Entscheidungsstichwort (Thema)
Soldatenversorgung. Wehrdienstbeschädigung. Herzinfarkt. Sturzverletzungen. innere Ursache. Kausalität. gesetzliche Unfallversicherung
Orientierungssatz
1. Zur Nichtanerkennung eines - nach einem im Rahmen einer Wehrdienstverrichtung durchgeführten 20 km-Gepäcklaufes auf Zeit - erlittenen Herzinfarktes als Wehrdienstbeschädigung iS des § 81 Abs 1 SVG.
2. Haben zu einem Erfolg (einem Körperschaden) mehrere Bedingungen beigetragen, so sind nur diejenigen Ursachen im Rechtssinn, die von ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Schadens wenigstens den anderen Bedingungen gleichwertig sind. Kommt dagegen einem der Umstände gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist er allein Ursache im Rechtssinn.
3. Die Bewertung eines Sturzes als Unfall iS des § 81 Abs 1 Alt 2 SVG ist nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil für den Sturz keine außerhalb der Person liegende Ursache existiert. Eine solche ist nicht erforderlich. Die in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 81 SVG gegebene Definition des Unfallbegriffes scheint eine solche außerhalb des Soldaten gelegene Ursache für das schädigende Ereignis vorauszusetzen. Entgegen dem Wortlaut der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift ist eine solche äußere Ursache jedoch nicht erforderlich.
4. Im Bereich des § 81 Abs 1 Alt 2 SVG ist ein innerer Zusammenhang zwischen der wehrdienstlichen Tätigkeit und dem Unfallereignis nicht gefordert. Insoweit geht der soldatenversorgungsrechtliche Schutz weiter als der unfallversicherungsrechtliche, bei dem ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall bei Vorliegen einer inneren Ursache im Regelfall abgelehnt wird.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Zugunstenverfahren darüber, ob bei dem Kläger gesundheitliche Folgen eines Ereignisses vom 8. Oktober 1991 als Wehrdienstbeschädigungsfolgen im Sinne des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) festzustellen sind.
Der 1937 geborene Kläger war von 1963 bis zum 30. September 1993 Soldat der Bundeswehr, zuletzt als Berufssoldat im Range eines Oberstleutnants. In den letzten Jahren vor dem streitigen Ereignis war er als Kommandeur in einer Panzertruppenschule eingesetzt. Im Rahmen der körperlichen Ertüchtigung der Lehrgangsteilnehmer waren auch die Ausbilder, so auch der Kläger, gehalten, an einem militärischen Vierkampf teilzunehmen, zu dem auch ein 20 km-Gepäcklauf auf Zeit gehörte. Der Kläger nahm nach seiner Erklärung seit 1986 regelmäßig an dem Vierkampf teil. Jedes Jahr bereitete er sich in der Weise auf den Lauf vor, daß er einige Monate vorher Läufe über die gleiche Distanz ohne Gepäck absolvierte. Darüber hinaus hat er erklärt, durchgängig Läufe von 3-5 km absolviert zu haben.
Am Vormittag des 8. Oktober 1991 nahm der Kläger erneut an einem 20 km-Gepäcklauf auf Zeit teil. An die letzten 1,5 km des Laufes vor dem Ziel hat der Kläger keine Erinnerung mehr. Nach dem Zieldurchlauf hat der Kläger nach Zeugenaussagen ein frisches Unterhemd angezogen und sich mit anderen Soldaten unterhalten. Dann hat er sich von den anderen Soldaten verabschiedet und sich in Richtung Lehrgruppe begeben. Nach etwa 70 m Fußweg ist er ohne ersichtliche Abstützungsreaktion umgefallen. Von herbeigekommenen anderen Soldaten wurde er bewußtlos mit Atemstillstand aufgefunden. Der Kläger war mit der rechten Kopfseite und dem Nacken auf eine betonierte Raseneinfassung gestürzt. Im Kreiskrankenhaus S wurde ein frischer Vorderwandinfarkt, Lähmungen der linken Körperhälfte nach Halswirbelsäulenverletzung sowie der Bruch bzw die Lockerung von 6 Zähnen festgestellt. Bis zum 16. April 1992 war der Kläger dienstunfähig.
Im Rahmen der auf die Anlage des WDB-Blattes vom 2. Dezember 1991 von dem Wehrbereichsgebührnisamt V (WBGA V) eingeleiteten Ermittlungen erstattete die Stabsärztin D unter dem 29. April 1992 ein Gutachten über den Kläger. Sie vertrat darin zusammenfassend die Auffassung, es sei bei dem Kläger durch eine Überlastung bei dem militärischen Vierkampf zu dem Herzinfarkt gekommen. Für die Zeit bis zum 9. März 1992 schätzte sie die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) mit 100 vH, für die Zeit danach mit 50 vH ein. Dabei ging sie für die Folgen des Herzinfarktes von einer Teil-MdE von 30 vH und für die Lähmung der linken Hand von einer solchen von 20 vH aus. Die Halsmarkquetschung und der Teilverlust von Zähnen hätten keine meßbare MdE hinterlassen.
Dazu nahm auf Veranlassung des WBGA V Dr. B vom Sanitätsamt der Bundeswehr unter dem 12. November 1992 Stellung. Er wies darauf hin, bei dem Kläger sei bereits seit 1979 eine Fettstoffwechselstörung bekannt gewesen. Eine solche Störung stelle einen Hauptrisikofaktor für den Eintritt eines späteren Herzinfarktes dar. Der 20-km-Lauf sei für den Eintritt des Herzinfarktes demgegenüber nicht von wesentlicher Bedeutung. Er stelle nur eine Gelegenheitsursache dar. Darauf gestützt hat die Beklagte mit Bescheid vom 7. Dezemb...