Entscheidungsstichwort (Thema)
Kurzarbeitergeldanspruch. gekündigtes Arbeitsverhältnis. Eigenkündigung des Arbeitnehmers
Orientierungssatz
§ 172 Abs 1 Nr 2 SGB 3 ist auch auf ein Arbeitsverhältnis anwendbar, welches der Arbeitnehmer selbst gekündigt hat.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 17. Januar 2001 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig die Gewährung von Kurzarbeitergeld (Kug) für die Monate Juni und Juli 1999 für den Arbeitnehmer Donald H, der sein Arbeitsverhältnis zum 31. August 1999 selber gekündigt hatte.
Die Klägerin ist eine Firma, die Spritzgusserzeugnisse herstellt. Sie wurde im Juni 1999 gegründet, als Nachfolgerin einer insolvent gewordenen Firma. Der Firmenbetrieb gliederte sich in vier Abteilungen mit insgesamt 32 Arbeitnehmern. Betroffen von der Kurzarbeit war die Abteilung Werkbank.
Die Klägerin zeigte im Juni 1999 Arbeitsausfall an und fügte eine entsprechende zwischen Beigeladenem und Klägerin abgeschlossene Betriebsvereinbarung vom 17. Juni 1999 bei.
Mit Anerkennungsbescheid vom 15. Juli 1999 bejahte die Beklagte die Voraussetzungen für die Gewährung von Kug nach den §§ 170, 171 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) für die Betriebsabteilung Werkbank ab 1. Juni 1999 bis 31. August 1999. (Die Kurzarbeit wurde tatsächlich ab 1. August 1999 beendet).
Für die Monate Juni und Juli 1999 erhielt die Klägerin Abschlagszahlungen auf das Kug (Juni: 2.500,00 DM, Bescheid vom 26. Juli 1999; Juli: 2.200,00 DM, Bescheid vom 13. September 1999).
Bei der Abschlussprüfung für die endgültige Bewilligung für die Monate Juni und Juli 1999 stellte die Beklagte fest, dass der Arbeitnehmer Donald H sein Arbeitsverhältnis am 11. Juni 1999 zum 31. August 1999 gekündigt hatte. Für diesen Arbeitnehmer wollte die Beklagte kein Kug zahlen. Mit Bescheid vom 12. November 1999 wurde das Kug endgültig für die Monate Juni und Juli 1999 bewilligt. Die Beklagte errechnete ein Kug von 4.869,84 DM. Abzüglich der Abschlagszahlungen von 4.700,00 DM komme noch ein Betrag von 169,84 DM zur Auszahlung. Für den Arbeitnehmer Donald H sei Kug nicht zu zahlen, weil er sein Arbeitsverhältnis am 11. Juni 1999 zum 31. August 1999 gekündigt habe und sämtliche Ausfalltage nach Zugang der Kündigung angefallen seien (Ausfallbetrag: 862,60 DM).
Die Klägerin legte Widerspruch mit der Begründung ein, dass zwar nach Sinn und Zweck der Kug-Regelungen bei Vorliegen einer Kündigung oder eines Aufhebungsvertrages die mit dem Kug verfolgte arbeitsmarktpolitische Zielsetzung der Erhaltung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr realisierbar sei. Dieser Grundsatz dürfe nicht zur Anwendung kommen, falls Arbeitsverhältnisse ohne Einflussnahme des Arbeitgebers -- wie vorliegend -- durch Eigenkündigung von Arbeitnehmern beendet würden. Eine andere Auslegung würde dazu führen, dass letztlich der durch Eigenkündigung ausscheidende Arbeitnehmer über die Erfüllung der Voraussetzung eines erheblichen Arbeitsausfalles iS von § 170 SGB III bestimme. In Grenzfällen sei denkbar, dass bei Berücksichtigung von Eigenkündigungen die in § 170 Abs 1 Nr 4 SGB III enthaltene Drittelregelung mit der Folge des Wegfalls des Anspruchs auf Kug unterschritten werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 2000 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Nach den gesetzlichen Voraussetzungen dürfe zur Gewährung des Kug das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt sein. Diese Voraussetzung könne hier nicht bejaht werden, da der Arbeitnehmer Donald H sein Arbeitsverhältnis selber gekündigt habe.
Die Klägerin hat am 31. Mai 2000 Klage beim Sozialgericht (SG) Hildesheim erhoben und nochmals vertiefend vorgetragen, dass eine Kündigung durch den Arbeitnehmer von der gesetzlichen Regelung nicht erfasst werde.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 17. Januar 2001 stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung weiteren Kug in Höhe von 862,60 DM für den Arbeitnehmer Donald H verurteilt. Zwar sehe § 172 Abs 1 Nr 2 SGB III vor, dass der Zahlung von Kug ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis zugrunde liege. Diese Vorschrift greife allerdings nicht ein, wenn der Arbeitnehmer selber kündige.
Das SG hat die Berufung nicht zugelassen. Den Nichtzulassungsbeschwerden der Beklagten und der Klägerin hat das SG abgeholfen (Beschluss vom 8. Mai 2001). Das Beschwerdeverfahren wird daher als Berufungsverfahren fortgesetzt.
Die Beklagte als Berufungsführerin trägt vor, durch § 172 Abs 1 Nr 2 SGB III werde ausdrücklich klargestellt, dass die persönlichen Voraussetzungen für die Zahlung von Kug nur erfüllt seien, wenn das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt sei. Anhaltspunkte für eine vom Gesetzgeber gewollte Ausnahme bei einer Kündigung durch den Arbeitnehmer seien nicht ersichtlich. Die Zweckbestimmung des Kug, Arbeitnehmern die Arbeitsplätze und den Betrieben die eingearbeiteten Arbeitn...