Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattung im Vorverfahren. Erfolg des Widerspruchs. Kausalität zwischen Widerspruch und abhelfender Entscheidung. Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts
Leitsatz (amtlich)
Für die Beantwortung der Frage, ob der Widerspruch erfolgreich im Sinne des § 63 SGB 10 war, kommt es nicht auf eine kausale Verknüpfung zwischen Widerspruch und Abhilfeentscheidung an (Abgrenzung zu: BSG vom 21.7.1992 - 4 RA 20/91 = SozR 3-1300 § 63 Nr 3; BSG vom 29.1.1998 - B 12 KR 18/97 R = SozR 3-1500 § 144 Nr 13). Deshalb hat eine Kostenerstattung auch zu erfolgen, wenn die Abhilfe auf einer zwischenzeitlich eingetretenen Rechtsänderung zu Gunsten des Widerspruchsführers beruht.
Orientierungssatz
Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts ist notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen, nicht rechtskundigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte, weil ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erkenntnisstand sich bei der gegebenen Sach- und Rechtslage eines Rechtsanwalts bedient hätte. Hierfür kann insbesondere eine besonders schwierig zu beurteilende Sach- und Rechtslage ausschlaggebend sein.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 13. März 2006 und der Beschluss des Beklagten vom 03. September 2003 aufgehoben.
Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen in den Verfahren BA 92/2001 und BA 11/2001 zu erstatten und die Zuziehung eines Rechtsanwalts als notwendig zu bestimmen.
Der Beklagte trägt die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 3.116,02 € festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Erstattung der Kosten des Vorverfahrens.
Der Kläger nimmt als Facharzt für Innere Medizin mit Teilgebietsbezeichnung Nephrologie an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Seit Mai 2001 betrieb er mit dem Internisten Dr. F. eine Gemeinschaftspraxis in Gestalt einer sogenannten Job-Sharing-Praxis. Erstmals am 20. Oktober 2000 beantragte er die Gewährung einer vollen Zulassung im Wege des Sonderbedarfs.
Gleichzeitig beantragten der Kläger und sein Praxispartner Dr. G. die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit als Fachärzte für Innere Medizin - Nephrologie - in H.. Mit Beschlüssen vom 9. November 2000 lehnte der Zulassungsausschuss Braunschweig die Anträge ab. Hiergegen legte der Kläger jeweils Widerspruch ein.
Unter dem 26. April 2001 stellte der Kläger einen (erneuten) Antrag auf Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit im Wege des Sonderbedarfs als Facharzt für Innere Medizin - Nephrologie - in H., den der Zulassungsausschuss mit Beschluss vom 17. Mai 2001 ablehnte. Die Voraussetzungen einer Zulassung im Wege des Sonderbedarfs nach Nr. 24 der Bedarfsplanungs-Richtlinie lägen nicht vor. Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch trug der Kläger vor, dass gerade die Notwendigkeit nach der Qualitätsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren, einen zweiten Arzt in der Gemeinschaftspraxis beschäftigen zu müssen, einen Sonderbedarf indiziere, der überdies dauerhaft sei. Die der Gemeinschaftspraxis erteilte Genehmigung für die Errichtung einer LC-Dialyse in I. könne den Sicherstellungsbedarf nicht abdecken, da lediglich 10 bis 20 % der Patienten LC-dialysefähig seien. Auch sei nicht zu erwarten, dass sich in absehbarer Zeit in I. -Stadt ein Nephrologe niederlasse, zumal nach der Ankündigung der Krankenkassen, das Vergütungssystem im Bereich der Sachkosten der Dialyse weiter zu pauschalieren mit der Folge einer massiven Honorareinbuße.
Mit Wirkung zum 1. Juli 2002 wurde § 24 der Bedarfsplanungs-Richtlinie um den Buchstaben e ergänzt, wonach die Voraussetzungen für eine Ausnahme gegeben sind, wenn durch die Kassenärztliche Vereinigung zur Sicherstellung der wohnortnahen Dialyseversorgung einem Vertragsarzt (Nr.1) oder aufgrund der Qualitätsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren gemäß § 135 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) einem weiteren Arzt in der Dialysepraxis (vgl. § 7 Abs. 1 und 2 der Anlage 9.1 der Bundesmantelverträge) (Nr. 2) die Genehmigung zur Durchführung eines Versorgungsauftrags für die nephrologische Versorgung der von einer chronischen Niereninsuffizienz betroffenen Dialyseleistungen gemäß § 2 Abs. 7 der Bundesmantelverträge erteilt werden soll, der Zulassung jedoch Zulassungsbeschränkungen für die Zulassung von Fachärzten für Innere Medizin zur Teilnahme an der fachärztlich internistischen Versorgung entgegen stehen.
Mit Beschluss vom 7. August 2002 (BA 92/2001) hob der Beklagte den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 17. Mai 2001 auf und ließ den Kläger mit Wirkung zum 1. Oktober 2002 wegen Sonderbedarfs nach Nr. 24 e der Bedarfsplanungs-Richtlinie als Facharzt für Innere Medizin - Nephrologie - in H. z...