nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Hannover (Entscheidung vom 29.03.2000; Aktenzeichen S 24 KA 8/98) |
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 29. März 2000 und der Bescheid der Beklagten vom 23. Juni 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04. Dezember 1997 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, über den Antrag des Klägers auf Befreiung von dem Teilbudget "Verbände, Injektionen, Punktionen und Anästhesien zur Schmerztherapie" unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates erneut zu entscheiden. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers aus beiden Rechtszügen. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt eine Befreiung vom Teilbudget "Verbände, Injektionen, Punktionen und Anästhesien zur Schmerztherapie" (Allgemeine Bestimmungen A I Ziff. 5.7.1 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes - EBM - in der zum 01. Juli 1996 in Kraft getretenen Fassung) und zwar für die Quartale III/1996 - II/1997.
Der Kläger ist als Facharzt für Orthopädie mit dem Schwerpunkt Rheumatologie und der Zusatzbezeichnung Physikalische Therapie in I. niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Im Quartal III/96 rechnete er insgesamt 2.284.828,9 Punkte ab, von denen auf die dem vorstehend genannten Teilbudget unterfallenden Leistungen insgesamt 774.880 Punkte entsprechend 33,91 % der abgerechneten Gesamtpunktzahl, entfielen. Von diesen teilbudgetrelevanten abgerechneten Punkten von insgesamt 774.880 konnten unter Berücksichtigung der Teilbudgetregelungen lediglich 222.750 vergütet werden.
Den im Mai 1997 vom Kläger gestellten Antrag auf Befreiung von der Teilbudget-regelung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Juni 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04. Dezember 1997 mit der Begründung ab, dass es an dem erforderlichen Sicherstellungsbedürfnis fehle. Im Planungsbereich sei die Versorgung der Patienten mit den vom Teilbudget 5.7.1 erfassten Leistungen sowohl quantitativ als auch qualitativ flächendeckend sichergestellt.
Mit der am 06. Januar 1998 erhobenen Klage hat der Kläger insbesondere geltend gemacht, dass unter Zugrundelegung der Argumentation der Beklagten in ganz Niedersachsen kein Raum für die Annahme eines Sicherstellungsbedürfnisses und damit für eine Ausnahme von den Teilbudgetvorschriften anzunehmen sei, da sich letztlich überall noch ein anderer Arzt feststellen lasse, der die fraglichen Leistungen erbringen könne.
Mit Urteil vom 29. März 2000, dem Kläger zugestellt am 15. Mai 2000, hat das Sozialgericht Hannover die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es dargelegt, dass der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Befreiung von dem Teilbudget 5.7.1 habe. Zwar sei bei ihm der erforderliche Versorgungsschwerpunkt zu bejahen, es fehle jedoch an der weiter erforderlichen Voraussetzung eines Sicherstellungs-bedarfes. Diesbezüglich seien nach den Verwaltungsrichtlinien der Beklagten die Kriterien heranzuziehen, die auch bei der Prüfung einer Ermächtigung maßgeblich seien. In der Stadt Oldenburg gebe es jedoch eine Vielzahl weiterer Orthopäden, die die vom Kläger erbrachten Leistungen ebenfalls abrechnen würden.
Mit seiner am 15. Juni 2000 eingelegten Berufung hebt der Kläger hervor, dass es sich bei dem Merkmal des Sicherstellungsbedarfes um einen unbestimmten Rechtsbegriff handele, bei dessen Prüfung der Beklagten ein Beurteilungs-spielraum zukomme. Die Beklagte habe namentlich eine nähere Prüfung unterlassen, ob bei den weiteren in Betracht kommenden orthopädischen Praxen in I. überhaupt hinreichend große freie Behandlungskapazitäten für eine Übernahme der vom Kläger versorgten Patienten vorhanden seien.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 29. März 2000 und den Bescheid der Beklagten vom 23. Juni 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04. Dezember 1997 aufzuheben und
2. die Beklagte zu verurteilen, über seinen Antrag auf Befreiung von dem Teilbudget "Verbände, Injektionen, Punktionen und Anästhesien zur Schmerztherapie" unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte interpretiert das Urteil des Bundessozialgerichts vom 06. September 2000 (B 6 KA 40/99 R SozR 3-2500 § 87 SGB V Nr. 26), dahingehend, dass bei der Prüfung des Vorliegens eines Versorgungsschwerpunktes und der aus ihrer Sicht weiter erforderlichen deutlichen Abweichung von der Typik der Fachgruppe jeweils die Abrechnungshäufigkeiten der einzelnen Leistungen in einer wertenden Gesamtschau zu berücksichtigen seien. Diese Gesamtschau ergebe im vorliegenden Fall, dass der Kläger nur bei einzelnen im Abschnitt D I des EBM erfassten Leistungen die Abrechnungshäufigkeiten der verfeinerten Vergleichsgruppe nachhaltig überschritten habe, wohingegen bei anderen Leistungen Unterschreitungen festzustellen seien. Vor diesem Hintergrund lasse sich der erforderliche Versorgungsschwerpunkt nicht feststellen.
Ergänzend hat die Beklagte in...