Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Arbeitslosigkeit. alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. selbständige Tätigkeit. Organstellung. kurzzeitige Beschäftigung. Natur der Sache

 

Orientierungssatz

1. Ein alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, der die Rechtsmacht hat - unabhängig von ihrer Ausübung -, ist selbst dann selbständig unternehmerisch iS von § 101 Abs 1 AFG tätig, wenn unternehmerisches Handeln überhaupt nicht von ihm selbst, sondern allein von zu diesem Zweck beschäftigten Dritten ausgeübt wird.

2. Die einem GmbH-Geschäftsführer gesetzlich auferlegten Pflichten, die aus seiner Organstellung folgen, führen dazu, dass die Funktion des Geschäftsführers auch ausgeübt werden muss und somit keine faktische Untätigkeit vorliegt.

3. Es ist typisch für die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit, dass sich diese nicht innerhalb eines festen Zeitrahmens vollzieht, sondern diese ist üblicherweise auf einen möglichst großen Umfang angelegt, um den Erfolg eines Unternehmens sicherzustellen. Daher liegt es iS von § 102 Abs 1 S 1 AFG in der Natur der Sache, dass die selbständige Tätigkeit eines alleinigen Gesellschafters und Geschäftsführer einer GmbH nicht auf weniger als 18 Stunden wöchentlich beschränkt ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.10.2007; Aktenzeichen B 11a AL 25/06 R)

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich in einem Verfahren nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) mit Wirkung ab 3. Januar 1997 und verlangt hilfsweise die Erstattung der im Zeitraum von Mai 1994 bis November 1996 gezahlten Arbeitnehmerbeiträge zur Arbeitslosenversicherung.

Die ... 1965 geborene Klägerin (verheiratet, zwei 1990 und 1996 geborene Kinder) war ab 1. Januar 1985 bis 31. Juli 1988 bei der Fenster-Türen-Fabrik S GmbH in S zunächst als Auszubildende und danach als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Geschäftsführer dieser Firma war ihr Vater, ihre Mutter war dort als Buchhalterin beschäftigt. Ab 1. August bis 31. Dezember 1988 besuchte sie die Fachoberschule. Von August 1990 bis 22. Februar 1992 bezog sie Erziehungsgeld. Mit Wirkung ab 23. Februar 1992 bis 30. November 1996 war sie wiederum in der Firma S GmbH zuletzt als Produktionsleiterin beschäftigt.

Durch notariellen Vertrag vom 4. November 1992 gründete sie die E GmbH, deren alleinige Gesellschafterin die Klägerin war. Geschäftsführerin war zunächst Frau G R und ab 20. April 1994 die Klägerin selbst. Sitz der Gesellschaft ist S (§ 1 des Gesellschaftsvertrags). Gegenstand des Unternehmens ist der Handel und die Montage von Bauelementen aller Art (§ 2).

Die Klägerin meldete sich am 3. Januar 1997 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Hinsichtlich ihrer Arbeitslosigkeit und Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung gab sie unter anderem an, dass sie keine selbstständige Tätigkeit oder Nebenbeschäftigung ausübe. Ihre Vermittlungsfähigkeit beschränkte sie allerdings wegen der Betreuung ihrer Kinder auf 20 Stunden wöchentlich. Daraufhin bewilligte die Beklagte der Klägerin durch Bescheid vom 25. April 1997 Alg mit Wirkung ab 3. Januar 1997 für eine Anspruchsdauer von 312 Tagen nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 920,00 DM in Höhe von 442,80 DM wöchentlich, 73,80 DM täglich, Leistungsgruppe C, 1 Kindermerkmal auf der Lohnsteuerkarte eingetragen, erhöhter Leistungssatz.

In einer internen Stellungnahme einer Beschäftigten der Nebenstelle S des Arbeitsamts Hameln vom 29.10.1998 teilte diese u. a. mit, dass die Klägerin regelmäßig seit mehreren Jahren in der Nebenstelle S als Geschäftsführerin der Fa. E Vermittlungsaufträge, überwiegend für Holzmechaniker erteilt habe. Sie habe sich am 03.01.1997 bei einem Beschäftigten der Nebenstelle arbeitslos gemeldet, der sie nicht gekannt habe. Erst anlässlich einer Einladung am 21.07.1997 sei über das Problem der weiter bestehenden Geschäftsführung gesprochen worden.

Die Beklagte stellte ihre Leistungen am 23. Juli 1997 ein.

Die Klägerin hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung bei der Erörterung dieses Vermerks erklärt, dass sie die Vermittlungsaufträge als Beschäftigte der S GmbH erteilt habe. Diese Firma habe Holzmechaniker beschäftigt, die E B GmbH sei selbst nicht im produzierenden Bereich tätig gewesen.

Durch Bescheid vom 2. Oktober 1998 nahm die Beklagte ihre Entscheidung über die Bewilligung von Alg mit Wirkung ab 3. Januar 1997 gemäß § 45 SGB X in vollem Umfang nach vorheriger Anhörung zurück, weil die Klägerin wegen ihrer Stellung als alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Firma E GmbH nicht arbeitslos sei und daher keinen Anspruch auf Alg habe. Diesen Umstand habe sie der Beklagten bei Antragstellung nicht mitgeteilt. Das ihr bewilligte Alg in Höhe von insgesamt 12.767,40 DM sei nach § 50 SGB X zu erstatten.

Mit einem weiteren Bescheid vom 2. Oktober 1998 verlangte die Beklagte zudem die Erstattung der im Zeitraum vom 3. Januar bis 22. Juli 1997 erbrachte...

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