Entscheidungsstichwort (Thema)

Wehrdienstbeschädigung. Feststellung. MdE. Wehrbereichsgebührnisamt. Bindungswirkung. Versorgungsverwaltung

 

Orientierungssatz

Zum Nichtvorliegen einer Bindung der Versorgungsverwaltung an Entscheidungen des Wehrbereichsgebührnisamtes (WBGA) iS des § 88 Abs 3 SVG, wenn das WBGA die Höhe der MdE nur für einen abgrenzbaren Zeitraum festsetzt (Ausscheiden aus der Bundeswehr) und bezüglich der Entscheidung über den Versorgungsanspruch für den danach liegenden Zeitraum auf die Zuständigkeit der Versorgungsverwaltung hinweist.

 

Tatbestand

Der 1962 geborene Kläger begehrt die teilweise Rücknahme der Erstbewilligung von Beschädigtenrente nach Maßgabe des § 80 Soldatenversorgungsgesetz (SVG). Er verlangt Zahlung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 vH statt nur um 40 vH und begründet dies damit, daß er von der Wehrverwaltung bis zur Beendigung seiner Dienstzeit bei der Bundeswehr Ausgleich nach einer MdE um 50 vH erhalten habe.

Aus der Bundeswehr ausgeschieden ist der Kläger zum 30. Juni 1986. Die im Juni 1985 erfolgte Mitteilung über eine mögliche Wehrdienstbeschädigung veranlaßte das Wehrbereichsgebührnisamt (WBGA) III in D zur Einholung des hämatologisch-internistischen Gutachtens des U -Krankenhauses H vom 18. Dezember 1986, in dem Prof Dr. H und Oberarzt Dr. Z zu dem Ergebnis kamen, eine aplastische Anaemie sei Schädigungsfolge im Sinne des SVG und bedinge eine MdE um 50 vH, seit Juli 1986 wegen erkennbarer Verbesserung der Knochenmarkfunktion eine MdE um 40 vH.

Dieses nach Ende der Dienstzeit des Klägers erstattete Gutachten und dazu eingeholte ärztliche Stellungnahmen führten zu folgendem Ablauf:

Nachdem das WBGA Fragen zur Entstehung und auch zum Beginn der Erkrankung abgeklärt hatte, erließ es den Bescheid vom 20. Januar 1988, mit dem es "Aplastische Anaemie durch Knochenmarksschädigung" im Sinne der Entstehung als Wehrdienstbeschädigungsfolge anerkannte und dem Kläger Ausgleich nach einer MdE um 40 vH ab Juni 1984 und um 50 vH ab Oktober 1984 gewährte, befristet bis Juni 1986, dem Ende der Dienstzeit des Klägers.

Über die Zeit ab Juli 1986 erließ das Versorgungsamt (VA) V, nachdem es die Akten des WBGA erhalten und ausgewertet hatte, den Erstanerkennungsbescheid nach §§ 80, 81 SVG vom 17. Februar 1988. Es übernahm die vom WBGA gewählte Bezeichnung der Wehrdienstbeschädigungsfolge, setzte den Grad der MdE als Grundlage für die ab Juli 1986 bewilligte Beschädigtenrente aber auf nur 40 vH fest. Diese Entscheidung nahm der Kläger unangefochten hin.

Im Zusammenhang hiermit wollte das VA auch den nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) zunächst mit 50 bewerteten Behinderungsgrad (Bescheid vom 6. Mai 1986) auf 40 herabsetzen (Bescheid vom 9. August 1988). Daß diese Herabsetzung rechtswidrig sei und der Bescheid vom 9. August 1988 deshalb aufgehoben werde, entschied das Sozialgericht (SG) Stade mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 7. März 1991 (Az: S 1 Vs 359/88): Eine wesentliche Änderung der für den Bescheid vom 6. Mai 1986 maßgebenden Verhältnisse lasse sich auch und gerade unter Berücksichtigung der im SVG-Verfahren getroffenen Feststellungen nicht nachweisen, zumal sich das Gutachten der Universität H vom 18. Dezember 1986 auf Untersuchungsbefunde vom 24. Januar 1985 gestützt habe.

Dieses Urteil nahm der Kläger zur Begründung seines im März 1991 beim VA eingereichten Antrages, die Beschädigtenrente rückwirkend auf 50 % zu erhöhen. Daraufhin leitete das VA weitere Ermittlungen ein und ließ den Kläger insbesondere durch den Internisten Dr. S ambulant untersuchen. Aufgrund dessen Gutachtens vom 10. April 1992 lehnte das VA ab, seinen Erstanerkennungsbescheid vom 17. Februar 1988 in der Höhe der festgestellten MdE zurückzunehmen. Diesen Ablehnungsbescheid vom 7. Mai 1992 bestätigte das Landesversorgungsamt Niedersachsen mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 1993, nachdem noch weitere ärztliche Stellungnahmen eingeholt worden waren.

Im Klageverfahren hat das SG Stade ärztliche Berichte beigezogen und auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den Internisten Prof Dr. B von der Universität M gehört. Er ist in seinem Untersuchungsgutachten vom 8. Januar 1996 zu dem Ergebnis gekommen, die MdE sei auch und schon ab Juli 1986 mit 50 % zu bewerten gewesen, und hat daran in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 4. August 1997 festgehalten. Der Beklagte hat dieser Beurteilung versorgungsärztliche Stellungnahmen des Internisten Dr. P vom 10. Juni 1996 und 4. September 1997 entgegengehalten, denen das SG letztlich gefolgt ist. Mit Urteil vom 23. Oktober 1997 hat es die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, ausgeführt: Bei der Bewertung der MdE mit 40 vH habe der Beklagte die Befunde richtig ausgewertet und die maßgebenden Beurteilungsgrundsätze zutreffend zur Anwendung gebracht.

Gegen dieses Urteil, das dem Kläger am 14. November 1997 zugestellt worden ist, richtet sich seine am 5. Dezember 1997 eingeg...

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