Entscheidungsstichwort (Thema)
Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses für einstweiligen Rechtsschutz bei Erledigung des Verwaltungsaktes durch Zeitablauf
Orientierungssatz
Das Eilverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat die Aufgabe, eine gegenwärtige Notlage vorläufig zu beheben. Dies gebietet der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG. Hat sich ein ergangener Eingliederungsbescheid durch Zeitablauf erledigt, so ist das für die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz erforderliche Rechtsschutzbedürfnis weggefallen. Hat sich ein Verwaltungsakt erledigt, so gibt es im einstweiligen Rechtsschutz keinen Fortsetzungsfeststellungsantrag analog § 131 Abs. 1 S. 3 SGG. Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes ist es nicht, Rechtsfragen zu beantworten, die mit einer gegenwärtigen Notlage nichts zu tun haben.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Ablehnung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 18.03.2015 wird als unzulässig verworfen. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 18.03.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen einen Eingliederungsbescheid.
Der Antragsgegner ersetzte am 04.11.2014 eine Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt (Eingliederungsbescheid). Der Antragsteller wurde hierin mit Geltungsdauer vom 04.11.2014 bis zum 04.05.2015 verpflichtet, mindestens acht Bewerbungsbemühungen alle zwei Monate nachzuweisen sowie sich spätestens am dritten Tag nach Erhalt eines Vermittlungsvorschlags zu bewerben und dies nachzuweisen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 10.02.2015 zurück. Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Antragsteller Klage beim Sozialgericht Köln erhoben (S 15 AS 842/15), über die noch nicht entschieden ist.
Zeitgleich hat er bei dem Sozialgericht einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Der Eingliederungsbescheid verstoße gegen das Grundgesetz.
Mit Beschluss vom 18.03.2015 hat das Sozialgericht Köln den Antrag abgelehnt. Der Antrag sei als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage auszulegen. Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Eingliederungsbescheides bestünden nicht. Im Übrigen habe der Antragsteller kein gewichtiges Interesse geltend gemacht, das gegen den Vollzug des Eingliederungsbescheides spreche.
Gegen den am 20.03.2015 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 25.03.2015 Beschwerde eingelegt. Der Erlass eines Eingliederungsbescheides sei verfassungswidrig, weil er in seinen Grundrechten durch angeordnete Zwangshandlungen verletzt werde. Auch die einzelnen Verpflichtungen seien rechtswidrig, vor allem seien die Fristen nicht einzuhalten.
II.
Die Beschwerde ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Ablehnung einer einstweiligen Anordnung richtet. Das Rechtsschutzbedürfnis ist weggefallen, nachdem sich der Eingliederungsbescheid durch Zeitablauf am 04.05.2015 erledigt hat (§ 39 Abs. 2 SGB X). Ein Eilverfahren hat die Aufgabe, eine gegenwärtige Notlage vorläufig zu beheben, weil dies der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) gebietet. Dagegen ist es grundsätzlich nicht Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes, Rechtsfragen zu beantworten, die mit einer gegenwärtigen Notlage nichts zu tun haben. Aus diesem Grund gibt es im einstweiligen Rechtsschutz keinen Fortsetzungsfeststellungsantrag analog § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG, wenn sich ein Verwaltungsakt erledigt hat. Soweit sich aus dem Eingliederungsbescheid eine Sanktion ergibt, kann diese selbst Gegenstand eines Eilverfahrens sein (wie hier Bayerisches LSG, Beschluss vom 14.11.2011 - L 7 AS 693/11 B ER).
Soweit die Beschwerde sich gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe richtet, ist sie zulässig. Sie ist nicht gem. § 172 Abs. 3 Nr. 2b) SGG ausgeschlossen, weil in der Hauptsache die Berufung nicht der Zulassung bedürfte. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ist eine Berufung bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 750,00 EUR übersteigt. Der Beschwerdewert bestimmt sich danach, was das Sozialgericht einem Rechtmittelführer versagt hat und was von diesem mit seinen Berufungsanträgen weiterverfolgt wird.
Der Eingliederungsbescheid ist auf eine Geldleistung gerichtet. Der Wortlaut der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG enthält zwei Alternativen. Die Vorschrift betrifft einerseits Klagen, die unmittelbar eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung betreffen (z.B. die Anfechtung von Ablehnungsbescheiden über Ansprüche auf Arbeitslosengeld II oder Klagen auf höhere Leistungen) und andererseits Klagen, die einen auf eine Geld-, Diens...