nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Stade (Entscheidung vom 11.07.2000; Aktenzeichen S 7 U 26/99)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 11. Juli 2000 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule (LWS) durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten sowie durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung (Berufskrankheit - BK - Nr. 2108 der Anlage - Anl. - zur Berufskrankheiten-Verordnung - BKV -) leidet.

Der 1957 geborene Kläger war nach seiner Ausbildung, die er in den Jahren 1972 bis 1976 absolvierte, als Betonbauer beschäftigt. Seit ungefähr dem Jahr 1986 leidet er unter Rückenschmerzen (Befundbericht der Fachärztin für Neurologie C. vom 23. September 1997). In der Computertomographie wurde ein Bandscheibenvorfall L 4/L 5 festgestellt (Arztbrief des Dr. D. vom 10. Juni 1996). Aus der medizinischen Rehabilitation (Reha) in der Parkklinik E. wurde der Kläger im Dezember 1996 für die Tätigkeit eines Betonbauers als arbeitsunfähig entlassen (ärztlicher Entlassungsbericht vom 09. Dezember 1996). Dr. F. erstattete die ärztliche Anzeige über eine BK vom 03. Juli 1997. In ihr führte er einen berufsbedingten Wirbelsäulenschaden auf Schwerarbeit mit Bücken sowie Heben und Tragen zurück. Die Beklagte zog medizinische Unterlagen bei und holte die Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes vom 21. Januar 1998 ein. Nach ihrer Auswertung gelangte sie zunächst zu dem Ergebnis, dass unter Berücksichtigung der Dokumentation des Belastungsumfanges Beton- und Stahlbetonbauer die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Entstehung einer BK erfüllt seien (Aktenvermerk vom 28. Januar 1998). Demgegenüber hielt sie im Aktenvermerk vom 29. Juni 1998 die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht für erfüllt, weil die Langjährigkeit nicht gegeben sei und legte die Akten dem Gewerbeärztlichen Dienst im Niedersächsischen Landesamt für Ökologie vor. Frau Dr. G. hielt eine BK für gegeben: Die arbeitstechnischen Voraussetzungen seien erfüllt, ein Bandscheibenschaden sei nachgewiesen und es bestehe eine über ein Jahr andauernde Arbeitsunfähigkeit. Der Aktenvermerk vom 29. Juni 1998 sei nicht nachzuvollziehen, weil der Kläger über 10 Berufsjahre die belastende Tätigkeit ausgeübt habe. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 26. Oktober 1998 die Anerkennung einer BK ab. Der Kläger habe die berufliche Tätigkeit nicht langjährig ausgeübt. Langjährig bedeute, dass 20 Berufsjahre vor erstmaligem Auftreten der Erkrankung als untere Grenze der belastenden Tätigkeit erfüllt sein müssten. Der Widerspruch wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 1999).

Auf die rechtzeitig erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Stade das orthopädische Gutachten des Prof. Dr. H. vom 27. Mai 1999 und die ergänzende Stellungnahme vom 29. Juni 1999 eingeholt. Der Sachverständige sah auf den im Mai 1999 gefertigten Röntgen-aufnahmen in den Segmenten L 3 bis S 1 geringgradige spondylotische Veränderungen. Die Zwischenwirbelräume der Segmente L 3/L 4, L 4/L 5 und L 5/S 1 seien mäßiggradig erniedrigt, wobei das mittlere Segment am deutlichsten betroffen sei. In diesem Segment bestünden auch osteochondrotische Veränderungen der Grund- und Deckplatte. Des Weiteren liege eine mäßiggradige Spondylarthrose vor. Prof. Dr. H. hielt sowohl die arbeitstechnischen als auch die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK für erfüllt. 10 Berufsjahre vor Auftreten der ersten Wirbelsäulenbeschwerden erfüllten das Kriterium der Langjährigkeit. In den Segmenten L 3/L 4, L 4/L 5 und L 5/S 1 bestünden bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS, die sich jedoch zur Zeit nur wenig auswirkten. Es bestehe nur eine geringgradige Einschränkung der Beweglichkeit der LWS ohne wesentliche lokale Empfindlichkeit und ohne neurologische Ausfälle. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit schätzte der Sachverständige auf 10 vom Hundert. Des Weiteren hat das SG das in dem Rechtsstreit des Klägers gegen die LVA Hannover erstattete orthopädische Gutachten des Dr. I. vom 22. Juli 1999 beigezogen. Die Beklagte hat die beratungsärztliche Stellungnahme der Ärztin für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. J. vom 30. April 2000 vorgelegt und in der mündlichen Verhandlung am 11. Juli 2000 das von dem erkennenden Senat in einem anderen Rechtsstreit eingeholte orthopädische Sachverständigengutachten des Dr. Schröter vom 17. November 1999 überreicht. Das SG hat durch Urteil vom 11. Juli 2000 den Bescheid der Beklagten aufgehoben und eine BK nach Nr. 2108 der Anl. zur BKV festgestellt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger erfülle die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK und es spreche aus medizinischer Sicht mehr für als gegen eine berufliche Verursachung. Nach der zur Zeit herrschenden orthopädisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung sei eine berufl...

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