Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwertbarkeit eines Grundstücks bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe

 

Orientierungssatz

1. Ein Grundstück ist regelmäßig zur Prozessfinanzierung einzusetzen, weil es durch § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB 12 nicht geschützt ist. Eine Unverwertbarkeit ist nur dann anzunehmen, wenn eine Verwertungsmöglichkeit nicht absehbar ist. Wird im Hauptverfahren um die Frage der Verwertbarkeit gestritten, so ist für das PKH-Verfahren von der Unverwertbarkeit auszugehen, mit der Folge, dass bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen PKH zu gewähren ist.

2. Die materiell-rechtliche Prüfung im PKH-Verfahren darf regelmäßig nicht einen Umfang erreichen, der demjenigen in dem Verfahren entspricht, für das PKH begehrt wird.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichtes Dortmund vom 19.09.2008 geändert. Dem Kläger wird für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt I aus E beigeordnet.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Klägers ist begründet.

Nach § 73a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit den §§ 114,115 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die Annahme einer hinreichenden Erfolgsaussicht genügt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit. Danach ist ein hinreichende Erfolgsaussicht gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und/oder in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweiserhebung überzeugt ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 73a Rn. 7, 7a).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben bietet die Klage, mit der der Kläger die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II begehrt, hinreichende Aussicht auf Erfolg. Unter Berücksichtigung des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 06.12.2007 (B 14/7b AS 46/06 R), wonach eine generelle Unverwertbarkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II vorliegt, wenn eine Verwertung bzw. Verwertungsmöglichkeit nicht absehbar ist, hält der Senat weitere Ermittlungen bezüglich des Wertes des unbebauten Grundstücks (Flurstück 000) und insbesondere hinsichtlich einer etwaigen Unverwertbarkeit der Immobilie für geboten. Bislang liegt lediglich ein Vermerk über ein von dem Beklagten am 13.09.2007 mit dem Gutachterausschuss geführtes Telefongespräch über den Bodenrichtwert vor, worauf der Kläger im Schriftsatz vom 04.11.2008 zu Recht hingewiesen hat. Des Weiteren wird im Klageverfahren abzuklären sein, ob der Kläger (hilfsweise) auch Leistungen als Darlehn begehrt. Dass Leistungen in Form eines Darlehns gemäß §§ 9 Abs. 4, 23 Abs. 5 SGB II in Betracht kommen, hatte bereits das SG im Beschluss vom 19.09.2008 ausgeführt.

Der Kläger ist nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gemäß § 73a SGG in Verbindung mit § 115 ZPO außerstande, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Die Prozesskostenhilfe ist ratenfrei zu bewilligen. Der Beurteilung des Senats steht nicht entgegen, dass Grundstücke (unbebaute) regelmäßig zur Prozessfinanzierung einzusetzen sind, da sie durch § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII nicht geschützt sind (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Auflage 2005, Seite 134 Rn. 325). Vorliegend ist gerade die Verwertbarkeit des Grundstücks streitig. Wird in der Hauptsache um die Frage der Verwertbarkeit eines Vermögensgegenstandes gestritten, ist für das PKH-Verfahren von der Unverwertbarkeit dieses Gegenstandes auszugehen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 73a Rn. 6d). Die Frage der Verwertbarkeit des Grundstücks darf im PKH-Verfahren nicht vorweg genommen werden, weil dieses Verfahren den grundrechtlich gebotenen Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern erst zugänglich machen soll. Aus diesem Grunde darf die materiell-rechtliche Prüfung im PKH-Verfahren regelmäßig nicht einen Umfang erreichen, der demjenigen in dem Verfahren entspricht, für das Prozesskostenhilfe begehrt wird (vgl. Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 18.07.2007, L 7 B 40/07 SO).

Außergerichtliche Kosten sind im Prozesskostenhilfe-Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2126522

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