Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausreisevorbereitung als unschädlicher Überbrückungstatbestand für Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit
Orientierungssatz
Zur Frage, ob die Zeit der Ausreisevorbereitungen vor einer Übersiedlung ins Bundesgebiet (hier aus Rumänien) im Rahmen der Feststellung von Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit als unschädlicher Überbrückungstatbestand angesehen werden kann.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Kontenklärungsverfahren um die Anerkennung der Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Januar 1999 als Anrechnungszeit der Arbeitslosigkeit. Es geht darum, ob eine bis zum 21. Mai 1987 ausgeübte Beschäftigung unterbrochen wurde, was wiederum von der allein im Mittelpunkt stehenden Frage abhängt, inwiefern eine Zeit der Vorbereitung einer Übersiedlung ins Bundesgebiet als unschädlicher Überbrückungs- und weiterer Verlängerungstatbestand für die Unterbrechung anzusehen ist.
Die ... 1939 geborene Klägerin ist Spätaussiedlerin aus Rumänien und anerkannte Vertriebene. Sie war von Oktober 1962 bis Mai 1987 Geigerin am Staatlichen Philharmonischen Orchester in T/Rumänien. Da sie ihre Ausreise in die Bundesrepublik betrieb und die entsprechende Genehmigung erhalten hatte, musste sie das Beschäftigungsverhältnis zum 21. Mai 1987 kündigen. Im Versicherungsverlauf sind für die Klägerin Pflichtbeitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) für die Zeit von Oktober 1962 bis zum 21. Mai 1987 gespeichert.
Am 24. Juli 1987 siedelte die Klägerin in das Bundesgebiet über. Die Bundesanstalt für Arbeit (BA), Arbeitsamt O, gewährte der Klägerin, die im September 1987 den Vertriebenenausweis "A" erhielt, für die Zeit von der Ausreise bis zum 23. Mai 1989 Arbeitslosengeld. Für den sich anschließenden Zeitraum bestätigte das Arbeitsamt O am 2. Februar 1999 Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug. Die Klägerin gab dazu an, im Hinblick auf das Einkommen ihres Ehemannes keine Arbeitslosenhilfe erhalten zu haben.
Einen am 18. November 1998 gestellten Antrag, Altersrente für Frauen nach Vollendung des 60. Lebensjahres zu zahlen, lehnte die Beklagte mit ihrem Bescheid vom 26. Februar 1999 ab. Es fehle an der versicherungsrechtlichen Voraussetzung, in den letzten 10 Jahren vor Beginn der Rente mindestens 96 Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten zu haben. In dem -- u.a. durch anrechenbare Anrechnungszeiten verlängerten -- Zeitraum vom 1. August 1984 bis zum 31. Januar 1999 seien lediglich 34 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen belegt. Der Bescheid vom 26. Februar 1999 wurde bestandskräftig.
In dem parallel und im Hinblick auf die fehlenden Anspruchsvoraussetzungen für die Altersrente für Frauen betriebenen Kontenklärungsverfahren verlangte die Klägerin von der Beklagten, den Zeitraum seit ihrer Übersiedlung ins Bundesgebiet rentenrechtlich anzuerkennen. Die Beklagte erließ den Bescheid vom 15. April 1999 und erkannte darin für die Zeit vom 24. Juli 1987 bis zum 31. Dezember 1991 eine Ersatzzeit wegen Vertreibung an. Gleichzeitig lehnte sie es ab, den nachfolgenden Zeitraum bis Januar 1999 als Anrechnungszeit der Arbeitslosigkeit in den Versicherungsverlauf aufzunehmen. Die Klägerin habe keine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit unterbrochen.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit ihren Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 1999 zurück. Sie führte ergänzend aus, eine Unterbrechung (der bis zum 21. Mai 1987 ausgeübten Beschäftigung) könne deshalb nicht angenommen werden, weil der Versicherungsverlauf für die Zeit bis zum 23. Juli 1987 eine Lücke aufweise.
Gegen die ablehnende Entscheidung der Beklagten hat die Klägerin am 2. August 1999 Klage zum Sozialgericht (SG) Oldenburg erhoben. Sie hat ergänzend zu der Lücke im Versicherungsverlauf vorgetragen, unter den Bedingungen der sozialistischen Staatsführung Rumäniens habe es längere Zeit in Anspruch genommen, die Ausreise vorzubereiten.
Das SG hat bei der Beklagten angefragt, ob die Zeit der Ausreisevorbereitungen als unschädlicher Überbrückungstatbestand angesehen werden könne. Die Beklagte hat mit ihrem Schriftsatz vom 2. November 1999 abschlägig geantwortet und ausgeführt, die Klägerin habe dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung gestanden, vielmehr sei sie offenbar damit beschäftigt gewesen, ihre Wohnung aufzulösen und die Ausreisepapiere zu beschaffen.
Das SG hat die angefochtenen Bescheide geändert und die Beklagte verurteilt, den Zeitraum vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Januar 1999 als Anrechnungszeit der Arbeitslosigkeit anzuerkennen (Urteil vom 18. Mai 2000). Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Situation der Klägerin während der Ausreisevorbereitungen habe einem Tatbestand entsprochen, für den die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) einen Überbrückungstatbestand angenommen habe. Unter Einbeziehung dieser Überbrückung -- und der unschädlichen Ersatzzeit -- schließe die Zeit der Arbeitslosigkeit ab dem 1. Januar 1992 an die letzte versicherungspflichtige ...