Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahnersatz. Ausschluß implantologischer Leistungen. Gesetzeslücke. fehlende Alternative. zahnmedizinischer Grund. gesetzlicher Zuschuß
Orientierungssatz
1. § 28 Abs 2 S 4 bzw S 9 SGB 5 enthält hinsichtlich des Ausschlusses implantologischer Leistungen der für "normalen" Zahnersatz nicht geeigneten Kieferverhältnisse eine planwidrige unbeabsichtigte Gesetzeslücke (Festhaltung an LSG Celle vom 23.2.2000 - L 4 KR 217/98).
2. Ist für einen Versicherten aus zahnmedizinischen Gründen eine Alternative zur implantologischen Behandlung ausgeschlossen, besteht Anspruch auf den gesetzlichen Zuschuß für Zahnersatz gemäß § 30 Abs 1 SGB 5.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Kostenerstattung für einen implantatgestützten Zahnersatz (Suprakonstruktion).
Bei der 1939 geborenen Klägerin besteht eine fortgeschrittene Atrophie des Alveolarfortsatzes im Unterkiefer. Eine Neuanfertigung einer Totalprothese im Juli 1996 und eine Unterfütterung im September 1996 konnte die Kaufunktion für den Unterkiefer nicht ausreichend und funktionstüchtig wiederherstellen (vgl Stellungnahme des Zahnarztes Dr A, H, vom 22. April 1997). Die Klägerin entschloss sich deshalb für eine Versorgung mit implantatgestütztem Zahnersatz.
Im März 1997 wurden ihr durch Dr Dr E, Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, H, vier Implantate in den Unterkiefer eingesetzt. Für die am 21. März 1997 beendete Behandlung wurden der Klägerin 7.172,07 DM in Rechnung gestellt (vgl Rechnung des Dr Dr E vom 2. Juli 1997; Anlageheft zu der Klageschrift). Den Antrag auf Übernahme der Kosten für die vier Implantate stellte die Klägerin erst nach Abschluss dieser Behandlungsmaßnahme. Ein mündlicher Antrag wurde am 25. März 1997 und ein schriftlicher am 23. Mai 1997 unter Vorlage einer Stellungnahme des behandelnden Zahnarztes Dr A vom 22. April 1997 bei der Beklagten gestellt. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 29. Mai 1997 ab, da zahnärztliche Implantate einschließlich der Suprakonstruktion nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehörten. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 23. Juni 1997 Widerspruch ein. Die Beklagte holte eine Stellungnahme beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Niedersachsen, Hannover, Zahnarzt B, ein. Dieser kam in seiner Stellungnahme vom 7. September 1997 zu der Beurteilung, dass das vorliegende Röntgenbild eine starke Atrophie des Unterkiefers zeige. Auf dieser Grundlage und nach den Befunderhebungen des behandelnden Zahnarztes erscheine es unmöglich, eine herkömmliche Totalprothese funktionsfähig herzustellen. Eine Implantatversorgung sei in diesem Falle medizinisch erforderlich. Unter Hinweis auf die gesetzliche Regelung nach § 28 Abs 2 Sozialgesetzbuch -- Gesetzliche Krankenversicherung --SGB V -- lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenbeteiligung für implantologische Maßnahmen/Zahnersatz mit Bescheid vom 25. September 1997 erneut ab. Der von der Klägerin aufrecht erhaltene Widerspruch wurde mit Bescheid des Widerspruchsausschusses vom 11. Dezember 1997 zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 13. Januar 1998 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Sie hat vorgetragen, sie leide seit längerer Zeit an einer fortgeschrittenen Alveolarfortsatzatrophie mit insuffizientem Prothesenlager, von der besonders der dadurch seit über einem Jahr zahnlose Unterkiefer betroffen sei. Sie verwies auf das Schreiben ihres Zahnarztes Dr ... und das Gutachten des MDK und darauf, dass durch die Neuanfertigung einer Totalprothese im Juli 1996 als auch durch deren Unterfütterung im September 1996 die Kaufunktion für den Unterkiefer weder ausreichend noch funktionstüchtig herzustellen gewesen sei. Aufgrund ihres Zustandes habe sie kaum noch feste Nahrung zu sich nehmen können, was bei ihr zu einer Gewichtsreduktion von 14 kg geführt habe, so dass ihr Körpergewicht bei einer Körpergröße von 1,70 cm nur noch 49 kg betragen habe. Zu dem habe sie infolge der mangelhaften Nahrungsaufnahmemöglichkeit an starken Magen- und Verdauungsbeschwerden und auch längere Zeit unter Schlaflosigkeit gelitten.
Das SG hat eine Stellungnahme des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen vom 5. März 1998 eingeholt.
Mit Urteil vom 28. April 1999 hat es der Klage zum Teil stattgegeben und die Beklagte unter Änderung der angefochtenen Bescheide dem Grunde nach verurteilt, die Kosten der im Falle der Klägerin eingegliederten Suprakonstruktion in Höhe des gesetzlichen Zuschusses zu erstatten, der für Zahnersatz bei regulären Kieferverhältnissen zu gewähren wäre. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein Erstattungsanspruch der Kosten für die eigentliche Implantatbehandlung mit den Kosten in Höhe von 7.172,07 DM scheide schon deshalb aus, weil das Einsetzen der Implantate ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Rechnung von Dr Dr E bereits am 21. März 1997 beendet g...