Entscheidungsstichwort (Thema)
Sanktionsweise Absenkung von Leistungen der Grundsicherung wegen Pflichtverletzung
Orientierungssatz
1. Die sanktionsweise Absenkung von Leistungen der Grundsicherung nach §§ 31, 31 a SGB 2 wegen Verweigerung der Aufnahme einer Arbeitsgelegenheit ohne wichtigen Grund stellt die Aufhebung des ursprünglichen Bewilligungsbescheides nach § 48 SGB 10 dar.
2. Eine Verweigerung der Ausführung einer zumutbaren Maßnahme kann konkludent erfolgen. Die Sanktion setzt eine hinreichende Rechtsfolgenbelehrung voraus. Sie muss im Einzelfall konkret, richtig und vollständig sein und zeitnah im Zusammenhang mit dem geforderten Verhalten erfolgt sein sowie dem Leistungsberechtigten in verständlicher Form erläutern, welche konkreten Auswirkungen sich aus der Weigerung des geforderten Verhaltens für ihn ergeben, wenn für diese kein wichtiger Grund vorliegt; vgl. BSG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - B 14 AS 92/09 R und vom 09. November 2010 - B 4 AS 27/10 R.
3. Die Feststellung der Minderung des Auszahlungsanspruchs kann nach § 31 b Abs. 1 S. 5 SGB 2 nur innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung erfolgen.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 08.08.2012 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegenstand der Beschwerde ist die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren, mit dem sich der Kläger gegen eine sanktionsweise Absenkung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für 03-05/2011 wendet.
Der am 00.00.1986 geborene Kläger lebte bis September 2011 bei seiner Mutter, mit der er - mit Unterbrechungen - ab 2006 Leistungen nach dem SGB II bezog. Mit Bescheiden vom 18.02.2009 und 31.07.2009 wurden seine Leistungen sanktionsweise abgesenkt und auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt. Hinsichtlich der Sanktion vom 31.07.2009 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag, den der Beklagte mit Bescheid vom 10.01.2011 ablehnte (Widerspruch vom 13.01.2011, Widerspruchsbescheid vom 05.04.2011, Klage anhängig unter S 5 AS 1524/11 SG Dortmund). Mit Bescheid vom 15.04.2010 wurden die Leistungen des Klägers sanktionsweise auf Null abgesenkt (Widerspruch vom 20.04.2010, Widerspruchsbescheid vom 28.05.2010, Klage anhängig unter S 5 AS 2473/10 SG Dortmund, erfolgloses Eil- und Beschwerdeverfahren S 10 AS 1904/10 ER SG Dortmund = L 6 AS 999/10 B ER LSG NRW). Während der Absenkungsdauer erhielt der Kläger vom Beklagten Lebensmittelgutscheine.
Mit Bescheid vom 28.09.2010 gewährte der Beklagte dem Kläger und seiner Mutter Leistungen nach dem SGB II für 11/2010 bis 04/2011.
Im Oktober 2010 fanden Gespräche über eine Teilnahme des Klägers an der Maßnahme Jugend in Arbeit Plus statt. Der daran beteiligte Ausbildungsbetrieb stellte eine Einstellung in Aussicht. Dem Kläger fehle aber noch Routine und Berufserfahrung. In Abstimmung mit der Maßnahmebetreuerin wurde zunächst eine Arbeitsgelegenheit vorgeschlagen, aus der heraus Praktika möglich seien. Am 19.11.2010 schlug der Beklagte dem Kläger eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung beim Caritasverband J ab dem 29.11.2010 vor. In der beigefügten Rechtsfolgenbelehrung wurde u.a. darauf hingewiesen, dass nach sanktionsweiser Leistungsabsenkung mit Bescheid vom 15.04.2010 bei Verweigerung der Aufnahme der Arbeitsgelegenheit ohne wichtigen Grund das Arbeitslosengeld II ganz entfalle. Am 09.12.2010 erklärte der Kläger nach Angaben des Maßnahmeträgers, er wolle keine Arbeitsgelegenheit aufnehmen und lehne alle Vorschläge ab. Am 15.,16. und 17.02.2011 fanden persönliche und telefonische Gespräche zwischen dem Kläger und Mitarbeitern des Beklagten statt, bei denen ausweislich der entsprechenden Vermerke über die Verhängung einer Sanktion und die Möglichkeit einer Verkürzung der Sanktion im Fall der Durchführung eines Praktikums gesprochen wurde, das dem Kläger in Aussicht gestellt wurde. Am 21.02.2011 begann der Kläger ein Praktikum in einem Malerbetrieb.
Mit Bescheid vom 21.02.2011 beschränkte der Beklagte die Leistungen des Klägers für 03-05/2011 auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung. Der Kläger habe sich geweigert, am "15.02.2011" eine Arbeitsgelegenheit beim Caritasverband J aufzunehmen. Wegen der Praktikumsaufnahme würden nicht auch noch die Leistungen für Unterkunft und Heizung gestrichen. Soweit der Kläger sich an die getroffenen Absprachen halte, könne die Sanktion auf sechs Wochen verkürzt werden. Auf Antrag könnten Sachleistungen gewährt werden.
Der Kläger nahm am 01.03. und 21.03.2011 Sachleistungen in Anspruch, legte am 04.03.2011 Widerspruch ein und stellte einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, den das Sozialgericht mit Beschluss vom 11.04.2011 ablehnte (S 10 AS 972/11 ER SG Dortmund). Der Kläger begründete den Widerspruch damit, dass er sich nicht geweigert habe, am 15.02.2011 eine Arbeitsgelegenheit aufzunehmen. Außerdem sei er nicht hinreichend über die Rechtsfolgen belehrt worden.
Am 22.03.2011 ...