Rechtskraft: nein
Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenhausbehandlung. Rehabilitation. Rehabilitationsmaßnahme. stationäre medizinische Rehabilitation. Kostenzusage. Kostenübernahme. Kostenablehnung. Zahlungspflicht bei Rechnungslegung. Ablehnungsschreiben. akute Behandlungsbedürftigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Abgrenzung zwischen Krankenhausbehandlung und stationärer medizinischer Rehabilitation ist entscheidend, ob bei der Maßnahme die ärztliche Behandlung im Vordergrund steht (Krankenhausbehandlung) oder ob die pflegerische Betreuung gleiches Gewicht wie die ärztliche Behandlung hat (Anschluss an BSG, Urteil vom 14. Mai 1985 – 4 a RJ 13/84 – in SozR 1300 § 105 Nr. 1).
2. Medizinische Rehabilitation zielt darauf ab, den Zustand des Patienten durch die Anwendung von Heilmitteln sowie durch seelische und geistige Einwirkung zu bessern und ihm Hilfestellung zur Entwicklung eigener Abwehrkräfte zu geben.
3. Hat eine gesetzliche Krankenkasse dem Grunde nach Bedenken gegen eine ihr vorgelegte Rechnung eines Krankenhauses, so ist sie lediglich zur Vermeidung von Verzugsfolgen gehalten, diese Rechnung bis zum Ablauf der vereinbarten Zahlungsfrist zu begleichen (Abgrenzung zu BSG, Urteil vom 23. Juli 2002 – B 3 KR 64/01 R – in SGb 2002, 612).
4. Begründet eine gesetzliche Krankenkasse die Ablehnung einer Kostenübernahme für Krankenhausbehandlung ihres Versicherten mit dem einzelfallbezogenen Hinweis, es liege eine Maßnahme der Rehabilitation vor, für die der Rentenversicherungsträger zuständig sei, so handelt es sich um eine qualifiziert begründete Ablehnung. Die Rechtsprechung des BSG zu den sog Berliner Fällen (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2001 – B 3 KR 11/01 – in SozR 3-2500 § 112 Nr. 2) ist in diesem Falle nicht einschlägig.
5. Eine akute Behandlungsbedürftigkeit nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI ist ein plötzlich auftretender, schnell und heftig verlaufender Zustand, der – im Gegensatz zu einem chronischen Krankheitsgeschehen – durch intensive ärztliche Bemühungen relativ kurzfristig behoben und wesentlich gebessert werden kann (Anschluss an BSG, Urteil vom 6. Mai 1998 – B 13 RJ 11/97 – in SozR 3-2600 § 13 Nr. 1).
Normenkette
SGB V § 39 Abs. 1 S. 2, § 40 Abs. 1-2, 4, § 109 Abs. 4; SGB VI § 13 Abs. 2; Sicherstellungsvertrag zwischen der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft und den Landesverbänden der Krankenkassen §§ 3-4
Verfahrensgang
SG Hildesheim (Urteil vom 21.09.2000; Aktenzeichen S 2 KR 97/95) |
Nachgehend
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 21. September 2000 wird abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen, soweit sie die Übernahme von Krankenhauskosten nebst Zinsen für die Zeit vom 13. Mai 1993 bis 23. September 1993 betrifft.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1) in beiden Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Das klagende Land als Träger des Niedersächsischen Landeskrankenhauses (NLK) Tiefenbrunn, vertreten durch das Niedersächsische Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben, begehrt von der Beklagten die Kosten für die stationäre Behandlung des Beigeladenen zu 1) im NLK in der Zeit vom 4. Mai bis 23. September 1993.
Der am 19. März 1967 geborene Beigeladene zu 1) war im streitigen Zeitraum bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Zu jenem Zeitpunkt war die Beigeladene zu 2) der für den Beigeladenen zu 1) zuständige Rentenversicherungsträger. Der Beigeladene zu 1) befand sich zuvor bereits in der Zeit vom 24. Juni bis 5. Dezember 1992 in der Rheinischen Landesklinik Viersen.
Unter dem 4. März 1993 verordnete der Arzt für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie W. Krankenhausbehandlung für den Beigeladenen zu 1). Als Diagnosen gab er eine Bulimie und ein depressives Syndrom bei depressiv-schizoider Struktur an. Am 4. Mai 1993 wurde der Beigeladene zu 1) im NLK Tiefenbrunn aufgenommen. Der Kostenübernahmeantrag des NLK vom 6. Mai 1993 ging am 11. Mai 1993 bei der Betriebskrankenkasse Akzo Faser AG (BKK) in Heinsberg, der Rechtsvorgängerin der jetzigen Beklagten, ein. Das NLK bat um Kostenübernahme für sechs Wochen. Mit Schreiben vom 11. Mai 1993 lehnte die BKK eine Kostenübernahme ab. Der Beigeladene zu 1) sei bereits vom 24. Juni bis 5. Dezember 1992 in der Rheinischen Landesklinik Viersen stationär behandelt worden. Die Akutbehandlung sei mit diesem Aufenthalt abgedeckt gewesen. Die im NLK folgende Behandlung sei als Rehabilitationsmaßnahme anzusehen. Die Kostenübernahme sei – obwohl die Verordnung von Krankenhauspflege bereits am 4. März 1993 ausgestellt worden sei – trotz der Hinweise auf der Rückseite der Verordnung nicht vor Aufsuchen des Krankenhauses beantragt worden. Dieses Schreiben ging am 12. Mai 1993 beim NLK ein.
Mit Schreiben vom 27. Juli 1993 beantragte das NLK erneut die Kostenübernahme. Bei dem Beigeladenen zu 1) bestehe eine akute, behandlungsbedürftige Erkrankung. Es handele s...