Leitsatz (amtlich)

1. Mit der Aufhebung des GG Art 142a ist eine Befugnis deutscher Gerichte, die Unvereinbarkeit von Kontrollratsgesetzen mit dem Grundgesetz zu ignorieren, entfallen. Weitergehende Kontrollratsgesetze unterliegen jedenfalls verfassungsrechtlicher Kontrolle, wenn sie im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu den Drei Mächten politisch neutrale Einzelfragen des Scheidungsfolgenrechts regeln. ÜberlVtr Teil 1 Art 1 Abs 3 S 3 ist insoweit einschränkend auszulegen.

2. Der Bundesgesetzgeber hat das Ehegesetz als Ganzes nicht in seinen Willen aufgenommen. Vorschriften des Ehegesetzes, die nicht vom Bundesgesetzgeber erlassen sind oder mit solchen Vorschriften in engem Sachzusammenhang stehen, unterliegen als vorkonstitutionelles Recht nicht dem Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts.

3. EheG § 61 Abs 2 ist insoweit mit GG Art 3 Abs 1 unvereinbar und nichtig, als die Vorschrift den Ehegatten, "der die Scheidung verlangt hat", generell von Unterhaltsansprüchen ausschließt.

4. In Fällen der Scheidung ohne Verschulden kommen beide Ehegatten - unabhängig von ihrer Parteirolle im Scheidungsverfahren - als Unterhaltsgläubiger in Betracht, wenn und soweit dies mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten und der nach EheG § 63 unterhaltspflichtigen Verwandten des Berechtigten der Billigkeit entspricht.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.11.1975; Aktenzeichen 4 RJ 123/75)

 

Fundstellen

Haufe-Index 1651086

JZ 1975, 742

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