Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausabrechnung. unzureichende Behandlungsdokumentation. Nachholung der Begründung
Orientierungssatz
Ein Krankenhaus ist auch nach erfolgter Abrechnung einer Krankenhausbehandlung zur Nachholung der Begründung einer unzureichenden Behandlungsdokumentation berechtigt.
Nachgehend
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 20. Juni 2016 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 867,77 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2% Punkten über den jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12. Oktober 2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits. Der Streitwert beträgt 867,77 Euro.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlungsleistungen, wobei vorliegend die Zulässigkeit nachträglicher Ergänzungen und Erläuterungen des Behandlungsablaufes streitig ist.
Die Klägerin ist Trägerin eines gem § 108 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) zugelassenen Krankenhauses. Die bei der Beklagten versicherte I. wurde dort vom 6. bis zum 10. Mai 2012 stationär behandelt. Insgesamt stellte die Klägerin der Beklagten am 23. Mai 2012 3.072,66 Euro in Rechnung. Hierbei ordnete sie den Behandlungsfall der Fallpauschale J21Z (Andere Hauttransplantation oder Debridement mit Lymphknotenexzision oder schweren CC) zu.
Die Beklagte glich den Rechnungsbetrag zunächst aus, beauftragte jedoch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) mit der Überprüfung der Codierung. Dieser führte durch Dr J. mit Gutachten vom 15. Oktober 2012 aus, dass der OPS-Code 5-903.e nicht nachvollziehbar sei. Eine lokale Lappenplastik sei anhand der Schnittführung im OP-Bericht nicht durchgeführt worden. Es sei eine spindelförmige Exzision mit primärem Wundverschluss erfolgt.
Der Behandlungsfall sei der DRG J04B zuzuordnen (Eingriffe an der Haut der unteren Extremität außer bei Ulkus oder Infektion/Entzündung, Alter (70 Jahre ohne CC) Dies ergebe sich aus dem Operationsbericht. Die Beklagte forderte daraufhin von der Klägerin 867,77 Euro zurück. Sie verrechnete den Betrag am 11. Oktober 2013 mit unstreitigen Behandlungsfällen.
Im Rahmen des vorgerichtlichen Schriftverkehrs räumte die Klägerin ein, dass die Codierung des OPS-Cods aus dem Operationsbericht nicht hervorgehe. Es sei jedoch lehrbuchgerecht operiert worden. Der OP-Bericht sei nunmehr auch nachträglich ergänzt worden (Schreiben vom 30. April 2013). Dem hielt die Beklagte mit Schreiben vom 11. Oktober 2013 entgegen, dass sie den Fall bereits durch Verrechnung abgeschlossen habe. Eine Korrektur seitens der Klägerin sei somit nicht mehr erforderlich. Dem hielt die Klägerin mit Schreiben vom 17. Oktober 2013 entgegen, dass die Verwendung des OPS für die vorliegende Wundrandmobilisation vom DIMDI anerkannt werde. Komplizierend komme jedoch hinzu, dass der primär äußerst knapp gehaltene OP-Bericht das lehrbuchhaft praktizierte Verfahren nicht ausreichend beschreibe, die nachträgliche Anpassung des OP-Berichtes sei eine Ergänzung um regelhaft praktizierte Operationsschritte. Das Dokument sei weder umgeschrieben oder gefälscht worden, sondern nachvollziehbar ausführlicher gestaltet.
Am 12. Februar 2015 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht (SG) Oldenburg erhoben. Hiermit hat sie die Vergütungsdifferenz sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten geltend gemacht. Es sei eine großflächige Dehnungsplastik im Sinne der OPS 5-903.5e angewandt worden. Dies sei, für alle Beteiligten erkennbar, sodann nachträglich in den Operationsbericht eingefügt worden. Hierin sei entgegen der Ansicht der Beklagten jedoch keine „Anpassung einer Patientendokumentation aus Codierungs- und Abrechnungszwecken“ zu sehen. Es sei lediglich eine nachträgliche Anpassung des Operationsberichtes durch den Operateur an die tatsächlich durchgeführten Operationsschritte erfolgt. Der Bericht sei hierbei nicht umgeschrieben oder gefälscht, sondern „zum besseren Verständnis nachträglich nachvollziehbar ausführlicher gestaltet“ worden. Die abgerechnete Prozedur sei tatsächlich durchgeführt worden. Sie sei lediglich im OP-Bericht nicht ausführlich genug beschrieben worden. Mit der nachträglichen Änderung des OP-Berichtes werde lediglich der tatsächliche Operationsverlauf abgebildet. Grundsätzlich sei eine nachträgliche Änderung zulässig, solange diese offen dargelegt werde. Einer Abrechnung stehe daher nichts entgegen.
Mit Urteil vom 20. Juni 2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich darin auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13. November 2012, B 1 KR 24/11 R gestützt, das sich auf die Verpflichtungen der Beteiligten im Rahmen der Auffälligkeitsprüfung nach § 275 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) bezieht. Es sei Sache der Klägerin gewesen, die Behandlungsdokumentation auf ihre Vollständigkeit zu prüfen, bevor sie dem MDK zur Verfügung gestellt wird. Der Um...