nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Hannover (Entscheidung vom 30.01.2001; Aktenzeichen S 4 KR 55/00) |
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung eines sogenannten Rollstuhl-Bikes.
Die am 24. Dezember 1979 geborene Klägerin ist versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Sie leidet unter einer spastischen Lähmung der unteren Extremitäten. Die Beklagte versorgte die Klägerin im Oktober 1996 mit einem Aktiv-Rollstuhl.
Im Mai 1999 beantragte die Klägerin die Versorgung mit einem Rollstuhl-Bike (Einhän-ge-Therapiefahrrad), welches ihr die Ärzte Dres C. unter dem 6. Mai 1999 verordneten. Die Klägerin reichte weiterhin das Angebot des Sanitätshauses Nicolai vom 1. Juni 1999 ein, wonach das Rollstuhl-Bike für Erwachsene nebst Zusatzausstattung DM 4.646,80 koste. Mit Bescheiden vom 15. Juni und 22. Juli 1999 in Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 5. Januar 2000 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Nach § 33 Abs 1 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch - (SGB V) hätten Versicherte ua Anspruch auf Versorgung mit orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich seien, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinde-rung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 SGB V ausgeschlossen seien. Im Sin-ne der genannten Rechtsvorschriften sei die Erforderlichkeit eines Hilfsmittel grundsätz-lich nur dann anzunehmen, wenn sein Einsatz zur Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse benötigt werde. Dies habe das Bundessozialgericht (BSG) ua mit Urteil vom 8. Juni 1994 - Az.: 3/1 RK 13/93 - entschieden. Zu den allge-meinen Grundbedürfnissen sei dabei auch ein gewisser körperlicher und geistiger Frei-raum zu rechnen, der die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben umfasse. Aufgrund der Versorgung mit einem Aktiv-Rollstuhl, der der Klägerin eine ausreichende Bewe-gungsfreiheit zur Erfüllung ihrer Grundbedürfnisse ermögliche, sei die Versorgung mit einem Rollstuhl-Bike nicht erforderlich. Mit Urteil vom 16. April 1998 - Az.: B 3 KR 9/97 R - habe das BSG seine Rechtsprechung zur Erforderlichkeit eines Hilfsmittels weiter entwickelt. Bei Kindern und Jugendlichen zähle die Möglichkeit, zu spielen bzw allge-mein an der üblichen Lebensgestaltung Gleichaltriger teilnehmen zu können, als Be-standteil des sozialen Lernprozesses, zu den Grundbedürfnissen. Die entwicklungsbe-dingte notwendige Integration eines Kindes oder Jugendlichen im Kreis Gleichaltriger sei damit ein Grundbedürfnis für diese Altersgruppe. Die Klägerin des Verfahrens vor dem BSG gehöre jedoch nicht mehr zu diesem Personenkreis.
Hiergegen hat die Klägerin mit Schreiben vom 26. Januar 2000, eingegangen am 31. Januar 2000, Klage beim Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Die Klägerin hat eine Bescheinigung des Hauses D. in E., des Nell-Breuning-Berufskollegs für Wirtschaft und Verwaltung, Private Sonderschule für Körperbehinderte vom 27. Juni 2000 vorgelegt. Die Klägerin will dort die Fachhochschulreife erreichen. Die Schule hat darin ausgeführt, dass der Schulweg der Klägerin durch eine selbständige Mobilität gesichert sein müsse. Die Außenwohnungen lägen ca 400 m von dem Schulgelände entfernt. Es sei eine Steigung zu bewältigen, weshalb die Klägerin bei Benutzung des Rollstuhls auf fremde Hilfe angewiesen sei. Das beantragte Rollstuhl-Bike verfüge über eine Gangschaltung, bei der die Kraftübertragung im langsamen Gang so günstig sei, dass damit auch grö-ßere Steigungen ohne fremde Hilfe bewältigt werden könnten.
Mit Urteil vom 30. Januar 2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Darin hat das SG ausgeführt, dass der Anspruch der Klägerin ausgeschlossen sei, weil das Hilfsmittel nicht im Sinne des § 33 Abs 1 SGB V im Einzelfall erforderlich sei, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen. Ein Hilfsmittel sei nach der Rechtsprechung des BSG nur dann erforderlich, wenn sein Einsatz zur Le-bensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse benötigt werde. Dazu gehörten zum einen die körperlichen Grundfunktionen (Gehen, Stehen, Treppen stei-gen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung) und zum anderen die elementare Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie die dazu erforderliche Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, der auch die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen zur Vermeidung von Vereinsamung sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens (Schulwissen) umfasse (vgl Urteil des BSG vom 16. September 1999 - Az.: B 3 KR 8/98 R -).
Nach diesen Abgrenzungskriterien sei ein Rollstuhl-Bike für Personen im Erwachsenen-alter kein Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung, weil das Grundbedürfnis der Erschließung "eines gewissen körperlichen Freiraums" nur im Sinne eines Basisaus-gleichs der Behinderung selbst u...