Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausbildungsanrechnungszeit. Dauer der unvermeidlichen Zwischenzeit
Leitsatz (amtlich)
1. Nach der Rechtsprechung des BSG ist die zwischen zwei Ausbildungszeiten liegende "unvermeidliche Zwischenzeit" noch der vorangegangenen Ausbildungszeit zuzurechnen, wenn sie vier Monate nicht überschreitet, generell unvermeidbar und durch die Organisation des Unterrichtswesens bedingt typisch und in diesem Sinne häufig ist (vgl auch zur Entwicklung der Rechtsprechung BSG vom 31.3.1992 - 4 RA 3/91 = BSGE 70, 220 = SozR 3-2600 § 252 Nr 1 und BSG vom 1.2.1995 - 13 RJ 5/94 = SozR 3-2600 § 58 Nr 3).
2. Maßgebend für die Ausdehnung des Ausbildungs-/Anrechnungszeittatbestandes auf eine unvermeidliche Zwischenzeit ist, ob diese von zwei Ausbildungsabschnitten eingebettet ist, dessen erster ein Ausbildungs-/Anrechnungstatbestand iS von § 58 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB 6 sein muß (vgl BSG vom 5.12.1996 - 4 RA 100/95 = SozR 3-2600 § 58 Nr 11).
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob für die Klägerin die Zeit vom 21. März bis 31. März 1963 als Anrechnungszeit bei der Berechnung ihrer Witwenrente zu berücksichtigen ist.
Die Klägerin erhält durch Bescheid vom 20. Juli 1994 die große Witwenrente aus der Versicherung ihres ... 1947 geborenen und ... verstorbenen Ehemannes W L (Versicherter). Für den Versicherten sind erst seit dem 1. April 1963 Pflichtbeiträge entrichtet worden, für die Zeit vorher sind im Versicherungsverlauf keine rentenrechtlichen Zeiten vermerkt.
Der Versicherte hat am 15. März 1963 die Schulausbildung beendet, er hat am 20. März 1963 das 16. Lebensjahr vollendet und am 1. April 1963 eine Berufsausbildung begonnen, für die Pflichtbeiträge entrichtet worden sind.
Mit ihrem gegen den Bescheid vom 20. Juli 1994 eingelegten Widerspruch hat die Klägerin die Anerkennung der Anrechnungszeit vom 21. März bis 31. März 1963 geltend gemacht. Es handele sich um die Ferienzeit zwischen Beendigung der Schule und dem Beginn der Lehre. Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch durch Bescheid vom 26. Januar 1995 zurück mit der Begründung, daß nur solche Übergangszeiten als Anrechnungszeiten berücksichtigt werden könnten, die zwischen anerkannten Ausbildungszeiten lägen. Die Schulausbildung sei aber keine Anrechnungszeit, weil sie vor Vollendung des 16. Lebensjahres des Versicherten liege. Hiergegen hat die Klägerin bei dem Sozialgericht (SG) Braunschweig Klage erhoben und sie mit Schriftsatz vom 23. Mai 1995 begründet. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien Übergangszeiten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten als Anrechnungszeiten anzurechnen.
Das SG Braunschweig hat die Beklagte durch Urteil vom 14. März 1996 verurteilt, bei der Berechnung der Witwenrente eine Anrechnungszeit vom 21. März bis 31. März 1963 zu berücksichtigen. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird Bezug genommen.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und sie mit Schriftsatz vom 15. Mai 1996 begründet. Eine Übergangszeit könne nur dann als Anrechnungszeit berücksichtigt werden, wenn der erste Ausbildungsabschnitt eine anerkennungsfähige Anrechnungszeit sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 14. März 1996 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat ihre Auffassung mit Schriftsatz vom 28. Juli 1996 begründet.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen des Sachverhalts im übrigen wird auf Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Akten der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Der Senat hat gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Urteil des SG Braunschweig vom 14. März 1996 war aufzuheben. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Berücksichtigung einer Anrechnungszeit vom 21. März bis 31. März 1963 bei der Berechnung ihrer Witwenrente gegen die Beklagte zu.
Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, § 252 Abs. 4 SGB VI sind Anrechnungszeiten auch Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 16. Lebensjahr eine Schule besucht haben. Da der Versicherte am 20. März 1963 das 16. Lebensjahr vollendet hat und die Schulausbildung bereits am 15. März 1963 beendet hat, kann die Schulausbildung nicht als Anrechnungszeit angerechnet werden. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Aus der geschilderten Rechtslage folgt aber, daß auch die zwischen der Schulausbildung und dem Beginn der Lehre liegende Übergangszeit auch nicht nach Vollendung des 16. Lebensjahres eine Ausfallzeit sein kann.
Nach der Rechtsprechung des BSG ist die zwischen zwei Ausbildungszeiten liegende "unvermeidliche Zwischenzeit" noch der vorangegangenen Ausbildungszeit zuzurechnen, wenn sie vier Monate nicht überschreitet, generell unvermeidbar und durch die Organisation des Unterrichtswesens bed...