Verfahrensgang

SG Hannover (Urteil vom 09.03.2000; Aktenzeichen S 18 BL 83/97)

 

Tenor

DasUrteil des Sozialgerichts Hannover vom09. März 2000 wird geändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.081,50 DM zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Klägerin einen Erstattungsanspruch gegen den Beklagten für nach dem Gesetz über das Landesblindengeld für Zivilblinde (BlindengeldG) des Landes Niedersachsen erbrachte Leistungen geltend machen kann.

Die Klägerin zahlte seit dem Bescheid vom 2. August 1990 für Herrn F. Blindengeld. Durch Bescheid vom 14. Dezember 1994 stellte es die Leistungen mit Wirkung vom 31. Dezember 1994 ein und forderte 5.586,00 DM für die Zeit von Februar bis Dezember 1994 zurück. Der Beklagte hob diesen Bescheid mit bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom 19. April 1995 auf, da eine Rücknahme für die Vergangenheit gemäß § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) nicht rechtmäßig gewesen sei.

Ferner leistete die Klägerin für Frau G. im Zeitraum von November 1991 bis Mai 1994 Blindengeld, obwohl für die Zahlung zuständiger Leistungsträger der Landschaftsverband H. war. Die fehlende Zuständigkeit der Klägerin wurde im Mai 1994 zur Kenntnis genommen. Den angemeldeten Erstattungsanspruch erfüllte der Landschaftsverband Rheinland unter Hinweis auf die Verjährungsvorschrift des § 111 SGB X lediglich für den Zeitraum Mai 1993 bis Mai 1994. Für die Zeit davor blieb ein Betrag in Höhe von 8.495,50 DM offen.

Die Klägerin forderte in beiden Fällen von dem Beklagten erfolglos die Erstattung des überzahlten Blindengeldes (in Gesamthöhe von 14.081,50 DM). Am 22. Dezember 1997 hat sie jeweils Klage erhoben, die das Sozialgericht (SG) in der mündlichen Verhandlung vom 9. März 2000 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat. Zur Begründung der Klage ist ausgeführt, der Beklagte berufe sich zu Unrecht auf § 91 Abs 1 Satz 3 SGB X. Das Verhältnis zwischen dem örtlichen und dem überörtlichen Träger sei abschließend durch § 9 BlindengeldG geregelt. Die in § 9 Abs 3 dieses Gesetzes bestimmte entsprechende Anwendung des SGB I und des SGB X für das Verwaltungsverfahren lasse eine Berufung auf § 91 SGB X nicht zu. Denn diese Vorschrift betreffe nicht das Verwaltungsverfahren.

Durch Urteil vom 9. März 2000 hat das SG die Klagen abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, der Beklagte verweigere zu Recht unter Berufung auf § 91 Abs 1 Satz 3 SGB X die Erstattung der von der Klägerin begehrten Leistungen. Die Beteiligten stimmten inhaltlich darin überein, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt seien und einen Erstattungsanspruch ausschlössen. Dem Wortlaut des § 9 Abs 3 BlindengeldG sei nicht zu entnehmen, dass nur für das Verwaltungsverfahren mit dem in § 8 SGB X bestimmten Inhalt, nicht aber für das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Beauftragtem das SGB I und SGB X gelten solle. Für die Auffassung des Beklagten spreche insbesondere die Einfügung des Abs 3 in § 9 BlindengeldG. Die Entstehungsgeschichte belege, dass das SGB X auch im Verhältnis zwischen den Beteiligten gelten solle. Das OVG Lüneburg habe durch Urteil vom 29. Mai 1991 einen Erstattungsanspruch des örtlichen Trägers der Sozialhilfe trotz schuldhaft rechtswidriger Sozialhilfeleistung bejaht. Als Reaktion sei durch das Gesetz vom 25. November 1992 § 5a des Ausführungsgesetzes zum Bundessozialhilfegesetz (AG BSHG) eingefügt worden. Dessen Abs 3 bestimme, dass ein Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe nicht bestehe, soweit Sozialhilfe zu Unrecht geleistet worden sei. Die Änderung des BlindengeldG mit Änderungsgesetz vom selben Tage könne daher nur so verstanden werden, dass auch im Falle zu Unrecht gewährten Blindengeldes eine Erstattung nicht beabsichtigt sei.

Gegen das am 25. April 2000 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 19. Mai 2000 eingegangenen Berufung. Die Klägerin stützt sich darauf, §§ 86 ff SGB X seien nicht anzuwenden. Sie beträfen nicht das Verhältnis zum Bürger, mithin nicht das Verwaltungsverfahren. Der Gesetzgeber habe vorrangig die leistungsberechtigte Person bei der Rechtsänderung im Blickwinkel gehabt, die es nicht mit mehreren, nach unterschiedlichen verfahrensrechtlichen Bestimmungen arbeitenden Behörden gleichzeitig zu tun haben sollte. Hieraus sei nichts dafür zu entnehmen, dass der Landesgesetzgeber etwa eine Erstattungsverpflichtung des überörtlichen Trägers in Fällen von zu Unrecht gewährtem Landesblindengeld habe mindern wollen, wie dies durch die gleichzeitig eingefügte Vorschrift des § 5a Abs. 3 AG BSHG für die dortigen Leistungen geschehen sei. Durch die zum AG BSHG ergangene Rechtsprechung sei betont worden, das Interesse des Landes Niedersachsen an einer Haftung der herangezogenen Behörde gegenüber dem überörtlichen Träg...

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