Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus. Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK). Verzinsung der Aufwandspauschale

 

Orientierungssatz

1. Die Verzinsung der Aufwandspauschale nach § 275 SGB 5 richtet sich mangels einer Regelung durch Landesvertrag ausschließlich nach der Prozessverzinsung (Anschluss an BSG vom 23.6.2015 - B 1 KR 24/14 R und BSG vom 28.11.2013 - B 3 KR 4/13 R = SozR 4-2500 § 275 Nr 16).

2. Ein Krankenhaus kann die Aufwandspauschale bei fehlender Erlösrelevanz der MDK-Beanstandung nur dann nicht beanspruchen, wenn ein Fall nachweislich fehlerhafter Kodierung vorliegt (vgl ua BSG vom 28.11.2013 - B 3 KR 4/13 R aaO).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 04.08.2016; Aktenzeichen B 1 KR 29/16 B)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte für die Zeit vor Rechtshängigkeit der Klage am 14. Februar 2011 keine Zinsen an die Klägerin zu zahlen hat.

Die Beklagte trägt 9/10 der Kosten beider Instanzen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 300 Euro festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Aufwandspauschale (AWP) nach § 275 Abs. 1c Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) iHv 300 Euro.

Die Klägerin ist ein zur Versorgung gesetzlich Krankenversicherter zugelassenes Krankenhaus und behandelte im Juli 2010 eine bei der Beklagten Versicherte in stationärer Versorgung u.a. im Wege der Beatmung.

Nach fristgerechter Rechnungsstellung unter der DRG A13G (Beatmung ≫95 und ≪250 Stunden) und Bezahlung durch die Beklagte beauftragte die Beklagte ebenso fristgerecht den MDK mit der Abrechnungsprüfung unter der Fragestellung: “Sind die Beatmungsstunden korrekt?„

Der MDK beanstandete unter dem 3. Januar 2011 (1. MDK-Gutachten), dass lediglich 118 der geltend gemachten 135 Beatmungsstunden nachvollziehbar seien, die DRG A13G jedoch abrechnungsfähig bleibe.

Nach Mitteilung an die Klägerin beanspruchte diese mit Rechnung vom 11. Januar 2011 von der Beklagten die AWP iHv 300 Euro und erhob nach Zahlungsverweigerung durch die Beklagte am 14. Februar 2011 Zahlungsklage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover.

Im Laufe des Klagverfahrens wurde der MDK erneut von der Beklagten beauftragt und stellte mit Gutachten vom 21. Juni 2011 (2. MDK-Gutachten) fest, dass “nach erneuter Überprüfung„ nunmehr die abgerechnete Anzahl der Beatmungsstunden und die DRG A13G beanstandungsfrei seien.

Während die Klägerin ihre Abrechnung erneut bestätigt und die AWP als berechtigt ansah, hat die Beklagte geltend gemacht, dass die AWP nach der Rspg. des Bundessozialgerichts (BSG) nicht geschuldet sei, weil die Rechnungsstellung der Klägerin ausweislich des 1.  MDK-Gutachtens nachweislich fehlerhaft gewesen sei und damit die Klägerin selbst Veranlassung zur Prüfung gegeben habe.

Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 11. April 2013 verurteilt, an die Klägerin die AWP iHv 300,-- Euro - zu zahlen, und zwar nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz für die Zeit vom 26. Januar 2011 (14 Tage nach Rechnungsstellung der Klägerin) bis zum 13. Februar 2011 (Tag vor Rechtshängigkeit) sowie in Höhe von fünf Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Klage am 14. Februar 2011. Die Berufung gegen das Urteil hat das SG nicht zugelassen.

Mit ihrer hiergegen am 8. Mai 2013 eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde rügt die Beklagte eine Divergenz des Urteils des SG gem. § 145 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 144 Abs. 2 SGG im Hinblick auf eine Reihe von in der Beschwerdebegründungsschrift im Einzelnen aufgezeigter, von der Beklagten behaupteter Abweichungen des SG-Urteils namentlich zu Entscheidungen des BSG zu § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V. Daneben rügt die Beklagte eine Divergenz der Entscheidung des SG zu den Prozesszinsen zu einer Entscheidung des erkennenden Senats vom 28. August 2012 (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, L 4 KR 65/10).

Der erkennende Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 30. Mai 2013 wegen der Zinsentscheidung des SG zugelassen.

Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbingen,

das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 11. April 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält ihre Rechnungslegung der AWP für zutreffend, da die Beanstandung des MDK schon im 1. Gutachten keine Erlösrelevanz ergeben habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Sie haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte über die Berufung durch den Senatsvorsitzenden als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten gem. §§ 155 Abs. 3, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zuvor hiermit einverstanden erklärt haben.

Die Berufung der Beklagten ist gem. § 145 Abs. 5 SGG statthaft und zulässig, jed...

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