nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Hannover (Entscheidung vom 12.04.2000; Aktenzeichen S 10 KA 802/97)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 12. April 2000 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten aus beiden Rechtszügen.

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Befreiung vom Teilbudget "Gesprächsleistungen."

Die Kläger sind als Fachärzte für Allgemeinmedizin mit den Zusatzbezeichnungen Chirotherapie und Homöopathie in K. zu vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im ersten Quartal 1996 rechneten sie gegenüber der Beklagten bezogen auf die EBM-Nummern 10, 11, 17, 18, 42 und 851 (Gesprächsleistungen) insgesamt 541.777,6 Punkte ab. Auf die EBM-Nr. 851 entfielen dabei 55.874,9 Punkte. Bezogen auf 100 Fälle rechneten die Kläger die EBM-Nr. 851 insgesamt 14,65 mal ab. Die verfeinerte Vergleichsgruppe rechnete diese EBM-Nr. bezogen auf 100 Fälle 8,17 mal ab.

Mit Schreiben vom 4. November 1996 beantragten die Kläger, eine Befreiung von dem Teilbudget Gesprächsleistungen und erläuterten zur Begründung, dass sie seit vielen Jahren in ihrer Praxis weit überdurchschnittlich viele Patienten mit psychosomatischen Beschwerden und Krankheiten behandelten, die ihren Ursprung in psychischer Dysbalance hätten. Sie hätten die Genehmigung, neben den Gesprächen Kriseninterventionen, Biofeedback pp. sowie Autogenes Training durchzuführen. Aus den Abrechnungsstatistiken ergäbe sich, dass sie diese Ziffern weit öfter als der FG-Durchschnitt abrechneten.

Mit Bescheid vom 23. Januar 1997 lehnte die Bezirksstelle K. der Beklagten den Antrag mit der Begründung ab, die Voraussetzungen nach Punkt 4 der Vereinbarung zur Weiterentwicklung der Reform des EBM seien im Falle der Kläger nicht gegeben, weil sie keinen entsprechenden Versorgungsschwerpunkt im ersten Quartal 1996 aufgewiesen hätten. Nach ihrer Richtlinie vom 13.11.1996 sei dafür erforderlich, dass die Häufigkeit der GO-Nr. 851 bezogen auf 100 Fälle über dem zweifachen des verfeinerten Vergleichsgruppendurchschnitts liege. Dieses sei unter Berücksichtigung des maßgeblichen Abrechnungsergebnisses im ersten Quartal 1996 nicht der Fall gewesen. Mit ihrem Widerspruch vom 21. Februar 1997 machten die Kläger geltend, dass die der Entscheidung der Beklagten zu Grunde liegende Richtlinie vom 13. November 1996 bereits deshalb rechtswidrig sei, weil mit dem ersten Quartal 1996 nur eine unzureichende Vergleichsgrundlage herangezogen worden sei. Es sei mindestens erforderlich, drei Quartale eines Abrechnungsjahres heranzuziehen, um einen Versorgungsschwerpunkt hinreichend feststellen zu können.

Nachdem die Bezirksstelle K. der Beklagten dem Widerspruch unter dem 3. Juli 1997 nicht stattgab, leitete diese den Widerspruch an die Hauptstelle der Beklagten weiter. Der Vorstand der Beklagten wies den Widerspruch der Kläger mit Beschluss vom 10. September 1997 zurück. Zwar sei zu Gunsten der Kläger von einem Sicherstellungsbedarf in Bezug auf die abgerechneten Leistungen auszugehen, indessen sei der erforderliche Versorgungsschwerpunkt im Rahmen der ausgeübten Praxis nicht gegeben. Ein derartiger Versorgungsschwerpunkt sei anzunehmen, wenn der Anteil der angeforderten Punktzahlen der GO-Nr. 851 an den Leistungsanforderungen aller teilbudgetierten Leistungen nach 5.6.1 der Allgemeinen Bestimmungen A. I. des EBM 20 % oder mehr betrage oder die Häufigkeit der GO-Nr. 851 bezogen auf 100 Fälle über dem zweifachen des verfeinerten Vergleichsgruppendurchschnitts liege. Als Bezugsquartal diene das erste Quartal 1996. Der Anteil der von den Klägern angeforderten Punkte zur GO-Nr. 851 an den Leistungsanforderungen aller teilbudgetierter Leistungen nach Ziffer 5.6.1 EBM-Ä habe indessen nur 10.31 % betragen und die Abrechnungshäufigkeit der GO-Nr. 851 bezogen auf 100 Fälle habe mit 14,65 nur 1,79-fach über dem der verfeinerten Vergleichsgruppe von 8,17 gelegen. Damit sei ein Versorgungsschwerpunkt eindeutig nicht zu erkennen.

Gegen diesen ihren Bevollmächtigten am 21.Oktober 1997 zugestellten Bescheid haben die Kläger am 12. November 1997 rechtzeitig Klage erhoben. Sie haben geltend gemacht, das Quartal I/1996 sei für sie atypisch verlaufen, weil sie auf Grund der veränderten gesetzlichen Bestimmungen viel Zeit mit Verwaltungstätigkeiten verbracht hätten. Für die Ermittlung des Versorgungsschwerpunktes sei es darüber hinaus erforderlich, nicht nur ein Quartal heranzuziehen, sondern mehrere Quartale des Abrechnungsjahres. Ferner gebe es für die in der Richtlinie festgesetzte Grenze von 20 % der angeforderten Punktzahlen keine Ermächtigungsgrundlage.

Das SG hat der Klage durch Urteil vom 12. April 2000 stattgegeben, die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben und diese zur Neubescheidung der Kläger verurteilt. Nach der Rechtsprechung des BSG sei davon auszugehen, dass die im EBM-Ä zum 1. Juli 1996 eingeführten Teilbudgets auf einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage beruhte...

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