Entscheidungsstichwort (Thema)

landwirtschaftliche Unfallversicherung. Rechtmäßigkeit der Satzung. Beitragsmaßstab. Flächenwert. durchrationalisierter Betrieb. Gleichheitssatz

 

Orientierungssatz

Zur Rechtmäßigkeit bzw. Verfassungsmäßigkeit einer Satzung einer landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, die für die Beitragsbemessung den Flächenwert als Beitragsmaßstab zugrunde legt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 20.02.2001; Aktenzeichen B 2 U 2/00 R)

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Höhe der Beitragsforderungen zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung ab 1992. Streitig ist, ob der Berechnung der Flächenwert zugrunde gelegt werden durfte.

Der Kläger betreibt seit Juli 1991 ein landwirtschaftliches Unternehmen in W in Mecklenburg-Vorpommern. Er ist Mitglied der Beklagten, deren Zuständigkeit sich auf die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, Thüringen und Berlin erstreckt (§ 4 der Satzung).

Gemäß § 35 der Satzung vom 10. Dezember 1991 wird für jedes Unternehmen der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft und des Weinbaues ein Grundbeitrag festgesetzt. Außerdem wird für diese Unternehmen ein Flächenwertbeitrag berechnet.

§ 36 der Satzung lautete wie folgt:

(1)     Der Flächenwert für Unternehmen mit Bodenbewirtschaftung berechnet

sich aus der Summe der Einzelflächenwerte, die nach Abs. 2 -- 7 und 10 gebildet werden.

(2)     Der Einzelflächenwert für landwirtschaftlich genutzte Flächen wird

durch Vervielfachung des durchschnittlichen Hektar-Wertes des Ortes, in dem des Unternehmen seinen Sitz hat, mit der Fläche gebildet.

(3)     Der durchschnittliche Hektar-Wert für landwirtschaftlich genutzte

Flächen errechnet sich aus der durchschnittlichen landwirtschaftlichen Vergleichszahl des Ortes, vervielfältigt mit dem nach § 40 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes festgesetzten Ausgangswert (37,26 DM). Er wird auf höchstens 2.000,00 DM begrenzt.

(4)     Der Hektar-Wert für die auf andere Weise genutzten Flächen,

insbesondere Obstbau, Weinbau, Hopfen, Spargel, Gemüse sowie Baumschulen, beträgt das Zweifache, für Unterglaskulturen das Zehnfache des durchschnittlichen Hektar-Wertes für landwirtschaftlich genutzte Flächen.

(5)     Der Einzelflächenwert für forstwirtschaftlich genutzte Flächen wird

durch Vervielfachung eines einheitlichen Hektar-Wertes von 100,00 DM mit der Fläche gebildet.

(6)     Für Geringstland wird der Flächenwertberechnung ein einheitlicher

Hektar-Wert von 30,00 DM zugrunde gelegt.

(7)     Für landwirtschaftliche Nutzflächen, die eine den Zielen des Natur-

und Umweltschutzes dienende Landschaftspflege erhalten, ohne dass wirtschaftlicher Nutzen aus ihnen gezogen wird, wird der Einzelflächenwert durch Vervielfachung eines einheitlichen geringeren Hektar-Wertes mit der Fläche gebildet. Das Nähere bestimmt der Vorstand.

(8)     Für die Unternehmen der Schafhaltung entspricht ein Großtier einem

Flächenwert von 20,00 DM. Die ausschließlich durch Schafhaltung genutzte Fläche bleibt für die Feststellung des Flächenwertes außer Ansatz.

(9)     Übersteigt die Anzahl der Vieheinheiten die in § 35 Abs. 3 Satz 1

bezeichnete Grenze, entspricht jede übersteigende Vieheinheit einem Flächenwert von 100,00 DM.

Der Flächenwertbeitrag wird nach einem Tausendsatz des nach § 36 der Satzung ermittelten Flächenwertes berechnet (Hebesatz). Dabei werden die der Beitragsberechnung zugrunde liegenden Flächenwerte auf volle 100,00 DM abgerundet (§ 37 Abs. 1 der Satzung).

Die Satzung ist in der Folgezeit fünfmal geändert worden, die Änderungen betreffen aber nicht die hier relevanten Bestimmungen.

Mit Bescheid vom 17.02.1993 (in der Fassung des Änderungsbescheides vom 21.6.1993) forderte die Beklagte vom Kläger einen Umlagebeitrag für 1992 in Höhe von 27.808,71 DM. Mit Bescheid vom 17.02.1994 (in der Fassung des Änderungsbescheides vom 18.04.1994) forderte sie einen Umlagebeitrag für 1993 in Höhe von 27.488,26 DM.

Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, er habe Löhne und Gehälter infolge von Rationalisierungsmaßnahmen senken können, trotzdem sei der Beitrag zur Unfallversicherung nicht vermindert worden. Der Flächenwert sei nicht geeignet, das Unfallrisiko zu erfassen, er benachteilige große, sehr gut durchrationalisierte Betriebe. Der Beitrag habe sich an der Lohnsumme zu orientieren, diese sei besser geeignet, das Unfallrisiko zu erfassen. Den Widerspruch des Klägers gegen beide Bescheide wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 1994 zurück.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Stade hat der Kläger unter anderem vorgetragen, er habe stark rationalisiert, statt 150 Personen zu DDR-Zeiten seien heute nur noch 4 Personen beschäftigt, die Beiträge zur Unfallversicherung überstiegen die Krankenversicherungsbeiträge. Bei der Höhe der Beiträge bleibe die Unfallgefahr unberücksichtigt. Seiner Ansicht nach sei eine Gruppeneinteilung nach Hofgröße erforderlich. Durch den Flächenwert komme es zu einer Schematisierung. Dies sei nach der Rechtsprechung des BSG nur unbeachtlich, ...

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