Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. Einzugsstelle. Pflegekasse. KVdR. Beitragsanteil. Angehöriger. Beihilfeberechtigung- Pflichtversicherung
Leitsatz (amtlich)
1. Einzugsstelle für die Pflegeversicherungsbeiträge der in der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner versicherten Rentner ist nicht die Krankenkasse, sondern die Pflegekasse. Sie entscheidet über die Beitragspflicht und die Beitragshöhe.
2. Familienangehörige, die nach beamtenrechtlichen Vorschriften Anspruch auf Beihilfe haben, gehören nicht zum Personenkreis des § 55 Abs 1 S 2 iVm § 28 Abs 2 SGB 11, wenn sie selbst in der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichert sind. Sie haben den vollen Beitragsanteil zu tragen.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des von der Klägerin zu entrichtenden Beitragssatzes zur Pflegeversicherung.
Die Klägerin ist seit 1. Januar 1983 Mitglied der Beklagten und in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) pflichtversichert. Der Ehemann der Klägerin ist bei Krankheit und Pflege nach den Beihilfevorschriften des Bundes beihilfeberechtigt. Sie selbst ist insoweit berücksichtigungsfähige Angehörige. Die Beigeladene zu 1, von der die Klägerin eine Altersrente bezieht, behielt zunächst einen Beitragsanteil zur Pflegeversicherung von 0,5 % und behält vermutlich seit dem 1. Juli 1996 einen solchen von 0,85 % der Rente ein.
Im Mai 1995 beantragte die Klägerin unter Hinweis auf den zu ihren Gunsten bestehenden Beihilfetatbestand die Halbierung ihres Beitragsanteils am Pflegeversicherungsbeitrag. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 28. Juni 1995 ab. Der halbe Beitragssatz gelte nach § 55 Abs 1 Satz 2 Elftes Sozialgesetzbuch (SGB XI) iVm § 28 Abs 2 SGB XI nur für solche Personen, die nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit und Pflege Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge hätten. Diese Voraussetzung werde lediglich von Personen erfüllt, die selbst beihilfeberechtigt seien, nicht hingegen auch von berücksichtigungsfähigen Angehörigen. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 1995 - zugestellt am 28. Juli 1995 - als unbegründet zurück.
Mit ihrer hiergegen am 16. August 1995 vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhobenen Klage hat die Klägerin die Ansicht vertreten, § 28 Abs 2 SGB XI erfasse sowohl Beihilfeberechtigte als auch berücksichtigungsfähige Angehörige. Der Norm sei nicht zu entnehmen, daß zwischen originärem und abgeleitetem Anspruch auf Beihilfe unterschieden werde.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 24. Januar 1996 abgewiesen. § 55 Abs 1 Satz 2 SGB XI, nach dem der Beitragssatz für Personen halbiert werde, bei denen § 28 Abs 2 SGB XI Anwendung finde, greife zugunsten der Klägerin nicht ein. Sie gehöre nicht zu dem in § 28 Abs 2 SGB XI angesprochenen Personenkreis. Die Vorschrift gelte nur für Personen, die einen Anspruch auf Beihilfe hätten. Der Klägerin stehe ein solcher jedoch nicht zu. Einen Anspruch auf Beihilfe habe nur ihr Ehemann (§ 2 Abs 1 Nr 2 Beihilfevorschriften des Bundes - BhV -), der berechtigt sei, Aufwendungen auch für sie geltend zu machen. Der Umstand, daß die Klägerin insoweit gemäß § 3 Abs 1 Satz 1 Nr 1 BhV berücksichtigungsfähig sei, verleihe ihr keine eigene Anspruchsposition. Auf der Grundlage der Gesetzesmaterialien werde zwar in der Literatur vertreten, daß § 28 Abs 2 SGB XI auch für die beitragsfrei mitversicherten Familienversicherten gelte, die nach dem Beihilferecht lediglich berücksichtigungsfähig seien. Hieraus ergebe sich jedoch nichts zugunsten der Klägerin. Diese sei nämlich gemäß § 20 Abs 1 Nr 11 SGB XI selbst pflichtversichert.
Gegen die ihr am 20. Februar 1996 zugestellte erstinstanzliche Entscheidung hat die Klägerin am 13. März 1996 Berufung vor dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen eingelegt. Sie vertritt weiterhin die Ansicht, zum Personenkreis des § 28 Abs 2 SGB XI zu gehören. Ihr stehe bereits heute - vermittelt über ihren Ehemann - ein Beihilfeanspruch zu. Nach dem Tod ihres Mannes werde sie selbst unmittelbar beihilfeberechtigt nach § 2 Abs 1 Nr 3 BhV. Angesichts dieser Automatik könne die Interpretation der Beklagten und des SG nicht richtig sein.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 24. Januar 1996 und den Bescheid der Beklagten vom 28. Juni 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 1995 aufzuheben und
2. die Beklagte zu verpflichten, den Beitragssatz der Klägerin zur Pflegeversicherung auf die Hälfte des Beitragssatzes nach § 55 Abs 1 Satz 1 Elftes Sozialgesetzbuch (SGB XI) festzusetzen.
Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Ergänzend weist die Beklagte darauf hin, daß sie für die Entscheidung über die Höhe der von der Klägerin zu entrichtenden Beiträge zuständig sei.
Die Beigelade...