Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Versorgung. gehbehinderter Versicherter. Elektro-Rollstuhl. Standardausführung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein gehbehinderter Versicherter hat grundsätzlich keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Elektro-Rollstuhl der 10 km/h-Version. Mit einem Elektro-Rollstuhl der Standardausführung (6 km/h-Version) ist sein Grundbedürfnis nach Bewegungsfreiheit grundsätzlich erfüllt.
2. Der Anspruch eines gehbehinderten Versicherten ist grundsätzlich auf Versorgung mit einem Elektro-Rollstuhl mit Säurebatterie beschränkt, wenn die Möglichkeit besteht (Hauswirtschaftsraum, Werkstatt oä), die Batterie ohne Gesundheitsgefährdung zu laden. In diesen Fällen besteht kein Anspruch auf einen Elektro-Rollstuhl mit Elektrolyt-Gel-Batterie.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Mehrkosten für einen Elektrorollstuhl in der 10 km/h-Version und für eine Elektrolyt-Gel-Batterie zu erstatten hat.
Der 1953 geborene und bei der Beklagten bis zum 31. Dezember 1998 versicherte Kläger leidet unter einem Post-Polio-Syndrom und ist deshalb insbesondere erheblich gehbehindert.
Der Kläger bezog bis zum Ende der Mitgliedschaft bei der Beklagten von der dortigen Pflegekasse Pflegegeld nach der Pflegestufe I gemäß § 37 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung - SGB XI. Als Pflegeperson war die Ehefrau des Klägers angegeben.
Der Kläger lebt mit seiner Familie (Ehefrau und drei Kinder) in einem eigenen Wohnhaus. Dieses steht im Miteigentum seiner Ehefrau. Auf Anforderung des Sozialgerichts (SG) hat der Kläger den Hausgrundriss übersandt.
Im November 1997 beantragte der Kläger unter Vorlage einer "ärztlichen Hilfsmittelempfehlung" des Neurologischen Rehabilitationszentrums C. und unter Vorlage von Kostenvoranschlägen die Gewährung eines Elektrorollstuhls für den Außenbereich. Die Beklagte holte mehrere Stellungnahmen bei dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Niedersachsen, Außenstelle Aurich (MDK), ein (vgl Stellungnahmen des MDK vom 10. Dezember 1997, vom 18. Februar 1998 und vom 21. Juli 1998 mit Stellungnahme der Orthopädischen Versorgungsstelle des Versorgungsamtes Oldenburg vom 17. Juli 1998).
Auf der Basis des Kostenvoranschlages der Firma D. vom 19. Mai 1998 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Kostenzusage für den beantragten Elektrorollstuhl E.; sie lehnte es allerdings ab, die Kosten für die 10 km/h-Version des Rollstuhls und für eine Elektrolyt-Gel-Batterie zu übernehmen (Bescheide der Beklagten vom 27. August 1998 und vom 13. November 1998). Gegen die Entscheidung der Beklagten, ihm nicht die Zusatzausstattung zu gewähren, legte der Kläger mit Schreiben vom 29. November 1998 Widerspruch ein. Er wies darauf hin, er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, die serienmäßigen Säurebatterien, wie vom Hersteller gefordert, laufend zu pflegen und zu warten. Der Kläger legte eine Aufstellung über die Aufpreise für die Zusatzausstattung vor, wonach für diese weitere 1.504,85 DM entstünden. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. Februar 1999 zurück, da eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung mit dem Elektrostuhl E. in der 6 km/h-Version und mit herkömmlichen Batterien sichergestellt sei.
Hiergegen hat der Kläger am 23. Februar 1999 Klage vor dem SG Aurich erhoben. Er hat im wesentlichen vorgetragen, die Elektrolyt-Gel-Batterien hätten gegenüber den herkömmlichen Säurebatterien den Vorteil, dass sie nicht regelmäßig gewartet werden müssten und unproblematisch im Wohnbereich geladen werden könnten, da sie keine umweltschädlichen Gase abgeben würden. Er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, die serienmäßigen Säurebatterien (Nass-Batterien) - wie vom Hersteller gefordert - laufend zu pflegen und zu warten. Es stehe ihm auch kein geeigneter Raum für die Aufladung der Batterien zur Verfügung, denn beim Aufladen von Säurebatterien komme es zu einem gesundheitsschädlichen Gasaustritt, weswegen ein Aufladen im Wohnbereich nicht in Betracht komme. Andere Räumlichkeiten (zB Garage) stünden ihm aber nicht zur Verfügung.
Die Ausstattung des Elektrorollstuhles mit einer 10 km/h-Version/500 Watt gewährleiste, dass der Rollstuhl auch unter ungünstigeren Verhältnissen eine Geschwindigkeit erreiche, die der Gehgeschwindigkeit entsprächen. Demgegenüber schränke ein Motor mit einer Leistung von lediglich 300 Watt (Standardversion) den Bewegungsradius von ihm in unzumutbarer Weise ein. Viele Örtlichkeiten, deren Erreichbarkeit seinem elementaren Bedürfnis entsprächen, könnten überhaupt nicht oder nur mit unzumutbarem Zeitaufwand in einer den Motor übermäßig beanspruchenden Weise erreicht werden. So sei zu berücksichtigen, dass die einfache Entfernung vom Wohnort zum Hausarzt, zur krankengymnastischen Behandlung sowie zur Apotheke zwischen 7 und 10 km betrage. Die einfache Wegstrecke zu seiner Familie (Eltern und Geschwister) be...