Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Ruhen. Abfindung. Erstattungsanspruch der BA. Forderungsübergang. befreiende Wirkung von Zahlungen des Arbeitgebers. Genehmigung durch BA. Wirksamkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Wirksamkeit einer - konkludenten oder ausdrücklichen - befreienden Wirkung iS des § 117 Abs 4 S 2 AFG (§ 143 Abs 3 SGB 3) herbeiführenden Erklärung der Bundesanstalt für Arbeit, die Zahlung des Arbeitgebers an einen Dritten mit der Folge der Erstattungspflicht des Arbeitslosen zu genehmigen, steht unter der aufschiebenden Bedingung der erfolglosen gerichtlichen Inanspruchnahme des Arbeitgebers durch die Bundesanstalt für Arbeit aus dem gemäß § 115 Abs 1 SGB 10 auf sie übergegangenen Recht.

 

Tatbestand

Streitig ist die Frage, ob der Kläger in der Zeit vom 6. November 1991 bis 23. November 1991 gezahltes Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von 1.051,20 DM wegen der späteren Zahlung einer Abfindung gemäß § 117 Abs 4 Satz 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) der Beklagten zu erstatten hat.

Der im Jahre 1957 geborene, verheiratete Kläger, Vater eines 1986 geborenen Kindes, war seit dem 5. Dezember 1990 als Vorarbeiter bei der D I GmbH und Co KG in B (DIW) beschäftigt.

Die ordentliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers betrug zwei Wochen zum Wochenschluß.

Am 5. November 1991 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis fristlos. Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage. Er meldete sich am 6. November 1991 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg. Die gemäß § 133 AFG erstellte Arbeitsbescheinigung weist für die Zeit vom 1. Juli bis 30. September 1991 ein Bruttoeinkommen von insgesamt 16.158,80 DM aus, das der Kläger an 81 bezahlten Arbeitstagen in 796 bezahlten Arbeitsstunden erzielt hat.

Seit dem 19. November 1991 bezog der Kläger von der Stadt O Hilfe zum Lebensunterhalt; mit am 12. Dezember 1991 bei dem Arbeitsamt (AA) eingegangener Anzeige machte die Stadt O Erstattungsansprüche nach §§ 104 ff Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) geltend.

Am 3. Dezember 1991 teilte die Beklagte dem Kläger und der DIW mit getrennten Schreiben mit, daß etwa noch bestehende Ansprüche des Klägers gegen die DIW in Höhe erbrachter Vorleistungen auf die Beklagte übergingen, mithin Zahlungen des Arbeitgebers an den Kläger nicht von der Zahlungspflicht gegenüber der Beklagten befreien könnten.

Mit Bescheid vom 6. Dezember 1991 bewilligte die Beklagte dem Kläger zunächst wegen wahrscheinlicher Sperrzeit Alg ab 29. Januar 1992 (Leistungsgruppe C/1; Leistungssatz: 394,20 DM/Woche, 65,70 DM/Tag; Bemessungsentgelt: 810,-- DM; Lohnersatzquote 68 %). Mit Bescheid vom 5. März 1992 bewilligte sie in gleicher Höhe rückwirkend Alg für die Zeit ab 6. November 1991 bis 28. Januar 1992 (insgesamt 4.730,40 DM); dabei erfüllte sie von diesem Betrag den Erstattungsanspruch des Sozialamtes in Höhe der bisher an den Kläger geleisteten Zahlungen von insgesamt 4.040,-- DM voll (Zahlungsanweisung: 10. März 1992).

Am 29. Oktober 1992 schlossen der Kläger und die DIW zur Abgeltung aller Ansprüche einen arbeitsgerichtlichen Vergleich, in dem es u.a. heißt:

"1.

Es besteht Einigkeit darüber, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auf Veranlassung des Arbeitgebers am 5.11.1991 aufgelöst worden ist.

2.

Die Beklagte zahlt dem Kläger eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes gemäß §§ 9, 10 KSChG i.V.m. § 3 Ziff. 9 EStG in Höhe von 10.000,--."

Am 19. Januar 1993 zahlte die DIW die Abfindungssumme aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts O vom 4. Mai 1992 über 15.467,58 DM an einen Gläubiger des Klägers aus und unterrichtete hierüber das AA auf dessen Anfrage.

Mit Schreiben vom 21. September 1993 forderte die Beklagte von der DIW Erstattung der von ihr für den Zeitraum vom 6. November 1991 bis 23. November 1991 geleisteten Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung (zusammen: 477,66 DM) für den Kläger und führte außerdem aus:

"Da die Abfindung bereits von Ihnen ausgezahlt wurde, werde ich mich wegen der Erstattung an Herrn F wenden."

Mit Bescheid vom 21. September 1993 teilte die Beklagte dem Kläger das Ruhen des Anspruchs auf Alg für die Zeit vom 6. November 1991 bis 23. November 1991 wegen teilweise anzurechnender Abfindung mit. Mit weiterem Bescheid dieses Datums forderte sie den Kläger zur Rückzahlung des für diesen Zeitraum gezahlten Alg in Höhe von insgesamt 1.051,20 DM auf.

Der Widerspruch, mit dem der Kläger die Berechtigung der Rückforderung mit der Erwägung verneinte, er habe für diesen Zeitraum lediglich Hilfe zum Lebensunterhalt, nicht jedoch Alg und von der Abfindung überhaupt nichts erhalten, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29. März 1994): Der Erstattungspflicht stehe nicht entgegen, daß der Kläger die Abfindung selbst nicht erhalten habe, denn seine Schulden hätten sich in Höhe der gepfändeten und eingezogenen Abfindung vermindert. Leistungsbezug lediglich durch den Sozialhilfeträger stehe der Rückforderung von Alg nicht entgegen, da dieser lediglich in Vorlei...

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