Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. angemessene Unterkunftskosten. Dreipersonenhaushalt im Landkreis Hildesheim in Niedersachsen. schlüssiges Konzept des Grundsicherungsträgers

 

Leitsatz (amtlich)

Angemessenheit von Kosten der Unterkunft (§ 22 SGB II) im Stadtgebiet Hildesheim für einen Dreipersonenhaushalt in der Zeit vom 1.9.2015 bis 31.1.2016.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 28.02.2022; Aktenzeichen B 7/14 AS 325/21 B)

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 8. März 2018 wird abgeändert.

Der Bescheid des Beklagten vom 17. März 2016 wird geändert. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern für die Monate September bis November 2015 weitere Leistungen für Kosten der Unterkunft in Höhe von 33,40 Euro pro Monat zu gewähren.

Der Bescheid des Beklagten vom 3. Februar 2016 wird geändert. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern für den Monat Dezember 2015 weitere Leistungen für Kosten der Unterkunft in Höhe von 33,40 Euro und für den Monat Januar 2016 weitere Leistungen für Kosten der Unterkunft in Höhe von 42,50 Euro zu gewähren.

Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Der Beklagte erstattet den Klägern die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen für Kosten der Unterkunft (KdU) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit vom 1. September 2015 bis 31. Januar 2016. Die Kläger wenden sich ausschließlich gegen die Deckelung der vom Beklagten übernommenen KdU auf die von ihm für die Brutto-Kaltmiete festgelegte Angemessenheitsgrenze von monatlich 493,50 Euro für einen Dreipersonenhaushalt im Stadtgebiet Hildesheim.

Die im Jahr 1968 geborene Klägerin zu 1. bezog im streitbefangenen Zeitraum gemeinsam mit ihren 1995 und 1998 geborenen Kindern (Kläger zu 2. und 3.) laufende Leistungen nach dem SGB II. Die Klägerin zu 1. erzielte damals monatlich schwankendes Erwerbseinkommen, während die Kläger zu 2. und 3. Kindergeld (durchgängig) und Berufsausbildungsbeihilfe (Klägerin zu 2.: ab Oktober 2015; Kläger zu 3.: ab November 2015) erhielten. In keinem der streitbefangenen Monate deckte das Einkommen den grundsicherungsrechtlichen Bedarf der Kläger (vgl hierzu im Einzelnen: Berechnungsbögen der Bescheide des Beklagten vom 3. Februar und 17. März 2016). Gemeinsam bewohnten die Kläger eine 76 qm große Wohnung in der L. 36 in Hildesheim, für die sie damals 418,00 Euro Netto-Kaltmiete zzgl 118,00 Euro Nebenkosten zu zahlen hatten (Brutto-Kaltmiete: 536,00 Euro). Zusätzlich fielen monatlich 95,00 Euro Heizkosten an.

Mit Schreiben vom 19. September 2014 wies der Beklagte die Kläger auf die aus seiner Sicht zu hohen Unterkunftskosten hin und forderte sie auf, ihre Aufwendungen für die Bruttokaltmiete bis zum 31. März 2015 auf maximal 471,00 Euro pro Monat zu senken. Dass die Kläger in der Folgezeit nach einer günstigeren Wohnung gesucht oder sich auf andere Weise um eine Senkung ihrer Unterkunftskosten bemüht hätten, ist weder vorgetragen worden noch lässt sich dies den dem Senat vorliegenden Verwaltungsvorgängen entnehmen.

Mit Bescheid vom 24. August 2015 gewährte der Beklagte den Klägern für die Zeit vom 1. September 2015 bis 29. Februar 2016 wegen schwankenden Erwerbseinkommens zunächst vorläufige SGB II-Leistungen. Als Bruttokaltmiete berücksichtigte er statt der tatsächlich zu zahlenden 536,00 Euro lediglich den nach seiner Auffassung angemessenen Betrag von (mittlerweile) 493,50 Euro pro Monat (laut Kostensenkungsaufforderung vom 19. September 2014: 471,00 Euro). Die Heizkosten berücksichtigte der Beklagte in voller Höhe.

Ausweislich des Vorbringens des Beklagten im Berufungsverfahren ergibt sich der von ihm für die Bruttokaltmiete (zuletzt) als angemessen iSd § 22 SGB II angesehene Betrag von 493,50 Euro aus seinem „Konzept gesamt incl. GA Stand 01.02.2010“ (als PDF-Datei enthalten auf der mit Schriftsatz vom 1. September 2020 zur Gerichtsakte gereichten Daten-CD). Dieses KdU-Konzept sei in einem sich über mehrere Monate hinziehenden Verfahren erstellt worden und am 1. Januar 2009 in Kraft getreten. In der Folgezeit seien die Angemessenheitsgrenzen in regelmäßigen Abständen der Entwicklung der Angebotsmieten angepasst worden.

Die PDF-Datei „Konzept gesamt incl. GA Stand 01.02.2010“ besteht aus dem vom Landkreis Hildesheim verfassten und nicht datierten dreiseitigen „Konzept zur Ermittlung der aktuellen örtlichen Wohnraummieten im Landkreis Hildesheim - Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel“ sowie aus den folgenden vier Anlagen: „Leistungen nach dem SGB II - Auswertung der Mietdatenbank für Richtwerte zur Angemessenheit der Unterkunftskosten“ vom 27. Oktober 2009 (Anlage 1), Gutachten des Herrn M. N. (O. Universität P.): „Die regionale Differenzierung der Kosten für Unterkunft und Heizung und Wohnsituationen der Leistungsempfänger der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Landkreis Hildesheim - Ver...

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