Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Erstattungspflicht des Arbeitgebers. Vorausentscheidung des Arbeitsamtes. Personalminderung

 

Leitsatz (amtlich)

Entscheidungen des Arbeitsamtes nach § 128 Abs 7 S 2 AFG dienen der Planungshilfe und Planungssicherheit des Arbeitgebers. Demgemäß sind sie auf die Zukunft gerichtet. Sie kommen für einen Nachvollzug bereits vollständig erfolgter Beendigung von Arbeitsverhältnissen nicht in Betracht.

 

Orientierungssatz

Zu den Voraussetzungen des Befreiungstatbestandes der Verminderung der Arbeitnehmeranzahl gemäß § 128 Abs 1 S 2 Nr 6 AFG.

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Beklagte zutreffend den Tatbestand des Nichteintritts der Verpflichtung zur Erstattung des Arbeitslosengeldes aus § 128 Abs 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) nach § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 6 AFG gemäß § 128 Abs 7 S 2 AFG festgestellt hat.

Die Klägerin beantragte am 10. Januar 1995 gemäß § 128 Abs 7 Satz 2 AFG die Feststellung des Befreiungstatbestandes nach § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 6 AFG. In dem Antrag gab sie als den ihr günstigsten Jahreszeitraum die Zeitspanne vom 1. März 1994 bis zum 28. Februar 1995 an. Ihrem Antrag fügte sie eine vollständige Liste der bei ihr beschäftigten Mitarbeiter, versehen mit dem Geburtsdatum und den Daten des Ausscheidens, bei. Mit Bescheid vom 7. März 1995 stellte das Arbeitsamt (AA) V fest, dass für 12 namentlich genannte Arbeitnehmer, die sämtlich in der Zeit bis zum 31. Dezember 1994 ausgeschieden waren und das 56. Lebensjahr vollendet hätten, eine Erstattungspflicht nach § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 6 AFG nicht eintrete.

Mit ihrem Widerspruch teilte die Klägerin mit, der Beurteilungszeitraum verschiebe sich auf die Zeit vom 1. April 1994 bis zum 31. März 1995. Abweichend von den im Bescheid vom 7. März 1995 genannten 12 Arbeitnehmern solle nur für 11 sowie für einen dort nicht genannten Arbeitnehmer die Beurteilung erfolgen. Zugrunde lag ein Anhörungsschreiben des AA S an die Klägerin vom 7. März 1995 bezüglich dieses Arbeitnehmers zur Erstattung von diesem gewährtem Arbeitslosengeld (Alg). Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 1995).

Den am 11. Juli 1995 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin mit der am 8. August 1995 eingegangenen Klage bekämpft. Diese hat sie damit begründet, zunächst sei die vorläufige Planung auf den Zeitraum vom 1. März 1994 bis zum 28. Februar 1995 im Hinblick auf größeren Personalabbau bezogen gewesen. Man habe dann aber die Planung geändert, weil ein bestimmter Arbeitsplatz ersatzlos zum 31. März 1995 infolge Automatisierung des Kassenwesens weggefallen sei. Dies sei vorher nicht absehbar gewesen. Daraufhin habe sich als günstigster Jahreszeitraum die Zeitspanne vom 1. April 1994 bis zum 31. März 1995 herausgestellt. Das AA habe telefonisch den Rat erteilt, den ursprünglichen Antrag (Nr 1) zurückzunehmen nach Einlegung des Widerspruchs und einen neuen Antrag zu stellen. Dem sei die Klägerin mit dem Widerspruch gefolgt, in dem ein neuer Antrag enthalten gewesen sei. Der Widerspruch sei auszulegen als Rücknahme des ersten Antrags verbunden mit einem neuen Antrag. Die Beklagte habe die ihr obliegende Beratungspflicht verletzt. Bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist sei die Rücknahme des Antrags möglich gewesen. Mit der Antragsrücknahme seien die Entscheidungsvoraussetzungen für die Beklagte weggefallen. Das Vorgehen der Beklagten widerspreche einem eigenen Runderlass (Nr 11/1993). Die Voraussetzungen des § 48 SGB X hätten vorgelegen, auch habe nach § 47 Abs 1 Nr 1 SGB X die Beklagte unter Ausübung von Ermessen entscheiden müssen. Eine Ermessensausübung habe nicht stattgefunden. Die Klägerin sei durch das Vorgehen der Beklagten schlechter gestellt als ein Arbeitgeber, welcher eine Vorausentscheidung nicht beantragt hätte.

Das Sozialgericht O (SG) hat mit Urteil vom 7. Januar 1999 die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, der Antrag sei nicht mehr zurücknehmbar gewesen. Eine entgegenstehende, zum Rentenrecht getroffene Entscheidung des BSG (SozR 3 -- 2500 § 50 Nr 3) sei hier nicht einschlägig, weil der Antrag auf Feststellung des Befreiungstatbestandes nicht ein Leistungsbegehren enthalte und die Klägerin ihrerseits nicht Versicherte sei. Es seien auch die Interessen der Versichertengemeinschaft zu berücksichtigen. Dieser würden unzumutbare Nachteile entstehen, wenn noch nach Wirksamwerden der Verwaltungsentscheidung, § 39 Abs 1 SGB X eine Antragsrücknahme zulässig wäre.

Das am 8. Februar 1999 zugestellte Urteil greift die Klägerin mit ihrer am 3. März 1999 eingegangenen Berufung an, die sie mit ihrem erstinstanzlichen Vorbringen begründet.

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

1.

das Urteil des Sozialgerichts O vom 7. Januar 1999 und den Bescheid vom 7. März 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 1995 aufzuheben,

2.

die Beklagte zu verurteilen, erneut nach § 128 Abs 1 Satz 2 ...

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