räumlichkeiten eines anderen Krankenhauses. keine Ausweisung im Krankenhausplan als Standort einer psychiatrischen Abteilung erforderlich. Umfang der Bedarfsprüfung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Ermächtigung der Außenstelle einer psychiatrischen Institutsambulanz in den Räumlichkeiten eines anderen Krankenhauses ist nicht erforderlich, dass dieses Krankenhaus im Krankenhausplan selbst als Standort einer psychiatrischen Abteilung ausgewiesen ist.

2. Zum Umfang der Bedarfsprüfung gemäß § 118 Abs 4 SGB V.

 

Tenor

Die Berufung der Beigeladenen zu 1. und die Anschlussberufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 12. Februar 2020 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verpflichtet wird, über den Ermächtigungsantrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

Die Berufung der Beigeladenen zu 2. wird verworfen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin sowie (als Gesamtschuldnerinnen) die Beigeladenen zu 1. und zu 2. jeweils zur Hälfte mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 3. bis 7., die ihre Kosten selbst tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 40.000 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Ermächtigung einer psychiatrischen Institutsambulanz (PIA).

Die Klägerin ist Trägerin des I. Klinikums J. und des I. Klinikums K.. Das Klinikum J. ist seit 2012 mit 78 Planbetten in der Fachabteilung Psychiatrie und Psychotherapie sowie mit 23 teilstationären Plätzen in einer psychiatrischen Tagesklinik in den Niedersächsischen Krankenhausplan aufgenommen (Bescheid des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration vom 22. Dezember 2011). Das Klinikum K. wurde mit Bescheid des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vom 23. Dezember 2015 mit Wirkung vom 1. Januar 2016 in den Niedersächsischen Krankenhausplan aufgenommen, verfügt im Bereich Psychiatrie aber weder über entsprechende Planbetten noch über teilstationäre Behandlungsplätze. Das I. Klinikum J. betreibt außerdem ein PIA und ist hierzu gemäß § 118 Abs 2 S 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ermächtigt.

Am 1. Juli 2016 beantragte die Klägerin die Ermächtigung zum Betrieb einer PIA gemäß § 118 Abs 4 SGB V (Antragsschreiben vom 24. Juni 2016). Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, in der PIA würden Patienten mit dem Ziel therapiert, stationäre Behandlungen zu vermeiden und zu verkürzen, wobei wichtigster Bestandteil der Versorgung die Behandlung schwerstkranker „nicht wartezimmerfähiger“ Patienten, die Sicherstellung deren Behandlungskontinuität und die Vermeidung erneuter Krankheitsepisoden und stationärer Aufenthalte sei. Im Landkreis J. bestehe ein Versorgungsbedarf für ca 7.000 Patienten, wobei die PIA im I. Klinikum J. im Jahr 2015 4.500 Patienten behandelt habe. Dabei hätten Patienten aus dem Raum K. naturgemäß einen deutlich schwereren Zugang zum Angebot der Klägerin, da sie aufgrund der Schwere der Krankheitsbilder eingeschränkt mobil seien und den Weg in die L. Institutsambulanz nur bedingt antreten könnten.

Der Zulassungsausschuss J. befragte fünf in K. bzw in J. niedergelassene vertragsärztliche Psychiater bzw Kinder- und Jugendpsychiater, ob sie die im Antrag aufgeführten Leistungen gegenwärtig bzw künftig erbrächten und ob sie insoweit freie Kapazitäten hätten. Vier von ihnen teilten mit, sie hielten eine Verbesserung der psychiatrischen Versorgung für erforderlich.

Der Zulassungsausschuss J. lehnte den Antrag mit Beschluss vom 17. August 2016 ab. Da in der Anlage zum Feststellungsbescheid vom 22. Dezember 2011 über die Aufnahme des I. Klinikums J. in den Krankenhausplan der geplante Standort in K. nicht als Standort für eine PIA aufgeführt sei, handele es sich bei dem geplanten Standort nicht um eine Einrichtung des Krankenhauses iSd § 118 Abs 4 SGB V. Eine Ermächtigung für Außenstellen für PIA nach § 118 Abs 4 SGB V könne nur an Standorten erfolgen, die auch planungsrechtlich dem konkreten Krankenhaus zugeordnet seien.

Gegen den ihr am 29. September 2016 zugegangenen Beschluss legte die Klägerin am 31. Oktober 2016 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie ua anführte, die Ausweisung einer Ermächtigungsambulanz sei nicht Bestandteil der Krankenhausplanung und könne deshalb nicht in einem Feststellungsbescheid Erwähnung finden.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Beschluss vom 22. Februar 2017 (abgesandt am 11. April 2017) zurück. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erteilung einer Ermächtigung für die Errichtung einer Außenstelle der PIA des I. Klinikums J. am Standort des Krankenhauses in K.. Unter einer PIA seien psychiatrische Krankenhäuser nach § 118 Abs 1 und Allgemeinkrankenhäuser mit selbstständigen psychiatrischen Abteilungen nach § 118 Abs 2 SGB V zu verstehen. B...

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