Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Anwartschaftszeit. Versicherungspflichtverhältnis. Beschäftigungsverhältnis. Arbeitsfreistellung. Fortzahlung von Arbeitsentgelt. kein Fortsetzungswille des Beschäftigungsverhältnisses

 

Orientierungssatz

Bei Fehlen der tatsächlichen Arbeit kann ein Beschäftigungsverhältnis nur angenommen werden, wenn die charakteristischen Merkmale der Beschäftigung weiterhin gegeben sind, also die persönliche Abhängigkeit, die sich in der Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers und der Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers ausdrückt. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen den Willen haben, das Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen (vgl BSG vom 21.8.1997 - 12 BK 63/97).

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 8. August 2000 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2000. Ab 1. Januar 2001 bezieht der Kläger Altersrente.

Der ... 1939 geborene Kläger war jahrelang bei der Firma I GmbH beschäftigt gewesen. Mit Antrag vom 25. November 1999 meldete der Kläger sich arbeitslos und begehrte Leistungsgewährung ab 1. Januar 2000. Laut Arbeitsbescheinigung war der Kläger vom 1. April 1973 bis 31. Dezember 1999 im Außendienst tätig gewesen, das monatliche Bruttoarbeitsentgelt des Jahres 1999 war mit jeweils 3.252,00 DM bescheinigt. Die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit betrug 37 Wochenstunden, die maßgebliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers betrug sechs Monate zum Ende des Vierteljahres. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Aufhebungsvertrag vom 5. März 1997 zum 31. Dezember 1999 beendet unter Zahlung einer Abfindung in Höhe von 113.988,97 DM. Zum Abschluss des Aufhebungsvertrages gab der Kläger an, dass in seiner Branche -- Vertrieb von Tonträgern -- Außendienstmitarbeiter ständig abgebaut worden seien; weiterhin sei seine Beschäftigungsfirma von der Firma E übernommen worden und habe alte Mitarbeiter entlassen, ab April 1997 habe er 70 vH seines seinerzeitigen Gehaltes bis zum 31. Dezember 1999 weitergezahlt erhalten.

Der Kläger wurde tatsächlich seit dem 1. April 1997 nicht mehr beschäftigt und war von Arbeitsleistungen freigestellt. Der Aufhebungsvertrag vom 5. März 1997 lautet folgendermaßen:

1.  Das zwischen der I GmbH und Ihnen bestehende Anstellungsverhältnis vom 1. April 1973 wird aus betriebsbedingten Gründen (Rationalisierungsmaßnahme Ihres Arbeitsplatzes) einvernehmlich zum 31. Dezember 1999 aufgelöst.

2.  Sie werden ab 1. April 1997 bis 31. Dezember 1999 unwiderruflich von der Arbeit freigestellt. Mit dem Zeitraum der Freistellung vom 1. April 1997 bis 31. Dezember 1999 sind sämtliche entstandenen oder bis zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses noch entstehenden Urlaubsansprüche von Ihnen abgegolten. Vom 1. April 1997 bis 30. September 1997 erhalten Sie Ihre bisherigen Bezüge und ab 1. Oktober 1997 bis 31. Dezember 1999 ein monatliches Nettogehalt von ca 2.400,00 DM.

3.  Sie übergeben Ende März 1997 an die I sämtliche der I gehörenden und in Ihrem Besitz befindlichen Gegenstände -- Dienstwagen uä -- sowie Arbeitsmaterialien zurück.

4.  Sie verpflichten sich, spätestens mit Erreichen des 61. Lebensjahres in den Ruhestand zu treten und die gesetzliche Altersrente zu beantragen bzw sich nur vom 60. bis 61. Lebensjahr arbeitslos zu melden.

5.  Als Ausgleich für alle Nachteile, die sich für Sie aus dem Verlust des Arbeitsplatzes ergeben, zahlt die I Ihnen Ende September 1997 eine Abfindung gemäß § 3 Ziff 9 EStG in Verbindung mit den §§ 9, 10 KSchG in Höhe von brutto für netto 100.000,00 DM. Das steuerliche Risiko trägt die I GmbH.

7.  Sie haben aus der betrieblichen Altersversorgung der I eine unverfallbare Anwartschaft auf Leistungen erworben, die in gesonderten Versorgungszusagen festgelegt sind. Nach Vorlage Ihres Rentenbescheides wird die I die Berechnung Ihrer betrieblichen Altersversorgung vornehmen.

8.  Mit dieser Vereinbarung sind sämtliche beiderseitigen Ansprüche aus dem am 1. April 1973 begonnenen und zum 31. Dezember 1999 endenden Arbeitsverhältnis, gleichgültig auf welchem Rechtsgrunde sie im Einzelnen beruhen mögen, vollständig abgegolten, ausgenommen der Anspruch auf Aushändigung der Arbeitspapiere.

Mit Bescheid vom 28. Dezember 1999 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alg ab. Ab dem 1. April 1997 habe der Kläger in keinem die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis gestanden, da er gemäß Nr 2 der Vereinbarung seit dem 1. April 1997 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 1999 von der Arbeitsleistung freigestellt worden sei. Der Umstand, dass Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt worden seien, sei unbeachtlich. Der Kläger legte Widerspruch mit der Begründung ein, dass sein Anstellungsverhältnis bis zum 31. Dezember 1999 angedauert habe, sodass er die Anwartschaftszeit erfüllt habe. Er sei in der Zeit vom 1. April 1997 bis 3...

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