Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Nachweis der Hilfebedürftigkeit als Leistungsvoraussetzung. hinreichende Erfolgsaussicht als Voraussetzung der Prozesskostenhilfegewährung bei notwendiger Sachverhaltsermittlung zur Hilfebedürftigkeit durch das Sozialgericht
Orientierungssatz
1. Eine hinreichende Erfolgsaussicht als Voraussetzung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren ist schon dann gegeben, wenn im Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Antrags vom Sozialgericht noch Ermittlungen zur Sachverhaltsaufklärung durchzuführen sind (hier: Ermittlungen zur Hilfebedürftigkeit im Rahmen eines Rechtsstreits über Leistungen nach dem SGB 2), um daran anschließend die streiterheblichen Fragen einer Klärung zuführen zu können.
2. Eine Klagepartei, die der deutschen Sprache nicht mächtig ist, kann zur Glaubhaftmachung ihrer Darlegungen nicht verpflichtet werden, eine Versicherung an Eides statt in deutscher Sprache vorzulegen. Die entsprechende Verpflichtung kann nur auf die Vorlage einer solchen Versicherung in ihrer Muttersprache lauten.
3. Einzelfall zur Prüfung der Hilfebedürftigkeit als Voraussetzung eines Anspruchs auf Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende (hier: wegen fehlender Mitwirkung bei der Ermittlung des tatsächlichen Einkommens verneint).
Tenor
Auf die Beschwerden der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 02.10.2014 geändert. Den Antragstellern wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt I, F, beigeordnet. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Außergerichtlichen Kosten sind nicht zu erstatten.
Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung der einstweiligen Anordnung Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt I, F, beigeordnet.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II sowie Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Verfahrens.
Die Bedarfsgemeinschaft der Antragsteller besteht aus der 1976 geborenen Antragstellerin zu 1) und dem 1977 geborenen Antragsteller zu 2) sowie deren 1996, 1998 und 2001 geborenen Kindern (Antragsteller 3) bis 5)). Sie sind bulgarische Staatsangehörige und leben seit über drei Jahren in Deutschland. Zumindest die Antragstellerin zu 1) hat eine Meldeadresse (Wohnsitz der Mutter des Antragstellers zu 2)) in Bulgarien beibehalten. Die Antragstellerin zu 1) betreibt ein angemeldetes Gewerbe als Schrotthändlerin (Gewerbe-Anmeldebescheinigung vom 21.08.2012). Sie erzielt Einkommen aus dieser Tätigkeit, welches sie mit ca. 100 EUR monatlich beziffert. Der betriebswirtschaftlichen Auswertung eines Steuerberaters ist für den Zeitraum Januar 2014 bis August 2014 zu entnehmen, dass ein Betriebsgewinn von 1283,03 EUR erzielt worden ist. In den Auswertungen sind gewinnmindernd Fahrzeugkosten von ca. 150 EUR monatlich enthalten. Die Antragstellerin zu 1) nahm bis zum 21.06.2014 Leistungen der Krankenversicherung unter Vorlage ihrer bulgarischen Krankenversichertenkarte in Anspruch. Bei Kinderärzten sind zweistellige Beträge in bar entrichtet worden.
Die Antragsteller wohnen laut Meldebescheinigung seit dem 01.04.2012 in der X-straße 00 in H; zuvor lebten sie in der Q-straße 00 in H. Laut Mietvertrag begann das Mietverhältnis am 01.11.2011. Die Zahlung des Mietzinses iHv. 400 EUR inklusive Nebenkosten ist nach § 3 des Mietvertrages auf das Konto des Vermieters zu entrichten. Aus Quittungen vom 01.09.2014, 01.10.2014, 01.11.2014 sowie 01.12.2014 ergeben sich Barzahlungen an den Vermieter iHv. 400 EUR monatlich. Aus Schrotteinlieferungsbelegen ergeben sich Barerlöse von 46 EUR am 16.01.2015, von 40,80 EUR am 27.02.2015, von 29,80 EUR am 02.03.2015 und von 54,45 EUR am 11.03.2015.
Für die Antragsteller zu 3 bis 5) werden monatlich 558,- EUR von der Familienkasse gezahlt. Ausweislich der Kontoauszüge erfolgten unregelmäßig Bareinzahlungen zwischen 3,- und 100,- EUR. Der Antragsteller zu 2) hat über Western Union am 28.01.2015 Bargeld iHv. 1.050,- EUR von einem Verwandten aus Bulgarien und am 02.02.2015 330,- EUR von einem Verwandten aus Italien empfangen. Auf dem angegebenen Giro-Konto der Antragstellerin zu 1) befanden sich mit Wertstellung zum 16.03.2014 noch 90,78 EUR. Die Zahlungen der Familienkasse erfolgen jeweils am 20. eines Monats und sind demzufolge bei obigem Kontostand noch nicht berücksichtigt.
Im Rahmen einer Folgenabwägung wurden den Antragstellern vom Sozialgericht Gelsenkirchen für den Zeitraum vom 24.02.2014 bis 20.08.2014 Regelleistungen zugesprochen (S 33 AS 507/14 ER).
Der Weiterbewilligungsantrag vom 12.08.2014 wurde mit Bescheid vom 21.08.2014 abgelehnt. Hiergegen richtet sich der Widerspruch vom 27.08.2014. Mit gleichem Datum beantragten die Antragsteller beim Sozialgericht Gelsenkirchen die vorläufige Gewährung von Regelleistungen im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschut...