Entscheidungsstichwort (Thema)
Soldatenversorgung. Wehrdienst. Wegeunfall. betriebsbedingtes Abweichen vom üblichen Weg. unversicherte Vorbereitungshandlung
Orientierungssatz
1. Der Schutz des § 81 Abs 4 S 1 Nr 2 beschränkt sich lediglich auf den direkten Weg, wobei verkehrsbedingte Umstände zu berücksichtigen sind. Unbedeutende Umwege, die nur zu einer nicht erheblichen Verlängerung des Weges führen, sind insoweit unschädlich.
2. Nach Ansicht des erkennenden Senats sind die im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung entwickelten Grundsätze auch für die Beurteilung des Umfangs des Versicherungsschutzes für Wege im Zusammenhang mit dem Wehrdienst anwendbar.
3. Zum Nichtvorliegen eines betriebsbedingten Abweichens vom üblichen Weg bei einem Soldaten, der am Sonntagabend feststellte, daß er seinen Dienstausweis sowie seinen Bundeswehrführerschein bei seinen Schwiegereltern vergessen hatte, diese am Montag morgen vor Dienstantritt abholen und dann zum Dienst fahren wollte, jedoch auf dem Weg zu seinen Schwiegereltern mit dem Auto verunglückte.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger Versorgung nach den Vorschriften des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) zu gewähren ist.
Der 1970 geborene Kläger leistete in der Zeit seit April 1992 seinen Wehrdienst ab. Hierbei hatte er seinen Wohnsitz in R. Seit Juli 1992 war er als Kraftfahrer für den Transport von Personal und Material zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes in der FlaRakGrp. in der L-Kaserne in R eingesetzt.
Nach Auskunft des Oberstabsfeldwebels S hatte der Kläger am Freitag, dem 22. Januar 1993, bis zum allgemeinen Dienstschluß um 11.30 Uhr Dienst zu verrichten. Am Montag, dem 25. Januar 1993 sollte er den Dienst um 7.00 Uhr wieder antreten. Auch für diesen Tag war sein Einsatz beim Transport von Personal und Material vorgesehen.
Nach seinem Vortrag hielt sich der Kläger am Wochenende vom 23. auf den 24. Januar 1993 bei seinen Schwiegereltern in L auf, das etwa 15 km nordöstlich von R liegt. Nach der Rückkehr habe er am Sonntagabend festgestellt, daß er seinen Dienstausweis und seinen Bundeswehrführerschein bei den Schwiegereltern vergessen habe. Er habe sich deshalb dazu entschlossen, die für die Dienstaufnahme benötigten Papiere am nächsten Morgen vor Dienstbeginn abzuholen. Auf dem Weg dorthin erlitt der Kläger am Montag, den 25. Januar 1993 gegen 5.45 Uhr nach etwa der halben Strecke hinter der Ortschaft Sch einen Unfall. Infolge einer Fraktur des elften Brustwirbelkörpers ist der Kläger seither querschnittsgelähmt.
Den am 25. Februar 1993 gestellten Versorgungsantrag des Klägers lehnte der Beklagte mit Bescheid des Versorgungsamtes (VA) V vom 16. Juli 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 1993 ab. Zur Begründung wies das VA darauf hin, der Unfall des Klägers habe sich nicht auf einem geschützten dienstlichen Weg ereignet. Bei dem Vergessen der dienstlichen Papiere in der Wohnung der Schwiegereltern habe es sich um ein Versäumnis aus dem privaten Bereich des Klägers gehandelt.
Dagegen hat der Kläger am 11. November 1993 Klage zum Sozialgericht (SG) Stade erhoben, mit der er Versorgung insbesondere unter Bezugnahme auf Nr 81.4.4 der Verwaltungsvorschrift zum SVG begehrt hat. Die zu dem Unfall führende Fahrt sei deshalb erforderlich gewesen, weil er die für die Dienstausübung an diesem Tag benötigten Papiere habe holen müssen.
Mit Urteil vom 20. Juni 1995 hat das SG den Beklagten zur Bewilligung von Beschädigtenversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz verurteilt. Zur Begründung hat das SG insbesondere ausgeführt, der Unfall des Klägers habe sich auf einem aus dienstlichen Gründen veranlaßten Umweg ereignet. Insoweit sei die Nr 81.4.4 der Verwaltungsvorschrift zum SVG entsprechend heranzuziehen. Der Kläger habe die für die alsbaldige Dienstaufnahme erforderlichen Papiere aus der Wohnung der Schwiegereltern holen müssen. Der Umweg stehe hinsichtlich seiner Länge auch nicht in einem unangemessenen Verhältnis zur Länge des üblichen Weges des Klägers zwischen Wohnung und Dienstort.
Das Urteil wurde dem Beklagten am 6. Oktober 1995, der Beigeladenen am 28. November 1995 zugestellt. Sie wenden sich mit den am 18. Oktober bzw 4. Dezember 1995 bei dem Landessozialgericht eingegangenen Berufungen dagegen.
Der Beklagte hält daran fest, daß die Fahrt des Klägers am Morgen des 25. Januar 1993 dem privaten Bereich zuzurechnen gewesen sei. Ein Abholen der Bundeswehrpapiere an diesem Tag sei nicht zwingend erforderlich gewesen, weil auch ein Einsatz des Klägers bei der Bundeswehr an diesem Tag ohne den Führerschein denkbar gewesen sei. Im übrigen verweist der Beklagte darauf, daß wegen der Länge des Umweges eine erhebliche Gefahrerhöhung eingetreten sei.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 20. Juni 1995 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene vertritt die Auffassung, das Vergessen der dienstlichen Papiere des Kläg...