Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit einer Beschwerde gegen den auf eine Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten im PKH-Verfahren ergangenen Beschluss
Orientierungssatz
Die bisher von der überwiegenden Zahl der Senate des LSG Essen auf § 73a SGG iVm § 56 Abs 2, § 33 Abs 3 RVG gestützte Rechtsauffassung (vgl LSG Essen vom 17.11.2010 - L 19 B 334/09 AS; vom 11.12.2009 - L 19 B 281/09 AS; vom 13.7.2009 - L 7 B 2/09 SB; vom 13.11.2008 - L 20 B 59/08 SO; vom 29.1.2008 - L 1 B 35/07 AS = ASR 2008, 164) nach der Beschlüsse, die auf Erinnerungen gegen Kostenfestsetzungen der Urkundsbeamten im PKH-Verfahren ergangen sind, unter bestimmten Voraussetzungen innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung mit der Beschwerde angefochten werden können (ebenso ua LSG München vom 18.1.2010 - L 13 SF 288/09 E = ASR 2010, 270; LSG Neubrandenburg vom 17.7.2008 - L 6 B 93/07; LSG Erfurt vom 18.2.2008 - L 6 B 3/08 SF; LSG Chemnitz vom 21.6.2005 - L 6 B 73/04 RJ/KO = NZS 2006, 612; LSG Saarbrücken vom 29.1.2009 - L 1 B 16/08 R = AGS 2009, 195), ist mit der gesetzgeberischen Konzeption des Rechtsmittelsystems des SGG nicht in Einklang zu bringen und führt zu schwerwiegenden Wertungswidersprüchen und verhindert eine einheitliche Ausgestaltung des Kostenfestsetzungsverfahrens.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 05.07.2010 wird als unzulässig verworfen.
Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist die festzusetzende Anwaltsvergütung im Rahmen einer Prozesskostenhilfe (PKH)-Bewilligung.
In der Hauptsache war streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Pflegegeld aus der gesetzlichen Pflegeversicherung hat. Im Laufe des seit dem 14.04.2008 vor dem Sozialgericht Dortmund (SG) geführten Klageverfahrens bewilligte das SG der Klägerin mit Beschluss vom 15.07.2008 PKH unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. L.
Auf die gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 28.10.2009 eingelegte Erinnerung hat das SG mit Beschluss vom 05.07.2010 die der Klägerin im Wege der Prozesskostenhilfe zu erstattenden Kosten auf 785,00 Euro festgesetzt.
Gegen den Beschluss hat der Beschwerdeführer, der an dem erstinstanzlichen Erinnerungsverfahren nicht beteiligt war, am 02.09.2010 Beschwerde eingelegt, mit dem Antrag, den Beschluss vom 05.07.2010 abzuändern und die PKH-Vergütung auf 547,40 Euro festzusetzen.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
1. Die Beschwerde ist unzulässig.
Nach § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist gegen Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte das Rechtsmittel der Beschwerde zum Landessozialgericht gegeben, soweit im SGG nichts anderes bestimmt ist. Eine solche andere Bestimmung trifft § 178 SGG.
Gemäß § 178 SGG entscheidet das gegen Entscheidungen des ersuchten oder beauftragten Richters oder des Urkundsbeamten binnen einen Monats nach Bekanntgabe angerufene (sog. Erinnerung) Sozialgericht endgültig. Nach seinem eindeutigen Wortlaut erfasst § 178 SGG auch Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Sozialgerichts und damit auch Festsetzungen von PKH-Vergütungen gegen die Landeskasse.
Weder aus dem SGG - hierzu unter a) - noch aufgrund einer anderweitigen gesetzlichen Regelung, insbesondere des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) - hierzu unter b) -, ergibt sich die Zulässigkeit einer Beschwerde gegen auf eine Erinnerung ergangene Beschlüsse.
Die bisher von der überwiegenden Zahl der Senate des LSG NRW (Beschluss vom 17.11.2010, L 19 B 334/09 AS; Beschluss vom 11.12.2009 - L 19 B 281/09 AS - m.w.N.; Beschluss vom 13.07.2009, L 7 B 2/09 SB; Beschluss vom 13.11.2008, L 20 B 59/08 SO; Beschluss vom 29.01.2008, L 1 B 35/07 AS) auf § 73a SGG i.V.m. §§ 56 Abs 2, 33 Abs 3 RVG gestützte Rechtsauffassung, nach der Beschlüsse, die auf Erinnerungen gegen Kostenfestsetzungen der Urkundsbeamten im PKH-Verfahren ergangen sind, unter bestimmten Voraussetzungen innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung mit der Beschwerde angefochten werden können (ebenso u.a. LSG Bayern, Beschluss vom 18.01.2010, L 13 SF 288/09 E ; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17.07. 2008, L 6 B 93/07 -, LSG Thüringen, Beschluss vom 18.02.2008, L 6 B 3/08 SF; LSG Sachsen, Beschluss vom 21.06.2005 - L 6 B 73/04 RJ/KO; LSG Saarland, Beschluss vom 29.01.2009, L 1 B 16/08 R ), ist mit der gesetzgeberischen Konzeption des Rechtsmittelsystems des SGG nicht in Einklang zu bringen, führt zu schwerwiegenden Wertungswidersprüchen (dazu unter c)) und verhindert eine einheitliche Ausgestaltung des Kostenfestsetzungsverfahrens (dazu unter d)).
a) Das SGG bildet als Grundlage des sozialgerichtlichen Verfahrens eine eigenständige, in sich geschlossene Verfahrensordnung, die eine entsprechende Anwendung anderer Verfahrensregelungen nur erlaubt, wenn diese ausdrücklich für entsprechend anw...