Entscheidungsstichwort (Thema)

Träger der Krankenversicherung als Adressat einer Rückforderung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung bei zwei zeitgleich bestehenden Krankenversicherungsverhältnissen

 

Normenkette

AFG § 157 Abs. 3a Sätze 1-3; EWGV Art. 48; SGB X § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2; SGBX § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4; SGB X § 45 Abs. 1, 2 S. 3 Nr. 3, § 50

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außer gerichtlichen Kosten des zweiten Rechtszuges zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Kläger gemäß § 157 Abs 3a Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) der Bundesanstalt Beiträge zurück zu erstatten hat oder ob sich die Beklagte gemäß § 157 Abs 3 Satz 2 AFG stattdessen an die Beigeladene als den Träger der Krankenversicherung halten muss.

Der Kläger, ausgebildeter Arzt, bezog auf Grund des Bescheides vom 5. April 1995 Arbeitslosengeld (Alg) ab 1. März 1995 für 312 Tage. Er war bei der beigeladenen T-Krankenkasse (T) gegen Krankheit nach deren zweitinstanzlichen Angaben bis zum 15. August 1995 pflichtversichert und vom 16. August 1995 bis 21. August 1995 freiwillig versichertes Mitglied nach § 9 Abs l Nr l Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V). Bis zum 15. August 1995 bezog er Alg. Ab 2. August 1995 bis zum 23. August 1996 befand er sich in Y /Großbritannien in einem Beschäftigungsverhältnis. Als dessen Beginn gab der Kläger in dem Alg-Antrag vom 21. August 1996, der mit Wirkung zum 24. August 1996 gestellt wurde, den 15. August 1995 an. Auf den Antrag vom 21. August 1996 bewilligte das Arbeitsamt (AA) Alg ab 24. August 1996, das bis zum 1. September 1996 gezahlt wurde (Bescheid vom 27. August 1996/Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 1996).

In der Zeit seiner dortigen Beschäftigung war der Kläger in Großbritannien durch das National Health System krankenversichert. Aus einer Bescheinigung des Finanzdepartments des Krankenhauses in Y vom 28. Oktober 1996 ergibt sich, dass der Kläger vom 2. August 1995 bis 25. August 1996 dort beschäftigt gewesen sei, wobei die Dauer der Beschäftigung bis zum 25. August 1996 bescheinigt worden sei, um einen nahtlosen Übergang in das nächste beitragspflichtige Beschäftigungsverhältnis zu ermöglichen.

Nach Anhörung des Klägers forderte das Arbeitsamt (AA) mit Bescheid vom 18. November 1996 auf der Grundlage des § 48 Ab s l Satz 2 Nrn 2 und 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) mit Wirkung vom 2. August 1995 bis zum 14. August 1995 und auf der Grundlage des § 45 Abse l, 2 Satz 3 Nr 3 SGB X mit Wirkung vom 24. August 1996 unter anderem Alg (1.082,80 DM) nach § 50 SGB X, Beiträge zur Krankenversicherung vom 2. August 1995 bis 14. August 1995 und für den 24. August 1996 in Höhe von 344,97 DM sowie den Beitrag zur Pflegeversicherung für den 24. August 1996 in Höhe von 4,10 DM zurück. Der die Verpflichtung zur Rückzahlung des Alg nicht angreifende Widerspruch, den der Kläger darauf stützte, die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seien von der während seines Auslandsaufenthalts leistungsfreien, nicht von ihm zurückzufordern, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 1997).

In der am 24. Februar 1997 eingegangenen Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, Beiträge müsse er nicht zurückzahlen, da durch das Beschäftigungsverhältnis in Großbritannien "ein weiteres Krankenversicherungsverhältnis" im Sinne des § 157 Abs 3a Satz 2 AFG bestanden habe. Die Vorschrift erfasse nicht nur gesetzliche Krankenversicherungsverhältnisse im Sinne des SGB V; überdies habe es sich bei seinem Krankenversicherungsverhältnis in Großbritannien um ein dortiges gesetzliches Krankenversicherungsverhältnis gehandelt. Das Sozialgericht (SG) O hat mit Gerichtsbescheid vom 18. November 1997 der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide/ soweit sie den Kläger zur Erstattung von Beiträgen zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung verpflichteten, aufgehoben. In den Entscheidungsgründen, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, das in England bestehende Versicherungsverhältnis des Klägers könne als weiteres Krankenversicherungsverhältnis im Sinne des § 157 Abs 3a Satz 2 AFG angesehen werden. Der Wortlaut der Vorschrift verbiete diese Auslegung nicht. Der Gesetzgeber habe die Versicherten freistellen und stattdessen die Krankenkassen heranziehen wollen, soweit dies der Sache nach angemessen sei. Habe für die Krankenkasse, die die Krankenversicherung im Rahmen des Alg-Bezu-ges durchgeführt habe, auf Grund eines weiteren Krankenversicherungsverhältnisses ein reales Leistungsrisiko nicht bestanden, sei es ohne sachlichen Grund, ihr die Krankenversicherungsbeiträge zu belassen. In dieser Richtung sei auch Satz 3 des Abs 3 des § 157 AFG zu verstehen. Dieser Gesetzeszweck greife bei jedem weiteren Versicherungsverhältnis, bei welchem tatsächlicher hinreichender Krankenversicherungsschutz wie im Falle des Klägers in Großbrit...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge