Rechtskraft: nein
Entscheidungsstichwort (Thema)
Sperrzeit. 2) Sperrzeitdauer, schuldhaft verursachte Arbeitslosigkeit
Orientierungssatz
Für Fälle der Bagatellarbeitslosigkeit, in denen die schuldhaft verursachte Arbeitslosigkeit durch Arbeitsaufgabe unterhalb von drei Wochen liegt, tritt eine „gleitende” Sperrzeit ein, also eine Sperrzeitdauer im Umfang der verursachten Arbeitslosigkeit.
Normenkette
SGB III § 144 Abs. 3 S. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
SG Aurich (Urteil vom 31.10.2001; Aktenzeichen S 5 AL 19/00) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Sozialgerichts Aurich vom31. Oktober 2001 wird zurückgewiesen.
Der Urteilsausspruch des Sozialgerichts wird klarstellend ergänzt:
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger auf seinen Antrag vom 1. Juli 1999 Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 10. bis 21. August 1999 zu gewähren.
Die Beklagte trägt die zweitinstanzlich angefallenen außergerichtlichen Kosten des Klägers. Für das Verfahren im ersten Rechtszug verbleibt es bei der Kostenentscheidung des Sozialgerichts.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wandte sich gegen den Eintritt einer dreiwöchigen Sperrzeit vom 1. bis 21. August 1999. Er begehrte die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) auch für diesen Zeitraum. Durch das sozialgerichtliche Urteil wurde Alg ab dem 10. August 1999 zugesprochen. Dagegen wendet die Beklagte sich mit ihrer Berufung.
Der im April 1960 geborene Kläger nahm vom 1. April 1996 bis zum 31. März 1998 an einer von der Beklagten geförderten beruflichen Bildungsmaßnahme zum staatlich geprüften Heilerziehungshelfer teil. Auf seine Meldung erhielt der Kläger Alg ab 1. April 1998 (für 364 Anspruchstage, Bescheid vom 18. Mai 1998). Ab dem 4. Mai bis 24. Juli 1998 befand der Kläger sich in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis mit anschließendem Bezug von Alg (Restanspruch 331 Tage, Bescheid vom 5. August 1998).
Für die Zeit vom 10. August 1998 bis zum 9. August 1999 schloss der Kläger einen Praktikantenvertrag vom 10. Juni 1998 mit der Stadt G. an der H. ab, um die staatliche Anerkennung als Heilerziehungspfleger zu erhalten. Dieses Beschäftigungsverhältnis, welches durch die Befristung am 9. August 1999 enden sollte, wurde einvernehmlich (Schreiben des Klägers vom 4. Juni 1999, Zustimmung der Stadt vom 16. Juli 1999) zum 31. Juli 1999 auf Wunsch des Klägers beendet.
Der Kläger meldete sich am 1. Juli 1999 bei der Beklagten und begehrte Leistungsgewährung. Den ausgefüllten Antrag legte er am 11. August 1999 vor. Nach der Arbeitsbescheinigung der Stadt G. vom 5. August 1999 war der Kläger vom 10. August 1998 bis zum 31. Juli 1999 als Heilerziehungspfleger im Anerkennungsjahr beschäftigt worden. In der Zeit von August 1998 bis Juli 1999 erzielte der Kläger danach ein Bruttoarbeitsentgelt von insgesamt 24.995,71 DM bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 38,5 Stunden in der Woche.
Der Kläger gab zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses an, dass eine Übernahme nicht möglich gewesen sei. Zur vorzeitigen Beendigung führte er Folgendes aus:
„Der befristete Arbeitsvertrag (ursprünglich bis 09.08.99) ist zum 31.07.1999 aufgelöst worden, um die Arbeitsmarkchancen zu erhöhen. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass die Arbeitgeber wenn, dann zum 1. eines Monats jemanden einstellen. Der befristete Vertrag sollte bis zum 09.08.1999 gehen, was zum damaligen Zeitpunkt bedeutete, dass eine Arbeitslosigkeit auf jeden Fall vorprogrammiert war. Um dieses zu vermeiden, wurde besprochen, dass diese 9 Tage des Anerkennungsjahres mir erlassen würden.”
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 17. August 1999 den Eintritt einer dreiwöchigen Sperrzeit vom 1. bis 21. August 1999 fest. Während dieser Zeit ruhe der Anspruch auf Alg. Leistungen erhalte der Kläger nach Ablauf der Sperrzeit. Der Kläger habe das Beschäftigungsverhältnis zum 31. Juli 1999 selbst aufgeben. Er habe voraussehen müssen, dass er dadurch arbeitslos werde. Die Anspruchsdauer mindere sich um 21 Tage. Der Kläger legte Widerspruch mit der Begründung ein, dass es ihm trotz intensiver Bemühungen nicht vergönnt gewesen sei, eine Anschlussarbeitsstelle zum 1. August 1999 zu finden. Die Dauer der Sperrzeit sei zu lang. Wäre das Arbeitsverhältnis nicht vorzeitig aufgelöst worden, wäre Arbeitslosigkeit ab 10. August 1999 eingetreten. Es sei nicht nachvollziehbar, warum er – der Kläger – bis zum 21. August 1999 keine Leistungen erhalten solle. Eine Sperrzeit könne allenfalls für die Zeit bis zum 9. August 1999 festgestellt werden. Konkrete Aussichten auf einen Arbeitsplatz zum 1. August 1999 hätten nicht bestanden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 1999 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis selbst durch Abschluss des Aufhebungsvertrages ohne wichtigen Grund gelöst. Denn zum Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages habe der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen keine konkreten Aussichte...