Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflegegeld. Kürzung. unterschiedliche Verbrauchergeldparität. Inland. Ausland
Leitsatz (amtlich)
1. Gewährt der Unfallversicherungsträger Pflegegeld nach § 558 Abs 3 RVO, dann kann er dieses auch bei einer wesentlichen Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen iS von § 48 Abs 1 SGB 10 nur im Rahmen einer erneuten Ermessenentscheidung kürzen.
2. Zur Frage, inwieweit bei einem im Ausland lebenden Pflegegeldempfänger Kaufkraftunterschiede zwischen Deutschland und dem Land des gewöhnlichen Aufenthaltes bei der Bemessung der Höhe des Pflegegeldes berücksichtigt werden können.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich dagegen, daß ihm die Beklagte seit Juli 1994 Pflegegeld unter Berücksichtigung eines Kaufkraftunterschiedes zwischen Deutschland und Spanien nur noch in geminderter Höhe gewährt.
Der 1949 geborene Kläger erlitt am 20. Februar 1990 bei einem von der Beklagten zu entschädigenden Arbeitsunfall Walzenquetschverletzungen beider Unterarme und Hände mit dadurch bedingter Gebrauchsunfähigkeit beider Hände. Die Folgen dieser Verletzung sind praktisch dem Verlust beider Arme im Unterarm gleichzusetzen. Die Beklagte gewährt dem Kläger eine Dauerrente nach einer MdE um 100 vH.
Mit Bescheid vom 15. Oktober 1991 gewährte die Beklagte dem Kläger ferner entsprechend den für Ohnhänder geltenden Richtlinien Pflegegeld auf Dauer in Höhe von 60 %. Dies entsprach unter Berücksichtigung der jährlichen Rentenanpassungen im Juni 1994 einem monatlichen Pflegegeld von 1.222,60 DM. Wäre der Kläger im Bundesgebiet geblieben, dann hätte sich das Pflegegeld unter Berücksichtigung der Erhöhung zum 1. Juli 1994 um 1,0305 %, ab Juli 1994 auf 1.259,90 DM erhöht.
Da der Kläger jedoch zwischenzeitlich in sein Heimatland Spanien zurückgekehrt war, gewährte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 9./14. Juni 1994 idF des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 1995 nicht den vollen Betrag von 1.259,90 DM, sondern lediglich 1.104,00 DM, entsprechend 90.995 spanische Peseten. Zur Begründung erläuterte sie: Im Rahmen der Anpassung der Leistungen zum 1. Juli 1994 sei das Pflegegeld zugleich dem Lebenshaltungskostenindex des Aufenthaltslandes des Klägers, mithin dem spanischen Kostenindex, angeglichen worden. Dabei habe es sich um eine bei den Unfallversicherungsträgern übliche Verfahrensweise gehandelt. Das Pflegegeld werde als Ersatz für die Sachleistung Pflege angesehen. Sachleistungen werden üblicherweise von den Trägern des Aufenthaltslandes erbracht. Um Pflegegeld überhaupt ins Ausland erbringen zu können, sei Mitte der 70er Jahre in Abstimmung mit dem Hauptverband der Gesetzlichen Unfallversicherungsträger und dem Bundesarbeitsministerium ein neues Verfahren eingeführt worden, bei dem das Pflegegeld im Auslandsbezug als Quasi-Geldleistung deklariert worden sei. Der Bezug zur Sachleistung Pflege sei aber dadurch gewahrt worden, daß über eine Umrechnungsformel, die auch die Verbrauchergeldparität und damit das Niveau der Lebenshaltungskosten im Aufenthaltsstaat berücksichtige, im Regelfall eine Reduzierung des Pflegegeldbetrages vorgenommen werde.
In Anwendung dieser Grundsätze hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden - unter Heranziehung einer vom Statistischen Bundesamt bezogen auf Spanien für den Monat Januar 1994 ermittelten Abweichung der Verbrauchergeldparität (nach deutschem Schema) vom Devisenkurs um 14,1 % - den sich bei einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet ergebenden Zahlbetrag von 1.259,88 DM durch den Faktor 1,141 dividiert und so den dem Kläger tatsächlich gewährten Betrag von 1.104,00 DM ermittelt.
Entsprechend ermittelte die Beklagte unter Heranziehung der vom Statistischen Bundesamt für den Monat November 1994 ermittelten Differenz zwischen der Verbrauchergeldparität und dem Devisenkurs einerseits und der zum 1. Juli 1995 vorzunehmenden Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung um 1,0027 mit Bescheid vom 8. Juni 1995 für die Zeit ab Juli 1995 einen neuen Zahlbetrag von 1.106,80 DM, entsprechend 94.850,55 Peseten. Die nachfolgenden Änderungsbescheide vom 8. Juni 1996 und 8. Juni 1997 gewährten jeweils mit Wirkung von Juli des jeweiligen Jahres Pflegegeldzahlungen in Höhe von 1.222,20 DM (entsprechend 95.721,41 Peseten) bzw von 1.172,78 DM (entsprechend 99.096,40 Peseten).
Mit der am 16. August 1995 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, daß die von der Beklagten vorgenommene Kürzung um mehr als 10 % jeder gesetzlichen Grundlage entbehre und namentlich Art 52 Abs b der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 widerspreche.
Mit Urteil vom 12. August 1997, dem Kläger zugestellt am 7. Oktober 1997 hat das Sozialgericht (SG) H die Klage abgewiesen und zur Begründung insbesondere ausgeführt: Nach § 558 Abs 3 RVO könne statt der Sachleistung Pflege ein Pflegegeld gewährt werden. Die Entscheidung über Grund und Höhe der Gewährung von Pflegegeld stehe im Ermessen des Unfallversicherungsträgers. Im Falle des Klägers seien die in Spanien anfallenden Pflegekosten aufgrund der unterschiedli...